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Lateinamerikanische LWB-Mitgliedskirchen begruessen Schuldenerlass Norwegens


From "Frank Imhoff" <Frank.Imhoff@elca.org>
Date Fri, 10 Nov 2006 10:31:36 -0600

Lateinamerikanische LWB-Mitgliedskirchen begruessen Schuldenerlass Norwegens Kirchenpraesidentin Rojas: Ueberpruefung von Auslandsschulden auf internationaler Ebene vorantreiben

Genf, 10. November 2006 (LWI) - Die 14 lateinamerikanischen Mitgliedskirche n des Lutherischen Weltbundes (LWB) haben die Entscheidung der norwegischen Regierung begruesst, fuenf Entwicklungslaendern illegitime Auslandsschulde n in Hoehe von rund 63 Millionen Euro unilateral und bedingungslos zu erlassen. Dieser mutige und gaenzlich beispiellose Schritt mache die norwegische Regierung zu ?einer Pionierin in der Schuldenfrage?, betonte die Vorsitzende der Konferenz der BischoefInnen und PraesidentInnen der lateinamerikanischen LWB-Mitgliedskirchen, Pfarrerin Dr. Gloria Rojas, in einem Schreiben an den Premierminister des Koenigreichs Norwegen, Jens Stoltenberg.

Besonders hervorzuheben sei, dass die norwegische Regierung ausdruecklich eine Mitverantwortung fuer ein als Entwicklungsmassnahme gewaehrtes Darlehen uebernehme, das nun als Fehlschlag bewertet werde, da es an einer angemessenen Bedarfs- sowie Risikoanalyse mangelte, so Rojas in ihrem Schreiben, das am Freitag, 10. November, durch Pfr. Federico Schaefer, Praesident der Evangelischen Kirche am La Plata (IERP) in Argentinien, im Genfer LWB-Generalsekretariat an Botschafter Wegger Chr. Strømmen, Staendiger Vertreter Norwegens beim Buero der Vereinten Nationen in Genf, uebergeben wurde.

Die Tatsache, dass diese Entschuldung unabhaengig von der Entwicklungshilfe Norwegens gewaehrt werde, hebe sich positiv von anderen Beispielen ab, wo ein angeblicher Schuldenerlass gravierende Einbussen an armen Laendern tatsaechlich zur Verfuegung gestellten Entwicklungsgeldern zur Folge hatte, betonte die Praesidentin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Chile (IELCH). Die lateinamerikanischen LWB-Mitgliedskirchen hofften nun darauf, dass die Regierung Norwegens die Ueberpruefung von Auslandsschulden auf der Ebene der Vereinten Nationen, der Weltbank und anderer internation aler Institutionen weiter vorantreiben werde.

Schuldenerlass koennte Modellcharakter haben

Laut Kirchenpraesident Schaefer ist die Entscheidung der norwegischen Regierung ein richtiger Schritt, der auch eine Anerkennung der These darstellt, dass viele Auslandsschulden unter fragwuerdigen Umstaenden und auf ungerechte Weise ausgehandelt wurden. Der Schuldenerlass koennte in gewisser Hinsicht sogar Modellcharakter fuer andere Regierungen haben. Weiterhin forderte Schaefer die Ausarbeitung einer von allen anerkannten internationalen Gesetzgebung mit anerkannten Mindeststandards fuer einen fairen Handel, der dann auch einklagbar sei. Solange keine weltweit anerkannten Regeln aufgestellt wuerden, koennten Ungerechtigkeiten wie die illegitimen Auslandsschulden auch nicht vor Gericht gebracht werden.

Botschafter Strømmen betonte, dass es fuer die norwegische Regierung ausserordentlich wichtig sei, Reaktionen wie die der lateinamerikanischen LWB-Mitgliedskirchen zu erhalten. Weiterhin sagte er zu, dass die in dem Schreiben dargelegten Sachverhalte in den Beratungen der norwegischen Regierung ueber den weiteren Umgang mit Auslandsschulden beruecksichtigt wuerden. Die Zukunft sei ein gemeinsames Anliegen, daher muesse eng zusammengearbeitet werden, ?selbst wenn Sie nahe am Suedpol leben und wir nahe am Nordpol?, so Strømmen.

Laut LWB-Generalsekretaer Noko stellt das Schreiben der lateinamerikanische n Kirchen eine Antwort der gesamten weltweiten lutherischen Gemeinschaft dar. Im Blick auf die Einrichtung eines internationalen Gerichts zur Ueberpruefung der Auslandsschulden forderte Noko die norwegische Regierung auf, die Fuehrung zu uebernehmen. Norwegen habe unter Beweis gestellt, dass es denen zuhoere, die im Allgemeinen keine Stimme haetten. Der LWB unterstuetze die Einrichtung eines internationales Gerichts und rufe die anderen oekumenischen Organisationen dazu auf, sich diesem Anliegen anzuschliessen.

Norwegische Kampagne war entwicklungspolitischer Fehlschlag

Nach langjaehrigem Druck durch Kirchen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und soziale Bewegungen hatte die norwegische Regierung Anfang Oktober dieses Jahres entschieden, Aegypten, Ecuador, Jamaika, Peru und Sierra Leone Auslandsschulden, die auf die norwegische Schiffsexport-Kampag ne zurueckgehen, zu erlassen. Um die norwegische Werftindustrie aus einer schweren Krise zu fuehren, hatte die norwegische Regierung zwischen 1976 und 1980 an 21 Laender Kredite zum Erwerb von Schiffen und Schiffsausruestu ng vergeben. Bei der Kreditvergabe wurde jedoch nicht geprueft, ob die gelieferten Schiffe fuer die Empfaengerlaender entwicklungspolitisch und oekonomisch sinnvoll waren.

