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LWB-Praesident Hanson verurteilt Aeusserungen des iranischen


From "Frank Imhoff" <Frank.Imhoff@elca.org>
Date Fri, 23 Dec 2005 08:19:40 -0600

LWB-Praesident Hanson verurteilt Aeusserungen des iranischen
Praesidenten
LutheranerInnen sind zu offener und ehrlicher Beziehung zu Juedinnen und
Juden verpflichtet

Chicago (USA)/Genf, 22. Dezember 2005 (LWI) - Der Praesident des
Lutherischen Weltbundes (LWB), Bischof Mark S. Hanson, hat die juengsten
Aeusserungen des iranischen Praesidenten Mahmud Ahmadinedschad
verurteilt, der den Holocaust als ein "Maerchen" bezeichnet und
vorgeschlagen hatte, Israel "von der Landkarte zu tilgen".

In einer Erklaerung bekraeftigte Hanson, Leitender Bischof der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika, am 19. Dezember die
historischen Fakten des Holocaust und deren Bestand vor juristischer und
wissenschaftlicher Pruefung. "Wir wissen um die entsetzliche Wahrheit
der Schoah und beklagen sie. Kein vernunftgeleiteter Mensch kann
schweigend zusehen, wenn ein Staatsoberhaupt - welchen Staates auch
immer - solche empoerenden und untragbaren Behauptungen aufstellt", so
Hanson.

Der LWB-Praesident stellt fest, Ahmadinedschads juengste Aeusserungen,
die in den internationalen Medien weithin zitiert wurden, bezeichneten
eine bedauerliche neue Richtung, die der Iran eingeschlagen habe, der
noch 2001 bei den Vereinten Nationen das internationale Jahr des Dialogs
zwischen den Kulturen initiierte.

Hanson betont die Verpflichtung der LutheranerInnen auf eine von
Offenheit und Ehrlichkeit gepraegte Beziehung zu Juedinnen und Juden und
verweist auf die Teilnahme von Dr. Gerhard Riegner, Generalsekretaer i.
R. des Juedischen Weltkongresses, an der Siebenten LWB-Vollversammlung
1984 in Budapest (Ungarn) als Signal fuer einen Neubeginn im Dialog
zwischen Juden/Juedinnen und LutheranerInnen auf globaler Ebene, "der
nun die beklagenswerte Realitaet der antijuedischen Schriften Martin
Luthers und die Tragoedie der Schoah thematisierte".

Hanson verweist weiterhin auf ein 1994 veroeffentlichtes Dokument, in
dem die ELKA ihrerseits das von Luthers antijuedischen Schmaehschriften
verursachte Leid und dessen Aufforderung zur Gewalt gegen
Juedinnen/Juden bedauert.

Der LWB-Praesident betont, LutheranerInnen wuerden auch zukuenftig mit
dem juedischen Volk, mit dem palaestinensischen Volk und mit allen
Menschen guten Willens im Nahen Osten zusammenarbeiten und die
Anstrengungen fuer gegenseitige Achtung, fuer Hoffnung und Frieden fuer
alle Menschen in dieser Welt fortsetzen. (303 Woerter)

Im Folgenden finden Sie die Erklaerung von Bischof Mark S. Hanson in
ihrem vollen Wortlaut:

In den vergangenen Tagen sind Aeusserungen des iranischen Praesidenten
Mahmud Ahmadinedschad, der Holocaust sei ein "Maerchen" und der Staat
Israel solle nach Europa, Kanada oder Alaska verlegt werden, weithin
zitiert worden. Zuvor war bereits das Zitat verbreitet worden, Israel
solle "von der Landkarte getilgt werden".

Ich schliesse mich den Verurteilungen anderer ReligionsfuehrerInnen im
Blick auf diese Aeusserungen an. Die historischen Fakten des Holocaust
sind eindeutig und haben juristischer und wissenschaftlicher Pruefung
standgehalten. Wir haben die Berichte der AugenzeugInnen aufmerksam
gehoert, von denen viele seit einem halben Jahrhundert unter uns leben.
Wir wissen um die entsetzliche Wahrheit der Schoah und beklagen sie.
Kein vernunftgeleiteter Mensch kann schweigend zusehen, wenn ein
Staatsoberhaupt - welchen Staates auch immer - solche empoerenden und
untragbaren Behauptungen aufstellt. Solche Aussagen bezeichnen eine
bedauerliche neue Richtung, die der Iran eingeschlagen hat, der noch
2001 bei den Vereinten Nationen das internationale Jahr des Dialogs
zwischen den Kulturen initiierte.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika und der Lutherische
Weltbund setzen sich unermuedlich zugunsten eines gerechten und
dauerhaften Friedens fuer alle Menschen im Nahen Osten ein. Dazu
gehoeren Gespraeche mit israelischen und palaestinensischen
VerantwortungstraegerInnen sowie mit leitenden Persoenlichkeiten aus
Judentum, Islam und Christentum. Wir werden nicht nachlassen, uns um
ausgewogene und tragbare Loesungen zu bemuehen, die Frieden und
Sicherheit fuer alle Menschen in diesem Land mit seiner schwierigen Lage
gewaehrleisten.

