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(LWI 11-06-2009) FEATURE: Weine nicht, sonst wollen sie Wasser von uns haben


From "Dirk-Michael Grötzsch" <dmg@lutheranworld.org>
Date Fri, 27 Nov 2009 00:46:38 +0100

LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html 

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FEATURE: Weine nicht, sonst wollen sie Wasser von uns haben 

Aufruf an lutherische Kirchen zum Schutz der Schwachen 

Kajiado (Kenia)/Genf, 26. November 2009 (LWI) - Safiel Kuleis
einfache Aussage trifft den Kern des Problems, mit dem viele
seiner NachbarInnen nach mehreren aufeinander folgenden
Duerrejahren in Kenia konfrontiert sind. “Ich hatte 88 Kuehe.
50 davon habe ich verkauft. Die uebrigen sind gestorben. Im
Moment bin ich voellig mittellos. Ich bin seither in die Stadt
gezogen”, erzaehlt Kulei, ein Bauer, der in der Kenianischen
Evangelisch-Lutherischen Kirche (KELK) als Evangelist arbeitet.

Kulei gehoert der Maasai-Gemeinschaft an, die in Suedkenia und
im benachbarten Nordtansania ihre Heimat hat. Im Leben der
Menschen und in der Wirtschaft dreht sich alles um Viehhaltung
und insbesondere um Rinder, die als Zeichen von Wohlstand gelten.
Das Ansehen eines Bauern steigt mit der Zahl der Rinder, die er
besitzt. Mit Rindern wird Handel getrieben oder sie werden
verkauft, um Schulden zu begleichen, und je nach Bedarf
geschlachtet. Waehrend der Duerrezeit, die nahezu drei Jahre
andauerte, bevor die aktuellen Regenfaelle einsetzten, wurde der
Viehbestand der Maassei-Gemeinschaft dezimiert und die Menschen
verloren ihre Haupteinnahmequelle und Existenzgrundlage. 

“Auch als sich Wolken bildeten, gab es im Gegensatz zu
frueheren Jahren keinen Regen”, berichtete Kulei, als er die
Teilnehmenden einer Regionalkonsultation des Lutherischen
Weltbundes (LWB) zum Thema Klimawandel, Ernaehrungssicherheit und
Armut Anfang Oktober begruesste. Die Delegierten der
LWB-Konferenz hatten Olirium, dem Missionsgebiet der KELK im
suedoestlichen Distrikt Kajiado, einen Besuch abgestattet.
“Wenn die Kinder weinten, wurde ihnen gesagt, sie sollten
aufhoeren, damit niemand ihre Traenen saehe. Die Nachbarn und
Nachbarinnen koennten sonst fragen: ‘Wo habt ihr denn das
Wasser her?’”, so Kulei mit Blick auf den Mangel an Wasser.

>Klimawandel

Kuleis Bericht aehnelt den vielen anderen Geschichten, die auf
der Konsultation in der kenianischen Hauptstadt Nairobi erzaehlt
wurden. Mehr als 50 Teilnehmende aus LWB-Mitgliedskirchen in
Afrika, Laenderprogrammen der LWB-Abteilung fuer Weltdienst und
Partnerorganisationen waren vom 5. bis 10. Oktober
zusammengekommen, um ueber das Thema “Vision, Realitaet und das
Zeugnis der Kirche in Zeiten des Klimawandels, der
Ernaehrungsunsicherheit und der Armut” zu diskutieren. 

Mmeme Akpabio von der Lutherischen Kirche Nigerias berichtete,
dass es im nigerianischen Bundesstaat Akwa Ibom vor 50 Jahren
noch grosse Palmenwaelder gegeben habe, die zur Herstellung von
Palmoel genutzt worden seien.

“Zunehmende Erwaermung und unguenstige Wetterbedingungen haben
zur Folge, dass die Produktivitaet in der Palmoelindustrie
sinkt”, so Akpabio. “Der Klimawandel hat zu einer
Verschlechterung der Anbaubedingungen in Nordnigeria gefuehrt und
stellt eine Bedrohung fuer die Nahrungsmittelproduktion dar”,
fuegte sie hinzu. 

Ferner hoerten die Teilnehmenden Berichte, in denen die
Industrielaender mit ihrer uebermaessigen Emission von
Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen in die Atmosphaere als
Hauptverursacher des Klimawandels genannt wurden. 

Afrika, das selbst nur drei Prozent der schaedlichen
Treibhausgase emittiert, ist am staerksten durch den Klimawandel
bedroht. Der Kontinent ist ungenuegend auf Duerren und
Ueberschwemmungen vorbereitet und ist bereits heute heftigen
Regenfaellen und langen Duerreperioden ausgesetzt, die zu
unvorhersehbaren Ernteausfaellen, Wasserknappheit und
Futtermangel in der Weideviehzucht fuehren.

>Ernaehrungssicherheit 

Die Ernaehrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten
Nationen (FAO) warnt, dass der Klimawandel die Abhaengigkeit
Afrikas von Nahrungsmitteleinfuhren verstaerken und die
landwirtschaftliche Produktion des Kontinents um voraussichtlich
bis zu 30 Prozent reduzieren koennte. 

