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Unterzeichnung der "Erklarung" von Bedeutung fur die Okumene


From FRANK_IMHOFF.parti@ecunet.org (FRANK IMHOFF)
Date 14 Jun 1999 15:40:36

Einheit in Verschiedenheit als Ziel

Genf, 14. Juni 1999 (lwi) - Der Lutherische Weltbund (LWB) und die
romisch-katholische Kirche werden die "Gemeinsame Erklarung zur
Rechtfertigungslehre" am 31. Oktober in Augsburg (Deutschland)
unterzeichnen.

Zeit und Ort der Unterzeichnung wurden bekanntgegeben, ehe noch in
diesem Monat vom 22. - 29. Juni 1999 die Ratstagung des LWB in
Bratislava, der Hauptstadt der Slowakischen Republik, stattfindet.

Wahrend einer gemeinsamen Pressekonferenz am 11. Juni 1999 betonten Dr.
Ishmael Noko, Generalsekretar des LWB, und S.E. Edward Idris Kardinal
Cassidy, Prasident des Papstlichen Rates zur Forderung der Einheit der
Christen, die besondere Bedeutung der Unterzeichnung der "Gemeinsamen
Erklarung" nicht nur fur den LWB und die romisch-katholische Kirche,
sondern fur die gesamte okumenische Bewegung. Sie ist ein Markstein im
30 jahrigen katholisch-lutherischen Dialog, der nach dem II.
Vatikanischen Konzil im Jahre 1967 begann. Zugleich eroffnet sie neue
Moglichkeiten fur eine zukunftsorientierte Annaherung der christlichen
Kirchen.

Gemeinsam sind die Dialogpartner der Auffassung, dass die
Rechtfertigungslehre Massstab oder Prufstein des christlichen Glaubens
sei. Diese Feststellung sei ein wichtiger Schritt in Richtung auf das
gemeinsame Ziel der vollen Kirchengemeinschaft, der Einheit in
Verschiedenheit, in der verbleibende Unterschiede miteinander versohnt
wurden und keine trennende Kraft mehr hatten.

Der Generalsekretar des LWB hob zunachst die vorbehaltlose
Ubereinstimmung der Dialogpartner in den beiden wesentlichen, seit der
Reformationszeit strittigen Punkten hervor: "Erstens bestatigen die
Unterzeichner, dass sie einen Konsens im Hinblick auf Grundwahrheiten
der Rechtfertigunglehre erreicht haben*Zweitens erklaren die
Unterzeichner, dass die gegenseitigen Lehrverurteilungen aus der Zeit
der Reformation im Hinblick auf die Lehre von der Rechtfertigung, wie
sie von Lutheranern und Katholiken in der Gemeinsamen Erklarung
dargelegt wird, nicht treffen."

Noko erinnerte daran, dass zur Zeit der Reformation, als es zur Spaltung
zwischen Lutheranern und Katholiken kam, das Verstandnis der
Rechtfertigung  im Mittelpunkt der Kontroverse stand. Die
Lehrverurteilungen, die damals ausgesprochen wurden, uberschatteten fur
mehrere Jahrhunderte das Verhaltnis zueinander.

Im Laufe des seit 30 Jahren gefuhrten bilateralen theologischen Dialogs
sei jedoch erkennbar geworden, dass die gegenwartige Lehre zur Frage der
Rechtfertigung, wie sie in der Gemeinsamen Erklarung ihren Niederschlag
findet, nicht Gegenstand der Verurteilungen sein konne, wie sie in den
lutherischen Bekenntnisschriften und in den Erklarungen des Trienter
Konzils zur Zeit der Reformation zum Ausdruck gebracht wurden.

Zum ersten Mal erklart der LWB und die romisch-katholische Kirche trotz 
unterschiedlicher institutioneller Strukturen ihren gemeinsamen Willen
zu einem Versohnungsprogramm.

Im Text einer offiziellen gemeinsamen Feststellung wird auf die kunftige
Fortsetzung des Dialogs sowohl zur Frage der Rechtfertigung als auch zu
anderen klarungsbedurftigen Fragen, die in der "Gemeinsamen Erklarung"
aufgefuhrt sind, hingewiesen. In einem Anhang zu diesem Dokument
bekennen beide Partner gemeinsam, dass Rechtfertigung allein aus Gnade
im Glauben geschieht, sowie, dass die Getauften vor Gott gerecht und
Sunder zugleich sind.

Noko begrusste besonders, dass der Prozess, der zur "Gemeinsamen
Erklarung" fuhrte, frei war von jeglichem Konkurrenzdenken und als ein
Versohnungsprozess auf dem gemeinsamen Erbe, dem biblischen Zeugnis von
Gottes Gerechtigkeit und seiner Gnade in Christus, grundete.

Auf diesem Hintergrund kann die "Gemeinsame Erklarung" zur weiteren
Verbesserung des okumenischen Klimas beitragen und die Hoffnung nahren,
dass sie fur die ganze christliche Familie positive Auswirkungen haben
wird.

Die Gemeinsame Erklarung sei nicht durch einen Kraftakt entstanden, fuhr
Noko fort, sondern durch eine theologische Abklarung, die zu einem Abbau
von Feindbildern gefuhrt habe. Das gemeinsame Studium der biblischen
Botschaft sei gekennzeichnet gewesen durch gegenseitige Achtung und
gemeinsames Engagement. Er hege den tiefempfundenen Wunsch, dass das
Evangelium der Vergebung und des Friedens in der ganzen Welt verkundet
werden konne, wie dies die *Gemeinsame Offizielle Feststellung" fordere,
und zum Frieden in all jenen Gebieten, in denen es an Frieden fehlt,
beitrage.

Der fur die Unterzeichnung vorgesehene Tag, der 31. Oktober 1999, wird
jedes Jahr von  verschiedenen protestantischen Kirchen als 
Reformationstag gefeiert. Fur die Lutheraner bringt die Unterzeichnung
der Gemeinsamen Erklarung an diesem Tag zum Ausdruck, dass die
Reformation eine Bewegung war, die nicht eine Spaltung innerhalb der
Kirche, sondern eine Reform der einen Kirche zum Ziel hatte.

In Augsburg wurde 1530 die Augsburger Konfession (Confessio Augustana),
die fur viele lutherische Kirchen von grundlegender Bedeutung ist und
von manchen sogar im Namen gefuhrt wird, unterzeichnet. Heute wird das
Bekenntnis von Augsburg als ein Versuch angesehen, die zerbrechende
Einheit der Kirche zu erhalten. Die Wahl Augsburgs als Ort fur die
Unterzeichnung der *Gemeinsamen Erklarung" symbolisiert den Willen zur
Verstandigung und Versohnung der Dialogpartner.

***
Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redaktion: Barbara Robra
E-mail: br@lutheranworld.org
http://www.lutheranworld.org/


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