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(LWI 04-04-2010) FEATURE: Tanzen gibt Kindern in Haiti Mut und Kraft


From "Dirk-Michael Grötzsch" <dmg@lutheranworld.org>
Date Mon, 12 Apr 2010 21:16:30 +0200

LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html 

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FEATURE: Tanzen gibt Kindern in Haiti Mut und Kraft

Globales kirchliches Netzwerk hilft Erdbebenopfern

Port-au-Prince (Haiti)/Genf, 12. April 2010 (LWI) - Wenn die
achtjaehrige Rosedaline Revolis “pandeiro” (Tamburin) spielt,
dann leuchten ihre Augen und lassen den ganzen Raum erstrahlen.

Sie lernt, die Begleitmusik zum “capoeira” zu spielen, einem
brasilianischen Kampftanz, der haitianischen Kindern helfen soll,
mit den Veraenderungen fertig zu werden, die ihr Leben seit dem
Erdbeben vom 12. Januar erschuettert haben. 

Der “capoeira”-Kurs ist Teil eines umfassenden
psychosozialen Programms, das von Viva Rio, einer
Partnerorganisation des norwegischen Hilfswerkes Norwegian Church
Aid (NCA) angeboten wird. 

NCA ist Mitglied des ACT-Buendnisses (Action by Churches
Together - Kirchen helfen gemeinsam), einem globalen Netzwerk von
Kirchen und kirchlichen/kirchennahen Partnerorganisationen, die
sich durch koordinierte und effektive Nothilfe-, Entwicklungs-
und Anwaltschaftsarbeit gemeinsam fuer positive und nachhaltige
Veraenderungen im Leben von Menschen einsetzen, die von
Katastrophen, Armut und Ungerechtigkeit betroffen sind.

Der Lutherische Weltbund (LWB), eines der Gruendungsmitglieder
des ACT-Buendnisses, ist mir dem Laenderprogramm seiner Abteilung
fuer Weltdienst bereits seit langem in Haiti aktiv. Als
Koordinator des ACT-Forums in Haiti leistete der LWB zusammen mit
anderen ACT-Partnern unmittelbar nach Ausbruch der Katastrophe
Nothilfe. Dies schloss die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und
anderen Hilfsguetern sowie den Bau fester Unterkuenfte fuer
Tausende von obdachlos gewordenen Menschen ein. 

In Kay Nou im Armenviertel Bel Air in der haitianischen
Hauptstadt Port-au-Prince, wo Viva Rio frueher ein
Gemeinschaftszentrum betrieb, befindet sich jetzt ein Zeltlager,
das rund 1.600 Menschen Unterkunft bietet. Taeglich werden dort
Kunst-, Musik- und Tanzkurse fuer Kinder angeboten, die ihnen
helfen sollen, mit ihren traumatischen Erlebnissen fertig zu
werden. 

Das Programm habe es bereits vor dem Erdbeben gegeben, erklaert
Aila Machado, eine Mitarbeiterin von Viva Rio. Seit 2006 setzt
Viva Rio sich bereits fuer die Gemeinwesenentwicklung in dem
benachteiligten Stadtteil Bel Air ein, leistet soziale Dienste
und engagiert sich gegen Strassengewalt.  

Seit dem Erdbeben im Januar legt Viva Rio den Schwerpunkt seiner
Arbeit auf die Befriedigung der unmittelbaren Beduerfnisse der
Bevoelkerung in Bel Air. Dazu gehoeren auch
Beschaeftigungsangebote fuer Kinder.

Die Programme erfuellten mehrere Zwecke, erklaert Annal Oliver,
eine Nothilfemitarbeiterin von NCA. Sie beschaeftigten die Kinder
und wuerden ihnen - was viel zu selten, aber dringend noetig sei
- die Moeglichkeit geben, Abstand zu finden von dem Trauma, dem
Schock und dem Verlust, die sie erlitten haben. 

>Kinderdiebstahl

“Gleichzeitig bieten diese Programme die Moeglichkeit, den
Kindern bis zu einem gewissen Grad Schutz zu gewaehren”, fuegt
sie hinzu. Nach dem Erdbeben sagten viele ExpertInnen einen
dramatischen Anstieg des illegalen Handels mit Kindern voraus.
“Die Kinder in die von uns angebotenen Aktivitaeten
einzubeziehen und sie zu registrieren - zum Beispiel indem wir
ihnen kleine Armbaender umbinden -, stellt eine Moeglichkeit dar,
sie vor solchen Gefahren zu beschuetzen”, erklaert Oliver.

