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Verzweifelte Lage in Angola


From FRANK_IMHOFF.parti@ecunet.org (FRANK IMHOFF)
Date 02 Sep 1999 16:04:06

Aufruf des LWB zu verstarkter Hilfe fur die leidende Bevolkerung

Huambo (Angola)/Genf, 31. August 1999 (lwi) - Die humanitare Lage eines
Teils der Bevolkerung Angolas scheint beangstigende Ausmasse zu
erreichen. Mangelnde Sicherheit, Not und Hunger betreffen nicht nur die
Vertriebenen und diejenigen, die in den Kampfen ausgeplundert wurden. In
Mitleidenschaft gezogen werden jetzt auch Gebiete dieses Landes im
sudlichen Afrika, wo grossere Sicherheit herrscht.

Im letzten Monatsbericht des Angola-Programmes des Lutherischen
Weltbundes (LWB) heisst es: "Die Volkergemeinschaft und die
Zivilgesellschaft befurchten das Schlimmste fur die angolanische
Bevolkerung, wenn in Betracht gezogen wird, unter welchen Bedingungen
Tausende oder Millionen Zivilisten leben."

Die Menschen werden von Unterernahrung, Hunger und Krankheiten bedroht,
die als Folgeerscheinungen des Hungers auftreten, wenn nicht rasch
Nahrungsmittellieferungen erfolgen. "Es liegen bereits Berichte uber
Kinder vor, die aufgrund von Nahrungsmangel sterben, und uber
Erwachsene, die dem Hungertod ausgeliefert sind," heisst es im Bericht
des LWB-Angolaprogrammes vom Juli 1999.

Die allgemeine Sicherheitslage hat sich verschlechtert. Es mehren sich
Uberfalle aus dem Hinterhalt auf den Strassen wie auch Angriffe auf
Dorfer und Stadte. Uberall herrschen Angst und ein Gefuhl der
Unsicherheit. Das gilt sogar fur die seit langer Zeit von der Regierung
bewachten Stadte. Die Folge ist eine neue Welle von Vertriebenen und
Fluchtlingen. Begleitet wird diese Wanderungsbewegung von allgemeinem
Nahrungsmittelmangel und dem Fehlen von Saatgut, Werkzeugen und anderen
notwendigen Materialien, die sich die Menschen nicht beschaffen konnen.
Ausserdem waren die Menschen nicht in der Lage, ihre Felder zu bebauen,
wegen der Angst vor Landminen oder Entfuhrungen.

Nach Schatzungen der Vereinten Nationen gibt es zur Zeit 1,7 Millionen
im Land Vertriebene (IDPs) in Angola. Der LWB versorgt 45.000 Personen
in von der Regierung bewachten Stadten, die wie Inseln aus den von der
UNITA kontrollierten Gebieten herausragen: Luena, Saurimo und Nzaji. Nur
funf Kilometer ausserhalb dieser drei Orte sind neue Minen gelegt
worden. Der Zugang ist nur auf dem Luftweg moglich. Das
Welternahrungsprogramm berichtet, dass drei Millionen Menschen nicht
erreicht werden konnen, da sie in Regionen leben, die unter
UNITA-Kontrolle stehen - zur Zeit uber 70 Prozent des Landes.

In Luena, im Osten Angolas, wo sich die Aktivitaten auf zwei Lager mit
30.271 Vertriebenen konzentrieren, hat der LWB gespendete
Kuchenutensilien sowie Werkzeuge und Gerate fur die Landwirtschaft
ausgegeben. Auch Latrinen wurden bereitgestellt. In Zusammenarbeit mit
Medecins Sans FrontiŠre Belgien (MSF-B) hat der LWB mit der Errichtung
einer Krankenstation begonnen, die zur Zeit von den Beamten des
staatlichen Gesundheitsdienstes besetzt ist. Sie wird mit Medikamenten
versorgt, die gemeinsam vom LWB, MSF-B, UNICEF und dem Gesundheitsamt
der Provinz zur Verfugung gestellt wurden.

In Saurimo, im Nordosten, wo sich seit Juni 1998 uber 8.000 Vertriebene
niedergelassen haben, unterstutzt der LWB die Menschen bei der
Errichtung und Renovierung von Hausern. Transporte werden ubernommen und
Formen fur Lehmblocke sowie Ziegel und verschiedene Handwerkzeuge
geliefert.

In Nzaji, in der Nahe der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo,
setzt der LWB die Verteilung der Nahrungsmittel fort, die er vom
Welternahrungsprogramm fur altere Personen und Kinder erhalten hat. Der
Projektstab fordert die Subsistenzlandwirtschaft sowohl im Gebiet der
Vertriebenen wie auch unter den Wiederansiedlern. Maniok, Susskartoffeln
und Gemuse wachsen normal und garantieren eine gute Ernte. Das hochste
Ziel des LWB, die spatere Eigenstandigkeit im Nahrungsmittelbereich,
kann erreicht werden.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verlangte am 26. August 1999,
dass die Nationalunion fur die vollige Unabhangigkeit Angolas (UNITA)
sofort und bedingungslos den Verpflichtungen des Lusaka-Protokolls
nachkommt und die Regierungsverwaltung in den von ihr kontrollierten
Gebieten zulasst.

