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Gemeinsame Erklaerung ist ein "Dokument des Friedens"


From FRANK_IMHOFF.parti@ecunet.org (FRANK IMHOFF)
Date 10 Nov 1999 14:06:59

Augsburg (Deutschland)/Genf, 29.10.1999 (lwi) - Die Gemeinsame
Erklaerung zur Rechtfertigungslehre, die am Sonntag, 31.10.1999, in
Augsburg vom Lutherischen Weltbund und der roemisch-katholischen Kirche
unterzeichnet wird, ist ein "Dokument des Friedens". Das hob Dr. Ishmael
Noko, Generalsekretaer des Lutherischen Weltbundes (LWB), auf einer
Pressekonferenz vor ueber 100 Journalisten anlaesslich der
Unterzeichnung der Erklaerung in Augsburg hervor. Die Lehre der
Rechtfertigung durch den Glauben ruft alle auf, die getauft sind, sich
am Aufbau einer Gemeinschaft zu beteiligen, ueber alle Grenzen hinweg,
die zwischen Nationen, ethnischen Gruppen, Geschlechtern und
Generationen bestehen, sagte Noko. Die Gemeinsame Erklaerung stelle
einen bedeutenden Beitrag dar zur Schaffung einer "Kultur des Friedens".

Als "wirklich historisches Ereignis" wertete Kardinal Edward Idris
Cassidy, Praesident des Paepstlichen Rates zur Foerderung der Einheit
der Christen, die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklaerung. Er sei
froh, in die Entstehung der Erklaerung einbezogen gewesen zu sein und
freue sich auf die Unterzeichnung. Mit diesem Schritt wuerden Grenzen
und Barrieren zwischen Lutheranern und Katholiken ueberwunden, die vor
ueber 400 Jahren im Zentrum des Streites zwischen Reformatoren und
Katholiken standen und zur Kirchenspaltung gefuehrt haben, sagte
Cassidy. Nun sei eine Tuer geoeffnet, auch wenn weiterhin viele Fragen
noch offen sind, die im Moment als unloesbar erscheinen. Cassidy hob
hervor, dass sich vor 30 Jahren aber auch niemand eine solche Gemeinsame
Erklaerung zur Rechtfertigung haette vorstellen koennen.

Auch Landesbischof Christian Krause, Praesident des Lutherischen
Weltbundes, hob die Bedeutung der Gemeinsamen Erklaerung hervor. Sie sei
ein "erster Schritt, ein Fundament, auf dem Lutheraner und Katholiken
aufbauen koennen". Fuer Krause stellt die Unterzeichnung der Gemeinsamen
Erklaerung allerdings keinen "Endpunkt" des Prozesses dar, sie "ist nur
eine Etappe, wo wir anhalten und uns in ganz wichtiger und
entscheidender Weise die Haende reichen." Fuer Krause sind in der
Erklaerung selbst viele Fragen aufgeworfen, die es jetzt zu loesen
gelte. Er raeumte ein, dass die Hoffnungen, die sich mit diesem Prozess
verbinden, "auf beiden Seiten unterschiedlich sein moegen". Doch er
hoffe, sagte Krause, dass auf der Grundlage der Gemeinsamen Erklaerung
eine "gegenseitige gastweise Teilnahme am Abendmahl" moeglich werde.

Fuer Bischof Dr. Walter Kasper, Sekretaer des Paepstlichen Rates zur
Foerderung der Einheit der Christen, steht nach der Einigung in
Grundfragen der Rechtfertigung jetzt im Vordergrund, die
Rechtfertigungslehre in die Sprache von heute zu uebersetzen, nachdem im
16.Jahrhundert der Streit in der Sprache des 16. Jahrhunderts gefuehrt
wurde. Jungen Menschen muesse vermittelt werden, dass sie von Gott
angenommen werden unabhaengig von ihren Taten. Eine moderne Sprache sei
deswegen noetig, betonte Kasper, damit die Menschen von heute die
Rechtfertigung ebenso bewegt wie die Menschen im 16. Jahrhundert. Kasper
bewertete die Unterschiede zwischen Katholiken und Lutheranern heute
"als gar nicht mehr so gross".

Kardinal Cassidy kuendigte an, dass Papst Johannes Paul II. "in den
naechsten Tagen" eine Stellungnahme zur Gemeinsamen Erklaerung abgeben
werde. Dass die hoechsten kirchlichen Gremien die Gemeinsame Erklaerung
bestaetigt haetten, sei ein Beweis fuer deren grosse Bedeutung, dies sei
bei anderen oekumenischen Dokumenten bisher nicht der Fall gewesen,
sagte Cassidy. Fuer ihn bestand die Aufgabe nicht darin, ueber Luther
oder das Konzil von Trient zu urteilen, sondern auszulegen, was
Lutheraner und Katholiken heute in einer "weniger problematischen
Situation" zur Rechtfertigungslehre zu sagen haben. Zu dem im Jahr 2000
angekuendigten Ablass der katholischen Kirche sagte Cassidy, dass dieser
nicht als Widerspruch zur Gemeinsamen Erklaerung zu sehen sei. Fuer ihn
sei ein Jubeljahr allerdings ohne einen Ablass nicht vorstellbar.
Landesbischof Krause hob die Bemuehungen der katholischen Dialogpartner
hervor, zu erklaeren, was mit diesem Ablass gemeint sei. Fuer Lutheraner
wuerden sich mit einem Ablass allerdings Assoziationen verbinden, die
sehr "beschwerlich" seien. Lutheraner haetten Bedenken gegen den Begriff
Ablass. Im weiteren Dialog sei das ein "ganz wichtiger Punkt", betonte
Krause.

Die Gemeinsame Erklaerung zur Rechtfertigungslehre, die am Sonntag,
31.12.1999, durch die Unterzeichnung der Gemeinsamen offiziellen
Feststellung und ihres Anhangs in Augsburg offiziell vom Lutherischen
Weltbund und der roemisch-katholischen Kirche bestaetigt wird, soll eine
400jaehrige Auseinandersetzung um die Rechtfertigungslehre beenden.
Beide Dialogpartner erkennen an, dass ein "Konsens in Grundwahrheiten
der Rechtfertigungslehre" gefunden sei und die im 16. Jahrhundert
ausgesprochenen Lehrverurteilungen in Bezug auf die
Rechtfertigungslehre, so wie sie in der Gemeinsamen Erklaerung
festgeschrieben worden ist, nicht mehr zutreffen.

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 128 Mitgliedskirchen, denen rund 58 der 61,5 Millionen
Lutheraner und Lutheranerinnen in 70 Laendern angehoeren. Das
LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine
enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und
anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "lwi"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
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***
Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
E-mail: dmg@lutheranworld.org
http://www.lutheranworld.org/


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