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(LWI 07-18-2007) FEATURE: ?Nein! zu weiblicher Genitalverstuemmelung?


From "Dirk-Michael Grötzsch" <dmg@lutheranworld.org>
Date Fri, 27 Jul 2007 12:12:33 +0200

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LUTHERISCHE WELT-INFORMATION Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch Tel.: +41-22-791-6352 Fax: +41-22-791-6630 E-Mail: dmg@lutheranworld.org

FEATURE: ?Nein! zu weiblicher Genitalverstuemmelung?

LWB unterstuetzt Kampf mauretanischer Frauen gegen gesundheitsgefaehrdende Praktiken

Nouakchott (Mauretanien)/Genf, 27. Juli 2007 (LWI) - ?Ich werde es nie wieder tun! Wenn ich hoere, dass es jemand tut, gehe ich zur Polizei!? Aminata Louli sitzt mit einer Gruppe von Frauen im duesteren Hof eines Hauses in der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott. Die Frauen um sie herum reagieren mit leisem Gelaechter auf ihre Bemerkungen. Schilfmatten sind auf dem Boden verteilt und einige Frauen halten Kinder im Arm. Andere sind schon aelter. Auch kleine Maedchen sind dabei. Louli war frueher Frauenbeschneiderin von Beruf.

Die Frauen verfolgen ein gemeinsames Ziel: die Abschaffung der schmerzhafte n Beschneidung von Frauen und Maedchen in ihrem Land. Sie nehmen kein Blatt vor den Mund, sondern nennen es offen weibliche Genitalverstuemmelung . Sie wissen, wovon sie reden. Sie alle haben die weibliche Genitalverstuem melung am eigenen Leib erfahren, bei der die aeusseren weiblichen Genitalien teilweise oder vollstaendig entfernt werden.

?Wir nennen Aminata Louli Kommissarin? fluestert eine Frau. ?Sie ist heute eine ernsthafte Gegnerin der weiblichen Genitalverstuemmelung.?

Louli blinzelt verschmitzt. Obwohl es sich um ein schmerzhaftes und schwieriges Thema handelt, bewahren die Frauen ihren Sinn fuer Humor. ?Als mir klar wurde, welche schrecklichen Dinge ich den Maedchen angetan habe, hoerte ich sofort auf?, bemerkt sie ernst. ?Ich habe mich sogar bei denen entschuldigt, die bereit waren, meine Entschuldigung anzuhoeren. ?

Vor ihnen liegt eine Informationsbroschuere des Laenderprogramms der Abteilung fuer Weltdienst (AWD) des Lutherischen Weltbunds (LWB) in Mauretanien. Auf der Titelseite springt einem der Protest ?Nein! zu weiblicher Genitalverstuemmelung? in franzoesischer Sprache und im lokalen Dialekt Hassaniya direkt ins Auge.

Schmerzhaft und lebensgefaehrlich

Nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) lebt der Grossteil der Maedchen und Frauen, die beschnitten wurden, in 30 afrikanisc hen Laendern, einige jedoch auch in Asien. Allerdings nimmt auch die Zahl solcher Frauen und Maedchen in Australien, Europa, Kanada und den USA - besonders unter Immigrantinnen aus Afrika und Suedwestasien - zu.

Weibliche Genitalverstuemmelung wird vor allem als kulturelle Praxis wahrgenommen, die an Jugendlichen und Kindern, in manchen Laendern auch an Saeuglingen unter einem Jahr vorgenommen wird. Die Beschneiderinnen sind auf diese Taetigkeit spezialisierte Frauen, in der Regel traditionelle Geburtshelferinnen und Hebammen, die keine spezielle medizinische Ausbildung haben. In den Gemeinschaften, in denen dies praktiziert wird, gilt es als angesehene Taetigkeit mit finanzieller Anerkennung. Der soziale Status und das Einkommen einer Beschneiderin haengt oft direkt vom Erfolg der Operation ab.

Es gibt verschiedene Gruende fuer das Praktizieren weiblicher Genitalverstu emmelung, darunter auch der Irrtum, es handele sich um eine religioese Pflicht, es wuerde die Sexualmoral der Maedchen gestaerkt und der Uebergang ins Erwachsenenleben, einschliesslich der Ehe, erleichtert.

Gesundheitsgefaehrdende Tradition

In vielen Laendern herrscht weithin der Glaube, der Islam verlange weibliche Genitalverstuemmelung. Einige traditionelle mauretanische Fuehrungspersoenlichkeiten des Islam wollen diesem Glauben entgegenwirken und diese Praktiken vollstaendig abschaffen.

