From the Worldwide Faith News archives www.wfn.org


FEATURE: 'Es hat meinen eigenen Glauben vertieft'


From "Frank Imhoff" <Frank.Imhoff@elca.org>
Date Tue, 01 Nov 2005 10:29:53 -0600

FEATURE: 'Es hat meinen eigenen Glauben vertieft'
LWB-Ratsmitglieder besuchen Oekumenisches Begleitprogramm in Palaestina
und Israel

Westjordanland/Genf, 1. November 2005 (LWI) - "Es war ein ganz
besonderer Augenblick, in ein Konfliktgebiet zu fahren, die Menschen,
die dort leben, kennen zu lernen und ihre Lebensweise zu verstehen. Es
hat meinen eigenen Glauben vertieft", beschreibt Pfr. Dr. David Pfrimmer
aus Kanada zusammenfassend seinen Besuch in Jayyous, einem kleinem
palaestinensischen Dorf in der Naehe von Tulkarem im Westjordanland.

Pfrimmer und andere VertreterInnen der Mitgliedskirchen des
Lutherischen Weltbundes (LWB), die an der diesjaehrigen LWB-Ratstagung
vom 31. August bis 6. September in Jerusalem/Bethlehem teilnahmen,
hatten drei Tage lang die Moeglichkeit, das Oekumenische Begleitprogramm
in Palaestina und Israel (EAPPI) kennen zu lernen. Das LWB-Buero fuer
Internationale Angelegenheiten und Menschenrechte hatte diesen Besuch im
Vorfeld der Ratstagung organisiert, um interessierten Ratsmitgliedern zu
ermoeglichen, mehr ueber den Konflikt zwischen Israel und Palaestina und
die Lebensbedingungen des palaestinensischen Volks zu erfahren.

EAPPI ist eine Initiative des Oekumenischen Rates der Kirchen (OeRK)
und startete 2002. Internationale EAPPI-TeilnehmerInnen mit sehr
unterschiedlichem oekumenischen Hintergrund leben und arbeiten zur Zeit
in sechs Orten im Westjordanland (Bethlehem, Hebron, Jayyous, Ramallah,
Tulkarem, Yanoun) sowie in Ost- und West-Jerusalem. Gemeinsam mit
lokalen christlichen und muslimischen FriedensaktivistInnen, sowohl von
israelischer als auch palaestinensischer Seite, unterstuetzt EAPPI
Aktionen gewaltlosen Widerstands. Die internationalen TeilnehmerInnen,
sogenannte Oekumenische BegleiterInnen, gewaehren der palaestinensischen
Bevoelkerung allein durch ihre Anwesenheit Schutz.

Eine komplexe Struktur schraenkt die Bewegungsfreiheit ein

Von besonderem Interesse war die israelische Trennmauer, die
palaestinensische SelbstmordattentaeterInnen daran hindern soll,
israelisches Gebiet zu betreten. Der Bau begann im Juni 2002. Laut der
lokalen Organisation "Vermonters for a Just Peace in Palestine/Israel"
(VTJP), die sich durch Ausbildung, Anwaltschaftsarbeit und Aktionen fuer
Gleichberechtigung und Sicherheit fuer die palaestinensische und
israelische Bevoelkerung einsetzt, wird die Mauer mindestens 650
Kilometer durch palaestinensisches Gebiet im Westjordanland verlaufen.

Die Mauer, deren maximale Hoehe zur Zeit acht Meter, in kuerzeren
Abschnitten sechs Meter betraegt, ist eine Kombination aus hohen
Betonbloecken in Gebieten, die als besonders gefaehrdet gelten, und
kuerzeren, nur eingezaeunten Abschnitten. VTJP weist darauf hin, dass
zusaetzlich zur Betonmauer und den Zaeunen in einigen Abschnitten
elektrische Zaeune benutzt, Strassen fuer Patrouillenwagen gebaut,
elektronische Sensoren an den Zaeunen angebracht, sowie Infrarot- und
Videokameras aufgestellt wurden.

Die Aufgaben der Oekumenischen BegleiterInnen umfassen das Beobachten
und die Information ueber Verstoesse gegen die Menschenrechte und das
humanitaere Voelkerrecht, die Information ueber Hauszerstoerungen,
Arbeit mit Fluechtlingen und die Begleitung von Kindern auf dem Schulweg
sowie von PalaestinenserInnen auf dem Weg zu Checkpoints.

