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Brief an die Kirchen in Simbabwe
From
Sheila MESA <smm@wcc-coe.org>
Date
13 Oct 1998 05:05:58
Okumenischer Rat der Kirchen
Pressemitteilung
Zur Veroffentlichung frei
7. Oktober 1998
BRIEF DES ORK AN DIE KIRCHEN IN SIMBABWE
Der Generalsekretar des Okumenischen Rates der Kirchen (ORK), Pfr.
Dr. Konrad Raiser, hat sich in einem Brief an die Kirchen in Simbabwe zu
einer Reihe von Fragen im Zusammenhang mit der derzeitigen Situation in
Afrika und zur bevorstehenden Achten Vollversammlung des ORK
geaussert, die vom 3.-14. Dezember in der Universitat von Simbabwe, in
Harare, stattfinden soll.
Den Brief vom 28. September schrieb er im Auftrag des
Exekutivausschusses des ORK, der vor kurzem (vom 15.-18.
September) in Amersfoort, in den Niederlanden, getagt hat; er reagierte
darin auf eine Solidaritatsbotschaft des Kirchenrates von Simbabwe
(ZCC), der von seinem Generalsekretar, Densen Mafinyani unterzeichnet
ist. Der ZCC wandte sich in seiner Botschaft an den Exekutivausschuss
und an andere, die aus Anlass der Veranstaltungen zum 50jahrigen
Bestehen des ORK am 19. September in die Niederlande gekommen
waren.
BRIEF DES ZCC
In seiner Botschaft erklarte der ZCC:
"Bitte versichern Sie dem Exekutivausschuss und den ubrigen in
Amsterdam versammelten Kirchen, dass wir alles tun, um Sie in unserem
schonen Land Simbabwe willkommen heissen zu konnen. Wie Sie aus
dem Hirtenbrief wissen, den die Verantwortlichen der christlichen
Kirchen herausgegeben haben, stehen die hiesigen Kirchen zur Zeit vor
grossen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Problemen (eine
Abschrift dieses 17 Seiten umfassenden Hirtenbriefes zur Lage der
Nation vom 24. Marz 1998 ist beim Presse- und Informationsdienst des
ORK erhaltlich - englisch). Die Kirchen sind wegen der Schliessung der
Universitat des Landes zutiefst beunruhigt; sie sind mit Studenten und
Amtstragern der Universitat zusammengekommen und haben ihnen
angeboten, mit ihrem seelsorgerlichen Rat einen Weg aus der
festgefahrenen Situation zu suchen und ihnen mit tatkraftiger Hilfe zur
Seite zu stehen. Der Rat der Universitat und die Regierung haben uns
allerdings versichert, dass die Unterbringung der Vollversammlung auf
dem Campus nicht in Frage gestellt sei. In unserem Ringen um eine
Losung all dieser Probleme bitten wir Sie, fur uns zu beten, dass es uns
gelingen moge, Fenster der Hoffnung zu finden."
Generalsekretar Mafinyani weist darauf hin, dass der ZCC als Mitglied
der Gemeinschaft der Christenrate im ostlichen und sudlichen Afrika
(FOCCESA) und aufgrund der Mitgliedschaft seiner Kirchen in der
Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz (AACC) im Namen Afrikas
Gastgeber der Vollversammlung sei. Er fugt hinzu, dass die
Vorbereitungen auf Hochtouren laufen, um "der Achten Vollversammlung
die Spiritualitat und den Willkommensgruss nicht nur Simbabwes,
sondern ganz Afrikas entgegenzubringen." Der Brief schliesst mit den
Worten: "Ganz Afrika betet fur den Erfolg der Vollversammlung. Wir
bitten Sie, beten Sie auch fur uns, damit die Vollversammlung nach dem
Willen Gottes geraten moge."
