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(LWI 10-05-2007) FEATURE: Kambodschas Minenfelder werden zu Obst- und Gemuesegaerten


From "Dirk-Michael GrÃtzsch" <dmg@lutheranworld.org>
Date Fri, 26 Oct 2007 11:38:43 +0200

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LUTHERISCHE WELT-INFORMATION Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch Tel.: +41-22-791-6352 Fax: +41-22-791-6630 E-Mail: dmg@lutheranworld.org

FEATURE: Kambodschas Minenfelder werden zu Obst- und Gemuesegaerten

LWB unterstuetzt Gemeinschaften beim Wiederaufbau ihrer Existenzgrundlagen

Phnom Penh (Kambodscha)/Genf, 26. Oktober 2007 (LWI) - Morm Saveurn, seine Frau Mou Ly Viseth und ihre sechs Kinder leben im Dorf Kam Prong in einem entlegenen Teil der Provinz Battambang im Nordwesten Kambodschas. Der 46-jaehrige Saveurn ist Soldat. Nach den politischen Unruhen im Juli 1997 kamen er und seine Frau (die frueher selbst zur Armee gehoerte) aus der Hauptstadt Phnom Penh in sein Dorf zurueck.

Ihr Zuhause ist ein ehemaliges Schlachtfeld, auf dem sich Truppen der Roten Khmer und der vietnamesischen und kambodschanischen Regierung bekaempften. Nach aktuellen Schaetzungen gibt es vier bis sechs Millionen Landminen und scharfe Munition (unexploded ordnances, UXOs), die ueber das ganze Land verstreut sind und eine grosse Gefahr fuer Leben und koerperliche Unversehrtheit der Menschen sowie fuer den wirtschaftlichen Wiederaufbau darstellen.

Nach Angaben der Internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen (ICBL) wurden in Kambodscha die ersten Landminen waehrend des Indochinakriegs Mitte der 1960er Jahre verlegt. Unter der Diktatur des âDemokratischen Kampucheaâ (1975 bis 1979) setzten die Roten Khmer Landminen in grossem Stil sowohl zu militaerischen Zwecken als auch zur Kontrolle der Zivilbevoelkerung ein. Nach dem Sturz der Roten Khmer und dem anschliessenden Buergerkrieg nahm der Einsatz von Landminen zu und dauerte bis in die 1990er Jahre an. Am meisten betroffen von den Kaempfen waren die nordwestlichen Provinzen. Die demokratischen Wahlen 1993 laeuteten eine Periode relativer Normalitaet ein und viele Fluechtlinge und Binnenvertriebene kehrten nach und nach zurueck und wollten sich auf ihrem ehemaligen Grund und Boden niederlassen.

1999 ratifizierte Kambodscha das Abkommen zum Verbot von Landminen, in dem sich die Vertragsstaaten verpflichten, Anti-Personenminen so bald wie moeglich, aber spaetestens bis zum 1. Januar 2010 aus verminten Gebieten, die unter ihrer Hoheitsgewalt oder Kontrolle stehen, zu raeumen. Die kambodschanische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, das Land bis 2012 von Landminen und UXOs zu befreien, aber es ist ein aeusserst muehseliger Prozess, der dadurch erschwert wird, dass viele verminte Gebiete bis heute nicht markiert oder eingezaeunt sind.

Zu den wichtigsten Minenraeumteams im Land gehoert die Mines Advisory Group (MAG), eine Nichtregierungsorganisation (NGO) mit Sitz in Grossbritannien, deren Arbeit in Kambodscha vom zustaendigen Laenderprogramm der Abteilung fuer Weltdienst (AWD) des Lutherischen Weltbundes (LWB) unterstuetzt wird. Dank der Partnerschaft von MAG und LWB/AWD konnten in den vergangenen fuenf Jahren nahezu 320 Hektar (3,2 Quadratkilometer) Land in der Provinz Battambang von Landminen geraeumt und den DorfbewohnerInnen zur Nutzung uebergeben werden.

Minenopfer in Zeiten des Friedens

Seit der Einstellung der Feindseligkeiten 1997 wurden in ganz Kambodscha rund 40.000 Menschen durch Anti-Personenminen verstuemmelt. Zwischen Januar 2004 und August 2005 wurden allein in der Provinz Battambang 458 Todesfaelle registriert. Das kambodschanische Minen/UXO-Opfer-Informationssystem meldete fuer die erste Haelfte dieses Jahres 232 Opfer im ganzen Land - 28 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Saveurn gehoert zu den mehr als 85 Prozent der 13,9 Millionen KambodschanerInnen, die trotz der von unentdeckten Landminen ausgehenden Gefahr in laendlichen Gebieten leben und Landwirtschaft fuer den Eigenbedarf betreiben. âWir alle hier im Dorf fuehlen uns nicht sicher. Minen und UXOs stellen uns vor grosse Probleme.â

Saveurns Familie hat bisher Glueck gehabt, aber das Risiko, getoetet oder verletzt zu werden, ist weiterhin sehr hoch. âIn den letzen Jahren hatten acht Menschen aus dem Dorf Unfaelle mit Landminen; bei sieben von ihnen mussten Gliedmassen amputiert werdenâ, berichtet Saveurn.

Ausbildungsprogramme fuer Minenraeumung

Minenraeumung setzt einen Konsultationsprozess zwischen DorfbewohnerInnen und Minenraeumpartnern voraus. Sobald die von den Doerfern gemachten Vorschlaege genehmigt sind, so Mey Sarun, LWB/AWD-Projektleiterin in Battambang, waehle AWD-Kambodscha vor Ort geeignete KandidatInnen aus und bilde sie fuer die Arbeit aus.