?Manche Menschen missverstehen Religion?, so El Hassan Ould Moulaye Ely, Generalsekretaer des Saudi-Islamischen Instituts in Nouakchott. ?Deshalb ist es wichtig, dass diejenigen, die die heiligen Schriften verstehen, auch Dinge erklaeren.?

Er betont die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen Volksglaube und Religion. ?Wenn ein traditioneller Brauch der Gesundheit schadet, muss er abgeschafft werden. Wir sollten gute Traditionen bewahren, aber auch die schaedlichen aufgeben.?

Die traditionellen Leiter des Instituts stellen ihre Ansicht auch in der Informationsbroschuere dar, die die von LWB/AWD unterstuetzte Frauengruppe verwendet. Unter anderem wird darin erklaert, dass im muslimisch gepraegten Saudi-Arabien Frauen nicht beschnitten werden.

In ganz Mauretanien warnen Frauengruppen vor den Risiken der weiblichen Generalverstuemmelung - Infektionen durch die Verwendung von schmutzigem Operationsbesteck, die moegliche Uebertragung von HIV durch das gemeinsame Benutzen verschmutzter Instrumente sowie Probleme der Frauen bei Geburten und beim Urinieren.

Rechte von Maedchen

Es existiert eine gerichtliche Entscheidung, die die weibliche Genitalverst uemmelung in Mauretanien verbietet. Aber fuer viele Menschen sei es vollkommen neu, dass Frauen und sogar Kinder Rechte haben. Niemand soll verletzt werden, betont Houléye Tall, Koordinatorin fuer Menschenrechte und Friedensfoerderung des LWB/AWD-Laenderprogramms in Mauretanien. Sie beobachtet, dass die Allgemeine Erklaerung der Menschenrechte, die das Land unterzeichnet hat, eine wichtige Rolle spielt.

Die Rechte kleiner Maedchen werden haeufig verletzt. Aufklaerung ist nicht immer effektiv, noch nicht einmal unter Frauen, so Tall, die von vielen Situationen ihrer alltaeglichen Arbeit zu berichten weiss. ?Ich hoerte von einer Frau, die sich gegen die Operation [Beschneidung] ihrer Tochter entschieden hatte. Als wir eines Tages mit ihrem Auto nach Hause fuhren, erzaehlte sie, dass ihre Tochter im Grundschulalter einmal mit blutiger Kleidung nach Hause kam.?

Spaeter habe die Frau erfahren, dass eine ihrer Tanten das kleine Maedchen zu einer Beschneiderin gebracht hatte, ohne jemanden davon in Kenntnis zu setzen. ?Erst als das kleine Maedchen vom Fahrradfahren zurueckkam, bemerkte die Mutter, was mit ihrer Tochter geschehen war. Ihre Kleidung hatte Blutflecken. Die Wunde war wieder offen.?

Die Broschuere des LWB/AWD-Laenderprogramms berichtet von einem kleinen Maedchen, das nach dem Entfernen der Genitalien an den starken Blutungen gestorben war. Das Maedchen auf dem Fahrrad hat ueberlebt. (799 Woerter)

** Die Arbeit der AWD in Mauretanien konzentriert sich auf die uebergreifen den Aspekte der Foerderung der Menschenrechte, Gleichberechtigung der Geschlechter sowie HIV und AIDS. Das LWB/AWD-Programm treibt als internatio nale Nichtregierungsorganisation gemeinsam mit der Regierung und den UN-Organisationen die Menschenrechtspolitik voran. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf weiblicher Genitalverstuemmelung, Frauen- und Kinderrechte n, Schulbildung sowie den Rechten behinderter Menschen.

(Ein Feature der finnischen Journalistin Paula Laajalahti, die fuer LWI das LWB/AWD-Laenderprogramm in Mauretanien besuchte. Sie ist Kommunikations beauftragte der Finnischen Evangelisch-Lutherischen Mission - FELM.)

Dieser Beitrag gehoert zu einer Feature-Serie der Lutherischen Welt-Informa tion (LWI) zum Thema der Zehnten LWB-Vollversammlung 2003 ?Zur Heilung der Welt?. Die Serie beleuchtet die Relevanz des Vollversammlungsthemas in den verschiedenen regionalen und lokalen Kontexten der weltweiten lutherischen Gemeinschaft und stellt Projekte der Versoehnung und Heilung vor angesichts weltweiter Bedrohung. Auch nach Abschluss der Zehnten Vollversammlung, die vom 21. bis 31. Juli 2003 in Winnipeg (Manitoba/Kanada ) stattfand, bildet das Vollversammlungsthema einen der Schwerpunkte der Arbeit des LWB.

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund 66,7 Millionen ChristInnen in 78 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit ?LWI? gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt werden.

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