Vertrauen in internationale BegleiterInnen

"Es war sehr eindruecklich zu sehen, wieviel Vertrauen die Menschen in
die internationale Praesenz zu ihrer eigenen Sicherheit haben. Es ist
auch das einzige Mittel, die Besetzer und Besetzerinnen zur Rechenschaft
zu ziehen", berichtet LWB-Ratsmitglied Pfr. Chandran Paul Martin aus
Indien, der, genau wie Pfrimmer, drei Tage das EAPPI-Programm
begleitete. Martin besuchte Yanoun. Dieses kleine palaestinensische Dorf
ist von Bergen umgeben, auf denen israelische SiedlerInnen Gebaeude und
Ueberwachungskameras aufgestellt haben. Die SiedlerInnen kamen oft
hinunter ins Dorf, um die palaestinensische Bevoelkerung
einzuschuechtern und zu bedrohen. 2004 begann EAPPI seine permanente
Praesenz in Yanoun. Seitdem gab es keine groesseren Uebergriffe mehr.

LWB-Jugendratsmitglieder und Stewards, die sich zu einem separaten
vorbereitenden Workshop in Jerusalem trafen, hatten die Moeglichkeit,
EAPPI-Programme fuer nur einen Tag zu besuchen, und fuhren nach Jayyous,
Yanoun, Hebron und Bethlehem.

Die 29-jaehrige Milita Poskiene aus Litauen war besonders ergriffen von
einer Geschichte ueber israelische Kinder, die aus den Siedlungen nach
Yanoun kamen und Maschinengewehre trugen. "Uns wurde erzaehlt, dass
einige von ihnen nur etwa zehn Jahre alt waren und nicht viel groesser
als ihre Gewehre. Sie bedrohten die palaestinensischen Bauern und
Baeuerinnen. Da sie minderjaehrig waren, konnten sie nicht fuer ihre Tat
bestraft werden. Dieser Hang zur Gewalt ist beaengstigend", so Poskiene.

Aufgerufen, die Erfahrungen anderen weiterzuerzaehlen

Der 19-jaehrige Gudmundur Bjoern Thorbjoernsson aus Island nahm an der
LWB-Ratstagung als Steward teil. Er fuhr mit EAPPI nach Hebron, wo
ungefaehr 450 juedische FundamentalistInnen unter einer
palaestinensischen Bevoelkerungsmehrheit siedeln. Sie besetzen die
hoeheren Stockwerke von Haeusern im Zentrum der Stadt. Weil die
SiedlerInnen oft Steine und Muell auf die unten auf der Strasse
vorbeigehenden PalaestinenserInnen warfen, war es notwendig, Metallnetze
ueber die Strasse zu spannen. Nach seinem Besuch fuehlt sich
Thorbjoernsson aufgerufen, "anderen weiterzuerzaehlen", was er erfahren
hat.

David Pfrimmer, Mitglied im LWB-Programmkomitee fuer Internationale
Angelegenheiten und Menschenrechte, war schockiert angesichts der
Unterdrueckung, die die palaestinensische Bevoelkerung in Jayyous
ertragen muss. Auf einer Seite ist das Dorf von einem Zaun eingegrenzt
und die Bauern/Baeuerinnen haben grosse Schwierigkeiten, ihr Stueck
Land, das sie bearbeiten, zu erreichen, da es auf der anderen Seite
liegt.

Chandran Paul Martin vergleicht die Situation der PalaestinenserInnen
mit den Bedingungen, unter denen die Dalit in Indien leben muessen.
"Unterdrueckung, Ausgrenzung und Diskriminierung herrschen hier genauso
wie in Indien", betonte er. Durch EAPPI inspiriert, plant Martin,
Geschaeftsfuehrer der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Indien (VELKI), nun ein aehnliches Programm fuer Indien: "Ich wuerde
gern EAPPI in Indien im Dalit-Kontext nachbilden, weil sich die
*TaeterInnen' ohne internationale Praesenz unbeobachtet fuehlen." (819
Woerter)

(Ein Beitrag von Julia Heyde, Jugendpraktikantin im LWB-Buero fuer
Kommunikationsdienste.)

Dieser Beitrag gehoert zu einer Feature-Serie der Lutherischen
Welt-Information (LWI) zum Thema der Zehnten LWB-Vollversammlung 2003
"Zur Heilung der Welt". Die Serie beleuchtet die Relevanz des
Vollversammlungsthemas in den verschiedenen regionalen und lokalen
Kontexten der weltweiten lutherischen Gemeinschaft und stellt Projekte
der Versoehnung und Heilung vor angesichts weltweiter Bedrohung. Auch
nach Abschluss der Zehnten Vollversammlung, die vom 21. bis 31. Juli
2003 in Winnipeg (Manitoba/Kanada) stattfand, bildet das
Vollversammlungsthema einen der Schwerpunkte der Arbeit des LWB.

* * *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund 66 Millionen ChristInnen in
78 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere
Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden.

* * *

LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html

LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
Tel.: +41-22-791-6352
Fax: +41-22-791-6630
E-Mail: dmg@lutheranworld.org


Browse month . . . Browse month (sort by Source) . . . Advanced Search & Browse . . . WFN Home