Im Rahmen der Initiative âMinenraeumung in Ortschaftenâ beschaeftigt die MAG DorfbewohnerInnen und ermoeglicht es ihnen so, nicht weit weg von Zuhause eine Arbeit zu finden und ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Zu den Minenraeumarbeiten gehoert Unterholz zurueckschneiden, Minen mit Hilfe verschiedener Werkzeuge und Detektoren aufspueren, kleinere Minen und Munition zur Explosion bringen.

Die vor Ort eingesetzten AWD-MitarbeiterInnen, sogenannte âCommunity Empowerment Facilitatorsâ (CEFs), arbeiten eng mit den Familien und Gemeinschaften zusammen, die in minenverseuchten Gebieten leben. Zu ihren Aufgaben gehoert es, den Menschen Vertrauen zu geben, sie auszubilden und handlungsfaehig zu machen, damit sie ihre buergerlichen Rechte ausueben koennen. Mit Hilfe der CEFs planen und realisieren die DorfbewohnerInnen Projekte, die Ernaehrungssicherheit schaffen sollen, Ausbildungs- sowie HIV und AIDS-Programme. Bevor jedoch die Entwicklungsprioritaeten in Angriff genommen werden koennen, muessen ganze Landstriche von Minen geraeumt werden.

Allein im Dorf Kam Prong hat die MAG mit Mitteln, die das kirchliche Hilfswerk FinnChurchAid aus Finnland ueber den LWB zur Verfuegung gestellt hat, 5,86 Hektar Land im Zeitraum April bis Juni 2007 von Minen befreit. 29 Familien koennen dieses Land jetzt wieder besiedeln und dort in Sicherheit leben. In der Provinz Battambang haben von Januar 2003 bis Mitte 2007 insgesamt rund 8.400 Familien, denen 42.000 Maenner, Frauen und Kinder angehoeren, von den Minenraeummassnahmen des LWB und der MAG profitiert.

Obst- und Gemueseanbau

Saveurn hat grosse Hoffnungen, aber auch seine Angst ist noch nicht ganz gewichen. âSobald die MAG dieses Minenfeld geraeumt hat, will ich Obst anbauen. Von Juli bis Oktober pflanze ich Sojabohnen und von Januar bis April andere Bohnen an. Ich baue auch Kohl, Gurken, Chili und Auberginen an. Aber ich habe immer noch grosse Angst vor den Minen, die auf den uebrigen, noch nicht geraeumten Feldern vergraben sind.â

Er ist dankbar fuer die Arbeit, die Organisationen wie MAG und LWB/AWD in den Doerfern leisten. âWenn [das Land] geraeumt ist, koennen wir auf den Feldern wieder Obst und Gemuese anbauen, ohne dass wir Angst haben muessen, von Landminen getoetet oder verletzt zu werden.â

Saveurns Frau Viseth erzaehlt, wie ihre Kinder auf die Minenraeumung reagieren. âSie sind jetzt so gluecklich, weil sie wissen, dass ein Teil unseres Landes von Minen geraeumt ist und dass sie dort wieder ohne Probleme spielen koennen.â

LWB staerkt Gemeinschaften

Fuer die zweite Haelfte des Jahres 2007 plant AWD-Kambodscha, weitere 73,7 Hektar Land von Minen zu raeumen. Dadurch wuerde die seit Anfang 2003 geraeumte Gesamtflaeche auf nahezu 400 Hektar (vier Quadratkilometer) steigen. Der Einsatz mechanischer Hilfsmittel seit Juni 2005 macht die Raeumungsarbeiten erheblich effizienter: die Minenraeumteams schaffen seither taeglich schaetzungsweise 57 Quadratmeter im Vergleich zu rund 30 Quadratmetern ohne Hilfsmittel.

Das LWB/AWD-Laenderprogramm fuer Kambodscha, das 1979 eingerichtet wurde, legt den Schwerpunkt seiner Arbeit auf nachhaltige Entwicklung und die Staerkung benachteiligter Gruppen, wie mittellose Bauern und Baeuerinnen, alleinerziehende Muetter, Familien ohne Grundbesitz, Rueckkehrende, Binnenvertriebene, Jugendliche auf dem La nd sowie Menschen mit HIV und AIDS in abgelegenen Gegenden. Hinzu kommt ein integrierter Ansatz in der Entwicklungs- und anwaltschaftlichen Arbeit, der die Menschen dazu befaehigt, sich ihrer Rechte bewusst zu werden und diese einzufordern. (1.092 Woerter)

(Beitrag der Kommunikationsabteilung des LWB/AWD-Laenderprogramms in Kambodscha.)

Dieser Beitrag gehoert zu einer Feature-Serie der Lutherischen Welt-Information (LWI) zum Thema der Zehnten LWB-Vollversammlung 2003 âZur Heilung der Weltâ. Die Serie beleuchtet die Relevanz des Vollversammlungsthemas in den verschiedenen regionalen und lokalen Kontexten der weltweiten lutherischen Gemeinschaft und stellt Projekte der Versoehnung und Heilung vor angesichts weltweiter Bedrohung. Auch nach Abschluss der Zehnten Vollversammlung, die vom 21. bis 31. Juli 2003 in Winnipeg (Manitoba/Kanada) stattfand, bildet das Vollversammlungsthema einen der Schwerpunkte der Arbeit des LWB.

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund 66,7 Millionen ChristInnen in 78 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit âLWIâ gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt werden.

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