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Ehemaliger argentinischer Kirchenpraesident kritisiert


From "Frank Imhoff" <Frank.Imhoff@elca.org>
Date Sat, 11 Mar 2006 08:03:48 -0600

Ehemaliger argentinischer Kirchenpraesident kritisiert Schuldenrueckzahlung an IWF Pfr. Ángel F. Furlan: Rueckzahlung legitimiert Methoden des IWF und verschlechtert soziale Situation argentinischer Bevoelkerung

Buenos Aires (Argentinien)/Genf, 9. Maerz 2006 (LWI) - Der ehemalige Praesident der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche (IELU) in Argentinien, Pfr. Ángel F. Furlan, hat die kuerzlich erfolgte vorzeitige Rueckzahlung aller Schulden seines Landes beim Internationalen Waehrungsfonds (IWF) heftig kritisiert. Die Rueckzahlung habe dazu beigetragen, so Furlan, die Methoden der Glaeubigerorganisation zu legitimieren und die soziale und wirtschaftliche Situation der argentinischen Bevoelkerung zu verschlechtern. Nach eigenen Angaben hatte die argentinische Regierung Ende letzten Jahres beschlossen, die Gesamtschulden beim IWF in Hoehe von rund 9,5 Milliarden US-Dollar (rund acht Mrd. Euro) zurueckzuzahlen, um die wirtschaftliche Unabhaengigkeit des Landes zurueckgewinnen.

Furlan und eine Gruppe von BuergerInnen unter Leitung von Friedensnobelpreistraeger Adolfo Pérez Esquivel hatten im Dezember 2005 beim argentinischen Bundesgericht fuer administrative Angelegenheiten Einspruch erhoben und die Aussetzung der vorgeschlagenen Rueckzahlung an den IWF verlangt. In einem Telegramm vom 2. Januar 2006 an den argentinischen Praesidenten Nestor Kirchner wiederholten sie ihren Aufruf und erklaerten, dass sich die Schuldenrueckzahlung in einer Weise auswirken werde, die "der Wirtschaft des Landes irreparablen Schaden zufuegen wird".

Die am 3. Januar dieses Jahres erfolgte Rueckzahlung war im Rahmen eines Programms zur Schuldenumstrukturierung moeglich geworden. Die Summe wurde aus den Auslandsreserven der Zentralbank aufgebracht, die nach Angaben der Regierung in Folge eines wirtschaftlichen Aufschwungs aufgrund verbesserter Exportumsaetze gestiegen waren. In den vergangenen Jahren uebten die Regierungen Argentiniens wiederholt energisch Kritik an den Strategien des IWF und anderer internationaler Finanzinstitutionen (IFIs) im Blick auf die Auslandsschulden des Landes, die direkt oder indirekt waehrend der Militaerdiktatur zwischen 1976 und 1983 aufgenommen wurden.

Furlan ist verantwortlich fuer ein anwaltschaftliches Programm der lateinamerikanischen Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB), das sich mit der Illegitimitaet von Auslandsschulden in Lateinamerika und der Karibik auseinander setzt und 2004 gestartet wurde. Das Programm wird von der LWB-Abteilung fuer Mission und Entwicklung (AME) unterstuetzt und auf lokaler Ebene koordiniert. Ziel des Programms ist, das Thema der illegitimen Auslandsschulden auf den verschiedenen Ebenen der Kirchen sowohl im Norden als auch im Sueden bekannt zu machen.

Die Gruppe unter Leitung von Esquivel besteht aus VertreterInnen von Gewerkschaften, religioesen und zivilgesellschaftlichen Gruppen und Menschenrechtsorganisationen. Sie kooperiert eng mit "Jubilee South", einem Netzwerk sozialer Bewegungen, das die Auslandsschulden von Entwicklungslaendern als unmoralisch und illegitim anprangert. Aehnliche Kritik wurde im Fall Brasiliens geaeussert, das ebenfalls kuerzlich seine IWF-Schulden zurueckzahlte.

Die Gruppe kritisiert insbesondere, dass die Entscheidung der argentinischen Regierung, die Schulden an den IWF zurueckzuzahlen, "unilateral und ohne Beratung" gefaellt worden sei. Die Regierung habe einen Erlass des Bundesgerichts missachtet, der die Illegitimitaet der Schulden bekraeftigt und den Fall an den Nationalkongress verwiesen hatte, damit eine der Verfassung entsprechende Loesung gefunden werden koenne.

Die Mitglieder zweifeln an, dass "unsere Laender groessere Freiheit in der Entwicklung ihrer Wirtschaftsstrategien erlangen werden, insbesondere wenn dieselben Regierungen weiterhin neue Schulden aufnehmen", fuer die eine Genehmigung des IWF benoetigt werde.

Waehrend einer Ansprache beim lateinamerikanischen Weltsozialforum im Januar 2006 in Caracas (Venezuela) beschrieb Furlan die Auslandsschulden als "wesentliches Instrument in einem Herrschaftsmodell", das weiterhin mehr Menschenleben fordere als die furchtbaren Verbrechen der Militaerdiktatur.

Schaetzungen zufolge leben 40 Prozent der rund 39 Millionen ArgentinierInnen unter der Armutsgrenze. (527 Woerter)

(Dieser Beitrag basiert auf einem Bericht der lateinamerikanisch-karibischen Nachrichten-Agentur ALC.)

Weitere LWI-Nachrichten zum Thema Auslandsschulden finden Sie auf der LWB-Webseite unter: www.lutheranworld.org/news/lwi/de/1804.de.html, www.lutheranworld.org/news/lwi/de/1528.de.html und www.lutheranworld.org/news/lwi/de/1379.de.html.

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