Prognosen zufolge wird Afrika suedlich der Sahara, also die
Region, die bereits heute am staerksten von
Ernaehrungsunsicherheit betroffen ist, die groessten Einbussen im
landwirtschaftlichen Einkommen erleiden.

Nach Angaben der FAO leiden bereits heute nahezu 265 Millionen
Menschen in Afrika suedlich der Sahara unter chronischem Hunger.
20 Millionen Menschen in Ostafrika sind abhaengig von
Nahrungsmittelhilfen und diese Zahl kann nach Aussagen der
UN-Organisation insbesondere in marginalisierten baeuerlichen
Gemeinschaften und einkommensschwachen Bevoelkerungsgruppen in
staedtischen Gebieten weiter ansteigen. 

Die FAO befuerchtet eine weitere Verschaerfung dieses Problems
durch das El Niño-Phaenomen, das gegenwaertig fuer schwere
Regenfaelle in der Region und die absehbaren Ueberschwemmungen
und Zerstoerungen von Ernten, Viehbestand, Infrastruktur und
Unterkuenften verantwortlich ist. 

“Diese Veraenderungen haben damit zu tun, dass Maenner und
Frauen die Welt beherrschen wollen und sie damit auch
zerstoeren”, erklaerte Gemma Akilimali, Expertin fuer
Genderfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania.
“Indem sie ihr Schaden zufuegen, … zerstoeren sie das
natuerliche Gleichgewicht der Schoepfung”, so Akilimali
waehrend der Konsultation in Nairobi.

>Engagement der Kirchen

“Die Kirche kann die am staerksten gefaehrdeten Menschen
schuetzen und begleiten”, betonte Isaiah Kipyegon, regionaler
Kommunikations- und Anwaltschaftskoordinator fuer Ostafrika vom
norwegischen kirchlichen Hilfswerk Norwegian Church Aid (NCA).
Der Kampf gegen den Klimawandel erfordere dringend gemeinsame
Anstrengungen. 

Mitgliedskirchen des LWB ergreifen Massnahmen, um gegen den
Klimawandel vorzugehen. Tigist Teketel, Direktor der Kommission
fuer Entwicklung und soziale Dienste der Aethiopischen
Evangelischen Kirche Mekane Yesus (AeEKMY), erklaerte, seine
Kirche fuehre 40 Projekte in den Bereichen Ernaehrungssicherung,
Umweltschutz und Ressourcenmanagement, Wasser und
Sanitaerversorgung durch. 

Das mit Unterstuetzung von Norwegian Church Aid entwickelte
Armacho-Projekt der AeEKMY in Nordwestaethiopien ermoeglicht es
Gemeinschaftsmitgliedern, Apfelanbau zu betreiben, und hat damit
ein neues Produkt in die Region eingefuehrt. Das Projekt
verbessert die Nahrungsmittelversorgung von Familien und
ermoeglicht es ihnen, mehr Einkommen zu erwirtschaften.

“Die Familien, die in dem Projekt mitarbeiten, berichten, dass
sie zweimal im Jahr Aepfel ernten und auf dem lokalen Markt
verkaufen. Sie alle verdienen damit viermal so viel wie mit
anderen Feldfruechten. Diesen Familien ist es gelungen, mit dem
Erloes aus dem Apfelanbau so viel Geld zu erwirtschaften, dass
sie es in die Viehzucht investieren koennen”, berichtete
Teketel.

Wasserknappheit wirke sich am staerksten auf Frauen aus und die
Lage verschaerfe sich weiter, erklaerte Akilimali. Die meisten
Frauen in Afrika muessten lange Strecken zuruecklegen, um Wasser
fuer ihre Familien zu beschaffen.

Die LWB-Regionalkonsultation rief lutherische Kirchen in aller
Welt auf, sich gemeinsam im Kampf gegen den Klimawandel zu
engagieren und dafuer zu sorgen, dass die Stimmen der
Schwaechsten gehoert wuerden. “Der Klimawandel stellt ein
ethisches und moralisches Versagen dar, weil wir nicht damit
aufhoeren, die Schoepfung zu zerstoeren”, schlossen die
Konsultationsteilnehmenden. 

(Ein Feature von LWI-Korrespondent Fredrick Nzwili, Nairobi,
Kenia.)

Die Schlussbotschaft der Konsultation zum Klimawandel in Nairobi
finden Sie in englischer Sprache im Format PDF auf der
LWB-Webseite unter: 
www.lutheranworld.org/LWF_Documents/LWF-Climate_Change_Nairobi_Statement-EN.pdf

Dieser Artikel gehoert zu einer Feature-Serie, die sich mit dem
Thema der Elften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes -
“Unser taegliches Brot gib uns heute” - beschaeftigt. Die
Vollversammlung findet vom 20. bis 27. Juli 2010 in Stuttgart
(Deutschland) statt.

>*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft
lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden)
gegruendet, zaehlt er inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund
68,9 Millionen ChristInnen in 79 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat
der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen
Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen
in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und
interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe,
Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als
Informationsdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB)
herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht
besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB
oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit “LWI”
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