?Diese Kampagne hat sich als entwicklungspolitischer Fehlschlag erwiesen?, so der Wortlaut einer Erklaerung der norwegischen Regierung. Als Glaeubigerland trage Norwegen einen Teil der Verantwortung fuer die Schulden, die daraus entstanden seien. Mit dem Ruecktritt von seinen Forderungen uebernehme Norwegen die Verantwortung und ermoegliche es den betreffenden Laendern, die Rueckzahlung der in diesem Zusammenhang noch ausstehenden Schulden einzustellen.

Auslandsschulden destruktiv fuer Millionen Menschen

Nach Ansicht der Konferenz der BischoefInnen und PraesidentInnen der lateinamerikanischen LWB-Mitgliedskirchen wirkt die Auslandsverschuldung ?destruktiv auf das Leben von Millionen Menschen, auf Gesellschaften und ganze Landstriche?. Die meisten Laender des Suedens seien gezwungen, Schulden zu bedienen, die ihrer Bevoelkerung keinerlei Nutzen und allgemein keinerlei wirtschaftliche Entwicklung gebracht haetten. ?Vielfach ist die Entstehung der Schulden - in Lateinamerika wie in anderen Weltregionen -zurueckzuverfolgen zu Diktaturen und Terrorregimes, denen Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzulasten sind?, so Rojas in ihrem Schreiben.

Mit Blick auf die Begruendung der Entscheidung der norwegischen Regierung erklaerte die chilenische Kirchenpraesidentin, dass zwar der Begriff ?illegitim? im Bezug auf derartige Schulden nicht explizit gebraucht werde, dass jedoch der Glaeubiger seine Verantwortung fuer ein fehlgeschlag enes Darlehensprojekt einraeume. Dies sei ?ein sehr wichtiger Schritt, der uns einer offenen Akzeptanz des Konzepts der *illegitimen Verschuldung ? naeher bringt.? Diese Kategorie muesse solche Kredite umfassen, ?die von Diktaturen aufgenommen wurden, die zur Finanzierung erfolgloser oder betruegerischer Projekte dienten, sowie diejenigen, deren Entstehung den Makel der Korruption von Verantwortlichen in einer oder beiden Hemisphaeren traegt.?

Programm zur Illegitimitaet von Auslandsschulden

Seit 2004 unterhalten die lateinamerikanischen LWB-Mitgliedskirchen ein anwaltschaftliches Programm, das sich mit der Illegitimitaet von Auslandssc hulden in Lateinamerika und der Karibik auseinander setzt. Das Programm wird von der LWB-Abteilung fuer Mission und Entwicklung (AME) unterstuetzt und auf lokaler Ebene koordiniert. Ziel des Programms ist, das Thema der illegitimen Auslandsschulden auf den verschiedenen Ebenen der Kirchen sowohl im Norden als auch im Sueden bekannt zu machen.

Im Juli 2003 hatten die Delegierten der LWB-Vollversammlung in Winnipeg (Kanada) in einer Oeffentlichen Erklaerung zu illegitimen Schulden festgestellt, dass die Schuldenlast ?ein Haupthindernis fuer die Ueberwindung der Armut und die Verwirklichung der Grundrechte aller Menschen? sei. Die Internationalen Finanzinstitutionen und ?die maechtigen Nationen der Welt? wurden aufgefordert, die Verantwortung zu uebernehmen fuer die ?schlechte Politik, die schlechten Entscheidungen und Vorgehensweisen, die zur gegenwaertigen Schuldenkrise gefuehrt haben?. Weiterhin stellten die Vollversammlungsdelegierten fest, dass es dringend notwendig sei, ?auf internationaler Ebene Mechanismen zu entwickeln, um Moeglichkeiten eines auf Gerechtigkeit ausgerichteten Schuldenmanagements zu finden?. (957 Woerter)

Den vollstaendigen Wortlaut des Schreibens von Kirchenpraesidentin Pfarrerin Dr. Gloria Rojas finden Sie im Format PDF auf der LWB-Webseite unter: www.lutheranworld.org/LWF_Documents/Letter_Gloria_Rojas-11-2006-DE.p df. Die spanischsprachige Version finden Sie unter: www.lutheranworld.org/LWF_D ocuments/Letter_Gloria_Rojas-11-2006-ES.pdf

Eine Zusammenfassung der Resolutionen und Erklaerungen der Zehnten LWB-Vollversammlung finden Sie im Format PDF auf der Vollversammlungs-Webse ite unter: www.lwb-vollversammlung.org/PDFs/LWF_Assembly_Resolutions-DE.pdf

Weitere LWI-Nachrichten zum Thema Auslandsschulden finden Sie auf der LWB-Webseite unter: www.lutheranworld.org/news/lwi/de/1901.de.html, www.lutheranworld.org/news/lwi/de/1804.de.html, www.lutheranworld.org/news/lwi/de/1528.de.html, www.lutheranworld.org/news/lwi/de/1379.de.html und www.lutheranworld.org/news/lwi/de/1135.de.html.

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund 66,2 Millionen ChristInnen in 78 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit ?LWI? gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt werden.

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LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html

LUTHERISCHE WELT-INFORMATION Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch Tel.: +41-22-791-6352 Fax: +41-22-791-6630 E-Mail: dmg@lutheranworld.org


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