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LWB-Ratstagung 2009 - PRESSEMITTEILUNG NR. 06: Probleme von Zwangsarbeit und Menschenhandel


From "Dirk-Michael Grötzsch" <dmg@lutheranworld.org>
Date Sat, 24 Oct 2009 22:09:08 +0200

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LWB-Ratstagung in Genf – 22. bis 27. Oktober 2009

>PRESSEMITTEILUNG NR: 06

Probleme von Zwangsarbeit und Menschenhandel erfordern mehr
oeffentliche Sensibilisierung

ILO-Experte Roger Plant: Bessere Durchsetzung von Gesetzen noetig

Genf, 24. Oktober 2009 (LWI) – Mehr Bewusstseinsbildung und
Sensibilisierung einer breiten Oeffentlichkeit sei noetig, um
Zwangsarbeit und Menschenhandel einzudaemmen. Dies unterstrichen
VertreterInnen von internationalen und kirchlichen
Hilfsorganisationen am Freitag, 23. Oktober, bei der Ratstagung
des Lutherischen Weltbundes (LWB). Der Themenschwerpunkt der
Tagung mit rund 165 Teilnehmenden, die vom 22. bis 27.Oktober in
Chavannes-de-Bogis bei Genf stattfindet, lautet: “Menschenwuerde
wahren – Stellung beziehen gegen Menschenhandel”.

Roger Plant, Leiter des Sonderprogramms gegen Zwangsarbeit der
Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour
Organization – ILO), forderte insbesondere konkrete Schritte in
der Gesetzgebung und der Durchsetzung von Gesetzen in den
einzelnen Staaten. “Es gibt weltweit einen grossen Aufschrei
gegen moderne Sklaverei, aber wenn es um die gesetzlichen
Gegenmassnahmen geht, fehlt es an der Durchsetzung”, betonte er.
Es sei daher noetig, Strafrecht und Arbeitsrecht
zusammenzubringen. 

Laut einer ersten globalen Schaetzung der ILO von 2005, waren zu
diesem Zeitpunkt weltweit rund 12,3 Millionen Menschen von
Zwangsarbeit betroffen, die meisten von ihnen (9,4 Millionen) in
Asien. Der Profit, den allein der Menschenhandel abwirft, wird
auf mindestens 32 Milliarden US-Dollar jaehrlich geschaetzt.
Plant forderte die Kirchen auf, ihren Einfluss zu nutzen, um das
Unrechtsbewusstsein in der Zivilgesellschaft zu schaerfen und
ihre Regierungen zu geeigneten Massnahmen aufzufordern. Plant
beschraenkte sich auf Probleme von Ausbeutung in
Arbeitsverhaeltnissen. Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung
von Frauen habe zahlenmaessig groessere Dimensionen, geniesse
aber auch mehr oeffentliche Aufmerksamkeit. 

Ausser den brutalen und offensichtlichen Beispielen des
Menschenhandels – wenn beispielsweise Fluechtlinge in einem
Frachtcontainer ersticken – gibt es eine grosse Zahl subtiler
Formen von Zwang. Nach dem ILO-Bericht “Die Kosten des Zwangs”
ist eine wachsende Zahl von Wanderarbeitskraeften in
sklavereiaehnlichen Bedingungen gefangen. ArbeitsvermittlerInnen,
die ihnen hohe Loehne vorgaukeln, locken sie aus ihren
Heimatlaendern. Im Ausland sind die Arbeitskraefte isoliert,
verletzlich und hilflos. Sie sprechen die Sprache nicht und haben
sich hoch verschuldet. Der Pass, den sie fuer die Heimreise
benoetigen, wurde ihnen abgenommen. ArbeitgeberInnen und legale
AnwerberInnen arbeiten Hand in Hand, um ArbeitnehmerInnen zu
taeuschen. In Abgrenzung zu niedrigen Loehnen oder schlechten
Arbeitsbedingungen definiert die ILO Zwangsarbeit als “jede Art
von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter
Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und fuer die sie sich
nicht freiwillig zur Verfuegung gestellt hat.” Dies gilt auch
fuer legale Arbeit.