DIE ANTWORT DES ORK
In seiner Antwort an den ZCC und an die Verantwortlichen der
christlichen Kirchen schreibt der Generalsekretar des ORK: "Der
Exekutivausschuss spricht den Kirchen von Simbabwe erneut seinen tief
empfundenen Dank fur die freundliche Einladung aus, seine
Jubilaums-Vollversammlung in Harare zu veranstalten. Trotz der
Schwierigkeiten, mit denen Sie ebenso wie viele andere afrikanische
Lander zur Zeit zu kampfen haben und die uns gut bekannt sind, spuren
wir in dieser Einladung, deren Annahme uns eine grosse Ehre ist, die
Gastfreundschaft, fur die Ihr Kontinent so beruhmt ist.
Die Vorbereitungen fur die Achte Vollversammlung sind schon sehr weit
fortgeschritten, und der Exekutivausschuss ist sich bewusst, dass die
Hauptlast dieser Arbeit von den Kirchen in Simbabwe getragen wird, die
unseren Aufenthalt zu einem denkwurdigen Ereignis werden lassen
wollen. Wir wissen auch, dass die Regierung von Simbabwe bemuht ist,
die ausseren Bedingungen fur das Gelingen der Vollversammlung zu
schaffen. Fur die Vereinbarung, die Hilfe bei der Einreise der grossen
Zahl von Delegierten und Besuchern, die Beforderung der
Ausrustungsgegenstande und anderer Materialien nach Simbabwe
sowie fur die personliche Unterstutzung mehrerer Mitglieder des
Kabinetts sind wir zutiefst dankbar. Der Exekutivausschuss bittet Sie
herzlich, dem Prasidenten, der Regierung und den Menschen in Ihrem
schonen Land unseren aufrichtigen Dank fur diese Unterstutzung zu
ubermitteln.
Der Okumenische Rat der Kirchen stellt sich dadurch, dass er die
Jubilaums-Vollversammlung nach Harare einberufen hat, an die Seite
Simbabwes und mit Simbabwe an die Seite des gesamten Kontinents.
Wir kommen zu einer Zeit nach Afrika, in der die herrschende
Weltordnung dabei ist, Afrika auszugrenzen und an den Rand zu
drangen. Aus der Sicht der okumenischen Bewegung ist Afrika jedoch
ein unverzichtbarer Teil unserer Verpflichtung auf die Einheit des ganzen
Volkes Gottes. Afrika bewahrt ein Erbe gemeinschaftlichen Lebens und
an Gemeinsinn, das in einer Welt, die nach einem Leben in Wurde und
nach lebensfahigen Gemeinschaften verlangt, einen wesentlichen
Beitrag leisten kann und muss. Wenn die weltweite Kirche in Harare
versammelt ist, wird die Vollversammlung horen, was Gott der Welt
durch Afrika zu sagen hat, und wir beten, dass die Welt darauf horen
wird.
Der Exekutivausschuss sagt Gott Dank fur die Rolle, die der Kirchenrat
von Simbabwe und seine leitenden Amtstrager im zivilen Leben
Simbabwes einnehmen, wahrend das Land uber seine Zukunft
nachdenkt. Ihr massgebliches Engagement in der Verfassunggebenden
Nationalversammlung, Ihr Einsatz fur einen an humanitaren
Erfordernissen orientierten Haushalt und ihre Forderungen nach
wirtschaftlicher Gerechtigkeit und staatsburgerlicher Bildungsarbeit
dienen der gesamten okumenischen Familie. Wir hegen die Erwartung,
dass die Vollversammlung ein breites Spektrum an Moglichkeiten zum
Erfahrungsaustausch unter all denen bieten wird, die mit ahnlichen
Problemen, vor allem in Afrika, konfrontiert sind.