In den Vereinigten Staaten habe ich gemeinsam mit christlichen,
juedischen und muslimischen WuerdentraegerInnen einen Zwoelfpunkte-Plan
fuer den Frieden im Nahen Osten vorgelegt. Dieser Plan setzt den
Schwerpunkt bei einer Zwei-Staaten-Loesung und fordert die Regierung der
Vereinigten Staaten auf, sich staerker fuer einen dauerhaften Frieden im
Nahen Osten einzusetzen. Die ELKA-Vollversammlung 2005 formulierte eine
Strategie fuer den Nahen Osten, die zu einem Frieden mit Gerechtigkeit
zwischen Israelis und PalaestinenserInnen aufruft.

Darueber hinaus sind wir als LutheranerInnen auf eine von Offenheit und
Ehrlichkeit gepraegte Beziehung zu Juedinnen und Juden verpflichtet. Bei
der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes 1984, die in Budapest
stattfand, signalisierte die Teilnahme von Dr. Gerhard Riegner,
Generalsekretaer i. R. des Juedischen Weltkongresses, einen Neubeginn im
Dialog zwischen Juden/Juedinnen und LutheranerInnen auf der globalen
Ebene, der nun die beklagenswerte Realitaet der antijuedischen Schriften
Martin Luthers und die Tragoedie der Schoah thematisierte. Damals
bekraeftigten wir gemeinsam die Integritaet und Wuerde beider
Glaubensgemeinschaften und verpflichteten uns zum gemeinsamen Engagement
gegen alle Formen rassistischer Vorurteile.

In der 1994 veroeffentlichten Erklaerung "Declaration of the Evangelical
Lutheran Church in America to the Jewish Community" bedauerte die ELKA
das von Luthers antijuedischen Schmaehschriften verursachte Leid und
dessen Aufforderung zur Gewalt gegen Juedinnen/Juden. Die ELKA brachte
ihre "tiefe und anhaltende Trauer" ueber die tragische Auswirkung dieser
Schriften auf spaetere Generationen zum Ausdruck.

In der Erklaerung der ELKA heisst es weiter: "[wir] betonen * unseren
dringenden Wunsch, unseren Glauben an Jesus Christus in Liebe und
Achtung vor dem juedischen Volk zu leben. Wir erkennen im Antisemitismus
einen Widerspruch gegen und eine Beleidigung des Evangeliums, eine
Verletzung unserer Hoffnung und Berufung, und wir verpflichten diese
Kirche darauf, sich den toedlichen Mechanismen eines solchen Fanatismus
zu widersetzen, sowohl in unseren eigenen Kreisen als auch in der
Gesellschaft, in der wir leben. Und schliesslich bitten wir den
Gepriesenen, er moege die zunehmende Zusammenarbeit und Verstaendigung
zwischen lutherischen ChristInnen und Juedinnen/Juden auch in Zukunft
segnen."

Einen Menschen zu verurteilen oder ihm mit Verachtung zu begegnen, ist
immer kontraproduktiv, um wie viel mehr gilt dies, wenn es sich um ein
ganzes Volk handelt. Als LutheranerInnen werden wir auch zukuenftig mit
dem juedischen Volk, mit dem palaestinensischen Volk und mit allen
Menschen guten Willens im Nahen Osten zusammenarbeiten. Gemeinsam werden
wir unsere Anstrengungen fuer gegenseitige Achtung, fuer Hoffnung und
Frieden fuer alle Menschen in dieser Welt fortsetzen.

Pfr. Mark S. Hanson
Leitender Bischof, Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika
Praesident, Lutherischer Weltbund

* * *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund 66 Millionen ChristInnen in
78 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere
Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
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gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
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gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
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* * *

LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html

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