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Theologische Auseinandersetzung mit Geistern, Vorfahren und


From "Frank Imhoff" <Frank.Imhoff@elca.org>
Date Wed, 08 Mar 2006 09:13:45 -0600

Theologische Auseinandersetzung mit Geistern, Vorfahren und Heilung Abschlusstagung des LWB-Studienprozesses "Spiritualismus als globale Herausforderung fuer die Kirchen"

Berlin (Deutschland)/Genf, 8. Maerz 2006 (LWI) - Mit den Herausforderungen, die die spiritualistischen Bewegungen weltweit fuer die lutherischen Kirchen darstellen, beschaeftigte sich eine internationale Konsultation, die vom 12. bis 18. Januar in Berlin (Deutschland) stattfand. Die Tagung bildete den Abschluss des vierjaehrigen Studienprozesses der Abteilung fuer Theologie und Studien (ATS) des Lutherischen Weltbundes (LWB) zum Thema "Spiritualistische Bewegungen als globale Herausforderung fuer die Kirchen", der die Kirchen darin unterstuetzen soll, spiritualistische Bewegungen, die in ihrem Kontext auftreten, zu verstehen. Untersucht werden sollte zudem, welche Konsequenzen sich aus diesen Bewegungen fuer lutherische Identitaet, Dialog und Mission heute ergeben.

Die 19 ExpertInnen, die an der Abschlusstagung in Berlin teilnahmen, beschaeftigten sich zum Beispiel mit der Frage, wie die Kirchen mit Menschen umgehen sollen, die sich - obwohl Kirchenmitglieder - Rat, Heilung und Trost in schwierigen Lebenssituationen bei traditionellen einheimischen sowie spiritualistisch/spiritistischen Ritualen suchen. Eine zentrale Frage war, ob lutherische Kirchen die Verehrung von Vorfahren zulassen koennen.

"Wir haben festgestellt, dass solche Fragen die Kirchen in aller Welt bedraengen und deshalb ist das Studienprogramm einstimmig vom Rat des LWB angenommen und befuerwortet worden, selbst wenn es sich um ein sensibles und kontroverses Thema handelt", betonte der fuer den Studienprozess zustaendige ATS-Referent fuer "Die Kirche und Menschen anderer Glaubensrichtungen", Pfr. Dr. Ingo Wulfhorst. Auch wenn die einzelnen Situationen je nach Kontinent und Kulturkreis sehr verschieden seien, koennten die dahinter liegenden theologischen und missionarischen Probleme durchaus miteinander verglichen werden. Daher koennten die Kirchen auch von den Erfahrungen in anderen Erdteilen lernen, so Wulfhorst.

Viele machen "aussergewoehnliche menschliche Erfahrungen"

Waehrend der Tagung in Berlin betonte Prof. Dr. Johan L. F. Gerding, Institut fuer Parapsychologie der Universitaet Utrecht sowie Philosophische Fakultaet der Universitaet Leiden (beide Niederlande), dass sehr viele Menschen so genannte aussergewoehnliche menschliche Erfahrungen machten. "Auch wenn die Erfahrungen fuer das Individuum ungewoehnlich und oft erschreckend sind, im Blick auf die grosse Zahl entsprechender Berichte muessen sie als normal gelten". Bereits diese Erkenntnis koenne fuer Betroffene eine Hilfe sein. Trauernde, die ungewollt die Erfahrung machten, von Verstorbenen kontaktiert zu werden, sollten in ihren Gemeinden darueber reden koennen, Verstaendnis finden und nicht ausgegrenzt werden. Vor dem eigenmaechtigen Suchen nach Kontakt mit Verstorbenen oder Geistern muesse hingegen gewarnt werden, so Gerding.

Gedenken Verstorbener - Verehrung der Vorfahren?

Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Verehrung von Vorfahren. Prof. Dr. Paul Chung vom Wartburg Theological Seminary in Dubuque (Iowa/USA) berichtete von der Situation in Asien. Viele Missionare haetten von ihren Gemeinden eine radikale Abwendung von der traditionellen Verehrung der Vorfahren, die mit Goetzendienst gleichgesetzt wurde, gefordert. ChristInnen der darauffolgenden Generationen gingen der Frage nach, wie unter Besinnung auf das 4. Gebot ein ehrenvolles Gedenken an Vorfahren moeglich sei, so Chung.