“Diese Aktivitaeten helfen den Kindern auch, auf andere
Gedanken zu kommen”, bemerkt Musset Payant, ein haitianischer
Maler, der den Kindern im Rahmen des Programms von Viva Rio
Kunstunterricht gibt. “In der Zeit, die sie hier verbringen,
vergessen sie alles andere. In diesem Raum sind sie voellig
entspannt, sie lassen einfach los und fliegen.”

>Hilfe zur Selbsthilfe

Die Kinder schauen gespannt zu, als Payant anfaengt, einen Fisch
an die Tafel zu malen, die vorne im Raum aufgestellt ist. Mit den
gespendeten Materialien fangen sie dann selbst an zu malen und
sind voll konzentriert bei der Sache. 

“Das, was uns hier geschehen ist, hat Menschen in der ganzen
Welt bewegt, zu kommen und uns zu helfen”, fuegt Payant hinzu.
“Aber sie helfen uns auch, uns selbst zu helfen.”

Auf der anderen Seite des Lagers fangen die “capoeira”-Kurse
an. Viva Rio unterrichtet die Kinder hier seit ueber einem Jahr
im “capoeira”-Tanz. Seit dem Erdbeben ist die Zahl der
teilnehmenden Kinder auf mehr als 100 angestiegen. In einem
Gebaeude, von dem nur noch die Aussenmauern stehen und das von
Bandenmitgliedern, so erzaehlen die Einheimischen, als Versteck
fuer Entfuehrungsopfer benutzt wurde, sind ueber 30 Kinder
versammelt. Sie ziehen ihre Schuhe aus und setzen sich auf den
Teppich. Die MusikerInnen, die sich vorne aufgereiht haben,
sollen den Kindern im Morgenkurs die Musik beibringen, die
wesentlicher Bestandteil des “capoeira”-Tanzes ist.
Nachmittags lernen die Kinder dann die akrobatischen Uebungen des
Kampftanzes. 

>Kinder sind zerbrechlich

“Kinder und Erwachsene sind verschieden”, sagt Rodney Jean
Marc, einer der acht HelferInnen, die in den Kursen mitarbeiten.
Seit 2008 lernt er selbst “capoeira” im Programm von Viva
Rio. “Erwachsene sind an Schwierigkeiten und Probleme gewoehnt,
aber Kinder sind zerbrechlich . . . ‘Capoeira’ hilft ihnen,
alles, was sie belastet, herauszulassen.”

Die Lieder werden auf Portugiesisch unterrichtet und den Kindern
auf Kreolisch erklaert. Sie beschaeftigen sich mit Themen wie
Frieden, Achtung vor anderen Menschen. 

>Die Kunst des “capoeira”

Nach ungefaehr einer halben Stunde, in der die Kinder Lieder
gesungen haben, stehen sie auf und bilden einen Kreis um den
Teppich herum. Jetzt ist es an der Zeit, dass die LehrerInnen die
Kunst des “capoeira” vorfuehren. Der pulsierende Rhythmus der
Musik schafft eine frenetische Atmosphaere, in der die
TaenzerInnen auf dem Teppich “capoeira” tanzen - einen
akrobatischen Tanz, der entweder allein oder paarweise
aufgefuehrt wird. Wenn der “capoeira” mit einem/r PartnerIn
getanzt wird, aehnelt er einem Boxkampf, bei dem es jedoch zu
keinem koerperlichen Kontakt kommt. 

Die akrobatischen Uebungen begeistern die Kinder. Sie klatschen
und jubeln und in ihren Augen leuchtet groesste Freude. Zumindest
fuer kurze Zeit duerfen sie hier einfach nur Kinder sein.

“Der ‘capoeira’ macht mir Spass. Er gibt mir Mut und
Kraft”, erzaehlt Revolis mit einem Laecheln. “Das hilft
mir.” (888 Woerter)

(Ein Feature von Emily Sollie fuer das ACT-Buendnis.)

Dieser Artikel gehoert zu einer Feature-Serie, die sich mit dem
Thema der Elften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes –
“Unser taegliches Brot gib uns heute” – beschaeftigt. Die
Vollversammlung findet vom 20. bis 27. Juli 2010 in Stuttgart
(Deutschland) statt.

Weitere Informationen zum “ACT-Buendis”” finden Sie unter:
www.actalliance.org  

Weitere Informationen zur weltweiten Arbeit der LWB-Abteilung
fuer Weltdienst finden Sie auf der LWB-Webseite unter:
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