In der franzoesischsprachigen Schweiz hat die Hilfsorganisation
Association Libertá eine Hotline fuer Hilfesuchende eingerichtet.
Von 118 Anfragen im vergangenen Jahr betrafen 31 Faelle von
Menschenhandel. Grosses Aufsehen hatte erregt, dass die
Organisation nach den Worten von Ismaila Faye, Leiterin der
Organisation, sechs Faelle sexueller Ausbeutung von Frauen
aufdeckte, die legal durch Diplomaten ins Land gebracht worden
waren. Ihre wichtigste Aufgabe sieht die Organisation in der
Sensibilisierung der Bevoelkerung, insbesondere von Frauen und
MigrantInnen, von Kirchen und Hilfsorganisationen, Staatsorganen,
Presse, Polizei und Zoll. 

Elena Timofticiuc, Programmmanagerin der oekumenischen
Organisation AIDRom in Rumaenieder Arbeitsmigration in Rumaenien hin, die oft mit
Zwangsbedingungen verbunden sei. Familien fielen auseinander,
Ehen zerbraechen, Kinder wuerden zurueckgelassen. Mindestens ein
Elternteil von 172.000 GymnasialschuelerInnen arbeite im Ausland.
Von 35.000 Kindern zwischen zehn und 14 Jahren arbeiten laut
Timofticiuc beide Elternteile im Ausland.

Sonja Skupch, Pfarrerin der Evangelischen Kirche am La Plata
(Argentinien) und Mitglied des LWB-Rats, stellte einen
Informationsfilm zum Thema sexuelle Ausbeutung vor, den die
oekumenische Hilfsorganisation fuer Fluechtlinge und MigrantInnen
CAREF in Argentinien mit der Unterstuetzung des LWB produziert
hat. Dessen Kernaussage lautet: Prostitution ist nicht das
aelteste Gewerbe der Welt, sondern die aelteste Form des
Machtmissbrauchs gegen Frauen.

In ihrer biblischen Betrachtung lenkte die Referentin des
Programms fuer Frauen in Kirche und Gesellschaft des
Oekumenischen Rats der Kirchen, Dr. Fulata Lusungu Moyo, die
Aufmerksamkeit auf die Ausbeutung von Frauen. “Der Koerper von
Frauen ist kein Gebrauchsgut, sondern Gottes Ebenbild”.
Frauenhandel verkehre den biblischen und humanitaeren Wert der
Gastfreundschaft in sein Gegenteil: Der Gastgeber sollte Schutz
bieten und die Beduerfnisse des Gastes befriedigen, nicht der
Gast. 

In einem nachdenklichen Schlusswort erinnerte

LWB-Generalsekretaer Pfr. Dr. Ishmael Noko daran, dass vielen
hochrangigen KirchenleiterInnen, die Arbeit als Berufung und
Segen verstuenden, die komplexe Wirklichkeit von Sklaverei und
Ausbeutung nicht bewusst sei. Dagegen faenden sich bereits im
Alten Testament Beispiele von Menschenhandel. “Es hilft uns
weiter, die Bibel mit anderen Augen zu lesen”, empfahl Noko. (696
Woerter)

>*       *       *

An der Ratstagung des Lutherischen Weltbundes (LWB) in
Chavannes-de-Bogis bei Genf nehmen rund 75 VertreterInnen von
LWB-Mitgliedskirchen und Partnerorganisationen teil. Darueber
hinaus sind rund 90 weitere Teilnehmende registriert, darunter
DolmetscherInnen, Gaeste, Mitarbeitende des LWB,
PressevertreterInnen und Stewards. Der 49-koepfige LWB-Rat fuehrt
zwischen den in der Regel alle sechs Jahre stattfindenden
Vollversammlungen die Geschaefte des Weltbundes. Er tagt alle 12
bis 18 Monate. Der aktuelle Rat wurde waehrend der Zehnten
LWB-Vollversammlung im Juli 2003 im kanadischen Winnipeg
gewaehlt. Der Rat besteht aus dem Praesidenten, dem Schatzmeister
sowie Geistlichen und Laien, die ihre Regionen repraesentieren. 

Der gastgebende Bund Evangelisch-Lutherischer Kirchen in der
Schweiz und im Fuerstentum Liechtenstein hat 6.818 Mitglieder und
gehoert seit 1979 zum LWB. Praesidentin ist Dagmar Magold. 

>*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund 68,5 Millionen
ChristInnen in 79 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat
der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen
Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen
in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und
interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe,
Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als
Informationsdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB)
herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht
besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB
oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit “LWI”
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden. 

>Dirk-Michael Groetzsch
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