Insbesondere mochte der Exekutivausschuss Ihnen und allen Menschen
in Simbabwe versichern, dass die Sorgen, die in dem Hirtenbrief der
Verantwortlichen der christlichen Kirchen hinsichtlich der schweren
Schuldenlast ausgesprochen werden, die Ihr Land ebenso wie der
grosste Teil Afrikas zu tragen hat, bei der Entfaltung des biblischen
Verstandnisses des Erlassjahres auf dieser Vollversammlung ein
herausragendes Thema sein werden. Wir wissen, dass diese
unertraglichen Schulden die Chancen und die Lebensqualitat der breiten
Mehrheit der Menschen schmalern. Die Globalisierung der Weltwirtschaft
ist eine weitere tiefe Sorge fur Afrika, der bei der Vollversammlung
ebenfalls hochste Aufmerksamkeit gewidmet werden soll.
Die Folge der Schuldenkrise und der Globalisierung ist, wie die Kirchen in
Simbabwe feststellen, die fortschreitende Verarmung der
simbabwischen Bevolkerung. Der Exekutivausschuss bekundet den
Kirchen in Simbabwe die solidarische Unterstutzung ihrer Forderung, der
Beseitigung der Armut Prioritat einzuraumen, mit dem Leitmotiv des
Erlassjahres - den Armen die frohe Botschaft zu bringen und das
Gnadenjahr des Herrn.
Lassen Sie mich hinzufugen, dass wir die Ereignisse im sudlichen Afrika
und in Zentralafrika, insbesondere in der Demokratischen Republik
Kongo, im Blick auf ihre Auswirkungen auf die politischen Entwicklungen
in der Region mit Sorge beobachten.
Da Sie selbst in dem Hirtenbrief auf die HIV/AIDS-Pandemie eingehen,
mochte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass der ORK auf seiner
Zentralausschusstagung 1994 in Johannesburg eine Studie eingeleitet
hat, die sich in einem Bericht und in einer offentlichen Erklarung des
Zentralausschusses 1996 niedergeschlagen hat; die Bedrohung, die von
dieser Pandemie ausgeht, lastet auch weiterhin schwer auf dem
Exekutivausschus. Die Nachricht, dass Simbabwe zur Zeit zu den
Landern mit der starksten Verbreitung dieser todlichen Krankheit in der
Welt gehort, erfullt uns mit Trauer. Wir teilen Ihren Kummer und Ihre
Sorgen, denn wir wissen, dass der falsche Optimismus des Westens,
kostspielige neue Behandlungsmethoden konnten den Virus eindammen,
in krassem Gegensatz zu den Verhaltnissen in Simbabwe und in einem
grossen Teil Afrikas steht, wo strukturelle Anpassungsprogramme und
die Schuldenlast das Gesundheitssystem so stark ausgehohlt haben,
dass diese Lander nicht mehr in der Lage sind, der HIV/AIDS-Problematik
Herr zu werden. Es gibt wenig Hoffnung auf baldige Besserung, wenig
Geld fur die Behandlung und bisher keine Heilung. In Simbabwe und in
einem grossen Teil Afrikas hat der Virus ganze Familien, Gemeinschaften
und Stadte dahingerafft. Es gibt kaum jemanden, der von dem Unheil
verschont blieb. Wir zahlen darauf, dass sich die Vollversammlung bei
Ihren Bemuhungen, dieser verheerenden Krankheit Herr zu werden, fest
an Ihre Seite stellen und sich um wirksame Massnahmen zur Linderung
dieser menschlichen Tragodie bemuhen wird.
Wir haben in Amersfoort ferner die Beschlusse der ZCC-Versammlung
zur Kenntnis genommen, die kurzlich unter dem Thema "Kehrt um zu Gott
- seid frohlich in Hoffrnung", das auch das Thema unserer Achten
Vollversammlung sein wird, stattgefunden hat, insbesondere ihre
Beschlusse zu der gespannten Situation in der Universitat von
Simbabwe. Uns wurde von Ihren Bemuhungen berichtet, durch
Begegnungen mit Studenten und Amtstragern der Universitat auf
Versohnung hinzuwirken; der Exekutivausschuss mochte Sie wissen
lassen, dass wir Ihre Initiativen und Ihre seelsorgerlichen Bemuhungen
unterstutzen, und wir bitten Sie nachdrucklich, Ihre Anstrengungen noch
zu verstarken.
