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Erklaerung zur Rechtfertigungslehre wurde in Augsburg unterzeichnet


From FRANK_IMHOFF.parti@ecunet.org (FRANK IMHOFF)
Date 10 Nov 1999 14:04:22

Lutheraner und Katholiken reichen sich die Haende

Augsburg (Deutschland)/Genf, 31. Oktober 1999 (lwi) -  Waehrend eines
feierlichen Gottesdienstes wurde heute vormittag die Gemeinsame
offizielle Feststellung von hohen Repraesentanten des Lutherischen
Weltbundes und der roemisch-katholischen Kirche in der evangelischen
Kirche St. Anna unterschrieben. Mit dieser Unterzeichnung wurde die
Gemeinsame Erklaerung zur Rechtfertigungslehre bestaetigt, in der
Lutheraner und Katholiken einen "Konsens in Grundwahrheiten der
Rechtfertigungslehre" festschreiben. Damit wurde ein Schlussstrich unter
den fast 500-jaehrigen Streit um die Rechtfertigungslehre gezogen, der
im 16. Jahrhundert zur Kirchenspaltung gefuehrt hatte.

In seiner Predigt anlaesslich der Unterzeichnung hob der Praesident des
Lutherischen Weltbundes, der braunschweigische Landesbischof Christian
Krause, hervor, dass zum ersten Mal ein solches Dokument von Lutheranern
und Katholiken offiziell unterzeichnet wurde. Auch dass mit Augsburg
wieder gemeinsamer Boden betreten werde, wo es vor 469 Jahren zum Bruch
gekommen sei, ist fuer ihn ein wichtiges Zeichen. "Wir sind Zeugen eines
bedeutenden Tages in der Geschichte unserer Kirchen", sagte Krause. Das
Verbindende sei staerker als das Trennende, so Krause, doch "viele
Probleme harren noch sorgfaeltiger Pruefung und beduerfen umsichtiger
Klaerung." Der LWB-Praesident bat um Gottes Vergebung, dass aufgrund der
"Gegnerschaft, oft auch Feindschaft zwischen unseren Kirchen" Konflikte,
Not und Leiden ueber viele Menschen in vielen Laendern der Erde gekommen
sei. Der nun erreichte Konsens im Wort muesse glaubwuerdig werden im
gemeinsamen Tun und in den gemeinsamen Anstrengungen der Kirchen, so
Krause.

Kardinal Edward Idris Cassidy, Praesident des Paepstlichen Rates zur
Foerderung der Einheit der Christen, stellte in seiner Predigt klar,
dass Christen heute nicht nur den Bau der Kirche weiterzufuehren haben,
sondern auch die Pflicht haben, den Schaden zu reparieren, der durch
"die Stuerme, Auseinandersetzungen und zuweilen durch Menschen
verursachte Erdbeben" entstanden sei. Fuer Cassidy hat die Gemeinsame
Erklaerung "neues Leben und neue Hoffnung" in die oekumenische Bewegung
gebracht. Die Trennungen waren ein grosses Hindernis fuer die
Verkuendigung des Evangeliums an die, die sich gerade in Europa vom
traditionellen Glauben entfernt haben, sagte Cassidy in der St.
Annakirche.

Fast zeitgleich mit der Unterzeichnung der Gemeinsamen offiziellen
Feststellung bezeichnete Paspt Johannes Paul II. die Gemeinsame
Erklaerung zur Rechtfertigungslehre als einen "Meilenstein auf dem nicht
leichten Weg zur Wiederherstellung der vollen Einheit unter den
Christen". Zwar sei die volle Einheit an der Schwelle zum Jahr 2000 noch
nicht hergestellt, doch sei die Ueberwindung der Spaltung sehr nahe,
sagte der Papst beim Angelusgebet auf dem Petersplatz in Rom. Das
vorliegende Dokument stelle eine sichere Grundlage dar, "um die
theologische Forschung auf oekumenischem Gebiet fortzufuehren und die
Schwierigkeiten anzugehen, die darin weiter bestehen".  Die Hoffnungen,
diese Schwierigkeiten auszuraeumen, haetten sich aber vertieft, so der
Papst. Dass die Unterzeichnung in Augsburg geschehe, wo 1530 mit der
"Confessio Augustana" eine "entscheidende Seite der lutherischen
Reformation geschrieben wurde", spreche fuer sich, sagte der Papst in
Rom.