Der Prasident des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, Martin
Andjaba (Namibia), sprach in einer Erklarung sein tiefstes Bedauern uber
die sich verschlimmernde politische, militarische und humanitare
Situation in Angola aus. Betroffen mache auch das Elend der im Land
Vertriebenen (IDPs), die "nicht uber genugend Nahrungsmittel,
Medikamente, Unterkunfte, Ackerland und andere Lebensnotwendigkeiten"
verfugen. Er wiederholte seine Bitte an die Spendergemeinschaft, dem
humanitaren Appell finanziell und mit Sachspenden grosszugig zu
entsprechen, damit die Organisationen sich mit dem Problem der IDPs
erfolgreich befassen konnen.

Vor der Erklarung des Prasidenten richteten Vertreterinnen und
Reprasentanten der LWB-Partner in Angola, d.h. des
Welternahrungsprogramms (WFP) der Vereinten Nationen und des
Weltkinderhilfswerkes (UNICEF) sowie der Untergeneralsekretar fur
Humanitare Angelegenheiten und Nothilfekoordinator am 24. August 1999
leidenschaftliche Appelle an den Sicherheitsrat, indem sie alle auf die
kritische Situation der angolanischen Bevolkerung hinwiesen und den Rat
ersuchten, bei der Losung der seit langem bestehenden humanitaren Krise
zu helfen.

Im Zusammenhang mit dem Vorschlag, einen energischeren Versuch zu
unternehmen, die Feindseligkeiten zwischen Regierung und UNITA zu
beenden, bemerkte der Untersekretar der Vereinten Nationen, Vieira de
Mello, dass seit 1992 uber 40 Resolutionen des Sicherheitsrates uber die
Krise in Angola angenommen worden seien. "Gleichzeitig gab es durch den
Konflikt zahllose Tote, Zehntausende Verletzte, Verstummelte, und
andere, denen die grundlegende menschliche Wurde genommen wurde, sowie
mehr als 2 Millionen von ihren Wohnsitzen Vertriebene und Fluchtlinge.
Gibt es keine sonstigen Massnahmen, die der Rat annehmen kann, um diesem
Krieg Einhalt zu gebieten und dafur zu garantieren, dass seine zuvor
gefassten Entscheidungen voll eingehalten werden?" fragte er.

Vieira de Mello wies darauf hin, dass Angola potentiell eines der
reichsten Lander der sudlichen Hemisphare sei. Er erwahnte, dass allein
im vergangenen Jahr 2,25 Milliarden Barrel Erdol in dem sudafrikanischen
Land gefunden worden seien, doppelt so viel wie in Nigeria. Das durch
den Krieg verarmte Land hat, so wird berichtet, 1998 Diamanten im Wert
von USD 700 Millionen gefordert. Das entspricht ungefahr zehn Prozent
der weltweiten Produktion.

Die Direktorin des Welternahrungsprogrammes, Catherine Bertini, sagte,
die Bevolkerung in Angola habe einen Grad an Verzweiflung erreicht, der
praktisch sonst nirgends auf der Welt zu finden sei. Sie zahlte drei
Bereiche auf, in denen der UN-Sicherheitsrat zumindest helfen konnte:
Zugangsmoglichkeit, damit das Welternahrungsprogramm, UNICEF und die
Partner der Nichtregierungsorganisation (NGO) die Bedurftigen erreichen
konnen; Sicherheit fur Luftbrucken und anderen Transport, damit der Stab
nicht langer Angriffen ausgesetzt ist; und politisches Engagement der
angolanischen Regierung, der UNITA und der Volkergemeinschaft, um eine
Schlichtung auszuhandeln und damit vermehrt Mittel fur Nothilfe und
Wiederherstellung bereitzustellen.

Die UNICEF-Direktorin, Carol Belamy, sagte, die angolanische Krise habe
die Organisation in eine "traurige Lage" gebracht, "da wir uns mit einem
Kapitel unserer Geschichte, von dem wir hofften, es sei endgultig
abgeschlossen, erneut befassen mussen." Sie fugte hinzu, dass den
Angaben von UNICEF zufolge Angola heute das Land sei, wo die Kinder am
meisten durch Todesgefahr, Fehlernahrung, Entfuhrung und gescheiterte
Entwicklung bedroht seien.

In einer seiner Resolutionen hat der Rat des LWB bei seiner Tagung in
Bratislava im Juni 1999 die Mitgliedskirchen dringend gebeten, auf die
Situation in Angola aufmerksam zu machen, die von den Medien kaum
beachtet wurde und nur eine unzureichende humanitare Reaktion
hervorgerufen hat. Die LWB-Mitgliedskirche in Angola, die
Evangelisch-Lutherische Kirche von Angola, hat 23.000 Mitglieder. Das
Angola-Programm ist eines der 22 Programme, die von der LWB-Abteilung
fur Weltdienst (AWD) ausgefuhrt werden, das als internationales Hilfs-,
Rehabilitations- und Entwicklungsorgan des Weltbundes fungiert.

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegrundet, zahlt er inzwischen
128 Mitgliedskirchen, denen rund 58 der 61,5 Millionen Lutheraner und
Lutheranerinnen in 70 Landern angehoren. Das LWB-Sekretariat befindet
sich in Genf (Schweiz). Das ermoglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem
Okumenischen Rat der Kirchen (ORK) und anderen weltweiten christlichen
Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in
Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. okumenische Beziehungen,
Theologie, humanitare Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und
verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "lwi"
gekennzeichneten Beitrage konnen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt
werden.

***
Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redaktion: Barbara Robra
E-mail: br@lutheranworld.org
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