Dr. Sylvester B. Kahakwa, Dozent fuer Systematische Theologie am College der Tumaini Makumira-Universitaet in Tansania, berichtete, dass die Verehrung der Vorfahren auch in Afrika eine sehr grosse Rolle spiele und dort das Leben der Menschen sogar noch staerker als in Asien bestimme. Er setzte sich dafuer ein, dass die Vorfahren nicht faelschlich als AgentInnen Satans abgestempelt werden sollten. Schliesslich werde im Alten Testament anerkennend der Erzvaeter gedacht und Gott als der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs beschrieben. "Jesus als erster und maechtigster der Vorfahren - koennte das eine Uebersetzung des Christentums in afrikanisches Denken darstellen?", fragte der afrikanische Theologe.

"Wichtig ist, dass Jesus selbst im Leben der Menschen praesent wird", betonte demgegenueber der emeritierte Hochschullehrer Dr. Klaus Nuernberger aus Suedafrika. Das gelinge kaum, wenn Christus am entferntesten Ende einer Vorfahrenreihe plaziert werde. Die Vorfahren sollten geachtet werden, aber sie duerften nicht das Dasein der Lebenden bestimmen. ChristInnen braeuchten keine Mittler zu Gott, so Nuernberger. Die Kirchen sollten darauf achten, dass Christus in ihrer Verkuendigung als gegenwaertig erfahren werden koenne. Es muesse vermittelt werden, dass sich Christus der konkreten Noete des Alltags annehme und nicht nur der Vergebung der Suenden im juengsten Gericht.

Abschliessendes Studiendokument zu spiritualistischen Bewegungen

Waehrend der Tagung in Berlin wurden die Ergebnisse von vier regionalen Seminaren ausgewertet und ein abschliessendes Studiendokument mit dem Titel "Spirits, Ancestors and Healing. Global Challenges to the Church" (Geister, Vorfahren und Heilung. Globale Herausforderungen fuer die Kirche) konzipiert. Es soll den lutherischen Kirchen weltweit als Hilfestellung im Dialog ueber die Thematik in theologischen Seminaren und Gemeinden sowie als Wegweiser und Ratgeber im Umgang mit diesen Problemen dienen. Am Ende jedes Kapitels enthaelt das Dokument Hinweise und Ratschlaege, um auf die Herausforderungen durch Spiritismus und Ahnenkult angemessen reagieren zu koennen. Die Publikation des Studiendokuments ist nach Abschluss des Redaktionsprozesses fuer Mai dieses Jahres geplant.

Die erste regionale Studientagung fand 2002 in Lateinamerika statt. 2003 folgte eine Tagung in Europa sowie 2004 in Afrika und in Asien. An den Studienseminaren nahmen VertreterInnen von LWB-Mitgliedskirchen, theologische HochschullehrerInnen und ExpertInnen fuer Weltanschauungsfragen sowie VertreterInnen traditioneller indigener Religionen und spiritualistischer Bewegungen teil, um den Dialog zu beginnen, sowie ihre Erfahrungen auszutauschen und Handlungsmoeglichkeiten zu diskutieren.

Im Ergebnis der regionalen Studientagungen wurden drei Studiendokumente publiziert: "Spiritualism: A Challenge to the Churches in Europe" (Spiritismus: Eine Herausforderung fuer die Kirchen Europas), "Ancestors, Spirits and Healing in Africa and Asia: A Challenge to the Church" (Vorfahren, Geister und Heilung in Afrika und Asien: Eine Herausforderung fuer die Kirche) und "Espiritualismo/Espiritismo: Desafios para a Igreja na América Latina" (Spiritualismus/Spiritismus: Eine Herausforderung fuer die Kirche Lateinamerikas). Diese Publikationen koennen bestellt werden bei: Lutherischer Weltbund, Abteilung fuer Theologie und Studien, 150 Route de Ferney, Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz; Tel.: +41/22-791 6111, Fax: +41/22-791 6630, E-Mail: liesch@lutheranworld.org. (906 Woerter)

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund 66,2 Millionen ChristInnen in 78 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt werden.

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LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html

LUTHERISCHE WELT-INFORMATION Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch Tel.: +41-22-791-6352 Fax: +41-22-791-6630 E-Mail: dmg@lutheranworld.org


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