Der Exekutivausschuss ist sich bewusst, dass wir auf dem Campus der
Universitat zu einer Zeit zusammenkommen, in der diese Einrichtung
gespalten und von Spannungen erfullt ist. Wir gedenken in Sorge der
Verwaltung, der Fakultat und der Studenten, die ihr Studium nicht
fortsetzen konnen und kostbare Zeit verlieren; das wird auch
schwerwiegende Folgen fur die menschliche Entwicklung in Simbabwe
haben. Es erfullt uns mit Schmerz, dass wir auf einem Campus
zusammenkommen, der den meisten Studenten offiziell verschlossen ist.
Dennoch hoffen wir, dass es wahrend der Vollversammlung moglich
sein wird, von Ihnen, von den Universitatsbehorden, der Fakultat und den
Studenten zu erfahren, welche Anstrengungen unternommen werden,
um eine gutliche Losung herbeizufuhren. Seien Sie gewiss, dass wir fur
Sie und die Universitat um solche "Fenster der Hoffnung' beten, von
denen Sie in Ihrem Brief sprachen.
Der ORK hat die Einladung der Kirchen in Simbabwe dankbar
angenommen in dem Bewusstsein, dass Delegierte und Besucher viele
verschiedene kulturelle Praktiken und Gepflogenheiten mitbringen, von
denen Ihnen viele ungewohnt oder fremd sein werden. Wir hoffen, dass
diese Vielfalt nicht als Versuch aufgefasst wird, Ihnen fremde Kulturen
aufzudrangen. Sie ist vielmehr Ausdruck der vielen Kulturen in unserer
okumenischen Familie. Gleichzeitig wissen wir aber auch darum, dass
wir mit Simbabwe in ein Land mit einer reichen eigenstandigen Kultur
kommen, das stolz auf sein Erbe und seine Geschichte ist. Es wird
bereichernd fur uns sein, wenn wir uns darum bemuhen, unsere Arbeit
und unseren Gottesdienst in diesen Zusammenhang zu stellen und nicht
zu vergessen, dass wir in Afrika, dass wir in Simbabwe
zusammenkommen.
Schliesslich mochte der Exekutivausschuss seine Anerkennung fur die
enorme Vorbereitungsarbeit aussprechen, sowohl die bereits geleistete
als auch die, die dem ORK und den gastgebenden Kirchen noch
bevorsteht. Gemeinsam sind wir aufgerufen und gemeinsam haben wir
die grosse Freude, die Jubilaums-Vollversammlung zu einem
denkwurdigen Ereignis werden zu lassen, zu einem Ereignis, das seinem
Thema "Kehrt um zu Gott - seid frohlich in Hoffnung' gerecht wird. Wir
wissen, dass wir bei den Vorbereitungen fur die Vollversammlung in
Harare und danach in allem, was wir tun, zulassen mussen, dass Gott
uns gebraucht und durch uns am Werk ist.
**********
Der Okumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von inzwischen
332 Kirchen in uber 100 Landern auf allen Kontinenten und aus praktisch
allen christlichen Traditionen. Die romisch-katholische Kirche ist keine
Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ORK zusammen. Oberstes
Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die ungefahr alle sieben Jahre
zusammentritt. Der ORK wurde 1948 in Amsterdam (Niederlande) offiziell
gegrundet. An der Spitze der Mitarbeiterschaft steht Generalsekretar
Konrad Raiser von der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Okumenischer Rat der Kirchen
Presse- und Informationsreferat
Tel: (41.22) 791.61.52/51
Fax: (41.22) 798.13.46
E-Mail: jwn@wcc-coe.org
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