Die Gemeinsame offizielle Feststellung, mit der die Gemeinsame
Erklaerung zur Rechtfertigungslehre bestaetigt wurde, unterschrieben
insgesamt zehn Vertreter des Lutherischen Weltbundes und der
roemisch-katholischen Kirche. Zuerst unterzeichneten Landesbischof
Christian Krause, LWB-Praesident, und Kardinal Edward Idris Cassidy,
Praesident des Paepstlichen Rates zur Foerderung der Einheit der
Christen. Im Anschluss unterzeichneten Dr. Ishmael Noko,
Generalsekretaer des LWB, und Bischof Walter Kasper, Sekretaer des
Paepstlichen Rates zur Foerderung der Einheit der Christen. Als sich
beide nach der Unterzeichnung herzlich umarmten, spendeten die ueber 700
Teilnehmer des Gottesdienstes begeistert Beifall. Im Anschluss
unterzeichneten die Vizepraesidentinnen und Vizepraesidenten des LWB,
Dr. Sigrun Mogedal aus Norwegen, Parmata Abasu Ishaya aus Nigeria,
Pfarrerin Dr. Prasanna Kumari aus Indien, Bischof Dr. Julius Filo aus
der Slowakischen Republik, Kirchenpraesident Huberto Kirchheim aus
Brasilien und Bischof H. George Anderson aus den USA.

Dem Gottesdienst und der feierlichen Unterzeichnung waren eine Statio im
Dom Augsburgs mit ueber 1200 Gaesten und Teilnehmern und eine Prozession
vorausgegangen. Mehr als 2.000 Glaeubige, unter ihnen ueber 50 Bischoefe
und viele Vertreter der weltweiten Oekumene, zogen in einer bewegenden
Prozession vom Dom durch die Innenstadt Augsburgs bis zur evangelischen
St. Annakirche. Die Strassen saeumten hunderte Zuschauer. Die gesamte
Zeremonie wurde in ein Zelt auf dem Augsburger Rathausplatz uebertragen,
das mit weit ueber 2.000 Zuschauern voellig ueberfuellt war.

In ihren Grussworten waehrend der Statio im Dom der Fuggerstadt hoben
die regionalen Kirchenvertreter die Bedeutung der Unterzeichnung fuer
Augsburg hervor. Der Augsburger Bischof, Dr. Viktor Josef Dammertz,
wuerdigte die Gemeinsame Erklaerung als wichtigen Schritt auf dem Weg
zur Einheit, "nach der wir uns alle sehnen". An der
geschichtstraechtigen Stelle beginne nun "der Weg der Besinnung und der
Umkehr", so der Bischof. Oberkirchenrat Dr. Ernst Oeffner, Kreisdekan
von Augsburg und Schwaben, wertete die Gemeinsame Erklaerung als
"Doppelpunkt", der Dialog muesse nun weitergehen. Ziele seien mehr
gemeinsame Gottesdienste, auch an Sonntagen, und die
Eucharistiegemeinschaft, zunaechst zumindest die gegenseitige Einladung
zum Mahl am Tisch des Herrn, so Oeffner.

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 128 Mitgliedskirchen, denen rund 58 der 61,5 Millionen
Lutheraner und Lutheranerinnen in 70 Laendern angehoeren. Das
LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine
enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und
anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "lwi"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden.

***
Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
E-mail: dmg@lutheranworld.org
http://www.lutheranworld.org/


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