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Die Zukunft der Theologie liegt in der Oekumene


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Date 14 Jun 2000 10:12:47

LWB-Praesident mahnt Konsequenzen aus der Gemeinsamen Erklaerung an

LWB-Ratstagung in Turku, Finnland, 14.-21. Juni 2000
PRESSEMITTEILUNG NR: 02

Turku (Finnland)/Genf, 14. Juni 2000 (LWI) - Als "das herausragende
Ereignis" seit der Neunten LWB-Vollversammlung 1997 in Hongkong
wuerdigte der Praesident des Lutherischen Weltbundes (LWB), der
Braunschweiger Landesbischof Dr. Christian Krause, die Unterzeichnung
der Gemeinsamen Erklaerung zur Rechtfertigungslehre durch den
Lutherischen Weltbund und die roemisch-katholische Kirche am 31. Oktober
1999 in Augsburg. Sie sei an der Schwelle zum neuen Millennium ein
"wichtiges Zeichen", denn die "Zukunft der Theologie liege in der
Oekumene", betonte der LWB-Praesident.

In seiner Ansprache vor insgesmt rund 200 TeilnehmerInnen der
diesjaehrigen LWB-Ratstagung betonte Krause, dass sich der LWB auf
halbem Wege zwischen der Neunten und Zehnten Vollversammlung befinde und
es Zeit fuer ein "Zwischenbilanz" sei. Die Ratstagung findet auf
Einladung der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands vom 14. bis 21.
Juni im westfinnischen Turku statt und steht unter dem Thema: "Ich gebe
euch Zukunft und Hoffnung."

Die feierliche Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklaerung in Augsburg,
Deutschland, habe ein nationales und internationales Presseecho gefunden
wie kein anderes kirchliches Ereignis der letzten Jahrzehnte, so
LWB-Praesident Krause. Nachdem sich die Kirchengemeinden an
oekumenischen Veranstaltungen und Gottesdiensten beteiligt haetten,
wuerden sie nun "berechtigt auf Konsequenzen im praktischen Leben ihrer
Kirchen" draengen, so Krause.

Da alte Konfliktlinien an Beudeutung verlieren, waere nun eine neue
Qualitaet des Miteinanders zwischen lutherischen und katholischen
Christen moeglich. Dies haetten Begegnungen im Vatikan im Dezember 1999
und im Januar 2000 deutlich gezeigt. Krause betonte, es sei richtig
gewesen, am oekumenischen Gottesdienst zur Eroeffnung der Gebetswoche
fuer die Einheit der Christen am 18. Januar 2000 in Rom teilzunehmen und
so zu zeigen, wie wichtig diese neue Gemeinsamkeit sei.

LWB-Praesident Krause hob hervor, dass die Gemeinsame Erklaerung
erstmals eine "globale Verstaendigung" gewesen sei, an der auch der
Sueden "wesentlich beteiligt war". Bisher sei die oekumenische
Verbindlichkeit kein Thema zwischen den historischen Kirchen der
suedlichen Hemisphaere gewesen, dies habe die Gemeinsame Erklaerung
geaendert. Krause sieht in der Gemeinsamen Erklaerung einen "Prototyp
eines neuen Oekumenismus", der darauf basiere, dass das
Grundverstaendnis der versoehnten Verschiedenheit sich weltweit
duchsetzt.

Als Konsequenzen der Fortentwicklung der Gemeinsamen Erklaerung
formulierte Krause, dass die wissenschaftliche Arbeit an den noch
offenen Fragen fortgesetzt werden muesse. Hierzu gehoere u.a. das
unterschiedliche Amts- und Kirchenverstaendnis. Weiterhin betonte
Krause, dass sich aus der Gemeinsamen Erklaerung pastorale Konsequenzen
ergeben muessten. Gerade mit Blick auf konfessionsverschiedene Ehen und
Familien sei unbedingter Handlungsbedarf gegeben. Die gastweise
Zulassung zum Abendmahl sei eines der "dringendsten pastoralen
Anliegen", sagte Krause. Auch auf der Ebene der ethischen Verantwortung
sei es noetig, sich anzunaehern und die Kraefte zu buendeln.

Krause machte weiterhin deutlich, dass der Lutherische Weltbund sich in
Zukunft staerker als Weltgemeinschaft (Communio) darstellen muesse, denn
die weltweite lutherische Communio sei eine "Kostbarkeit". Der LWB sei
mehr als "eine lockere Foederation regionaler Kirchen. In dieser
Geschlossenheit und Verbindlichkeit liegt die Staerke und Kraft", um
einen Beitrag zur Weiterentwicklung der oekumenischen Theologie zwischen
den historischen Kirchen zu leisten. Um dies zu erreichen, sei es jedoch
unumgaenglich, die Aussenwirkung des LWB durch seine Organe zu erhoehen.

Gerade auf seinen Reisen nach Mittel- und Lateinamerika sowie nach
Ostafrika sei ihm deutlich geworden, dass der Lutherische Weltbund "ein
weltweit geachteter und geschaetzter Partner" sei, dem sich die "Tueren
zu allen hohen und hoechsten Aemtern in Staat, Gesellschaft und Kirchen
oeffnen." Um mehr Gemeinschaft zu erreichen, sei es jedoch auch
erforderlich, mehr Beteiligung derer zu ermoeglichen, die zur Communio
gehoeren. Weiterhin muesse, so Krause, eine Kommunikationsstrategie
entwickelt werden, die "der wachsenden Bi- und Multilateralitaet und den
neuen Herausforderungen an eine oekumenische Theologie Rechnung traegt."

In Anlehnung an seine Reise nach Polen im April und nach Ungarn und
Rumaenien im Mai diesen Jahres berichtete Krause, dass ueberall in
Zentral- und Osteuropa ein Erwachen eines neuen Interesses an der
Brueckenfunktion der Kirche zu konstatieren sei. "Nach den geistlichen
Entbehrungen und Unterdrueckungen im Osten sehe ich viele neue
Hoffnungs- und Kulturbruecken zwischen den Kirchen Europas", so Krause.
Er dankte den Schwestern und Bruedern in Osteuropa, dass "sie an ihrem
Glauben in Treue festgehalten" haetten.

Die Oeffnung der Grenzen beinhalte aber auch die Moeglichkeit einer
neuen Partnerschaft mit den orthodoxen Kirchen, denn die "europaeische
Theologie braucht beide Traditionen, die des Westen ebenso wie die des
Osten", betonte Krause.

Angesichts des weltweiten Globalisierungsprozesses, der unter dem Primat
von Technologie und Oekonomie stehe, mahnte Krause zu mehr
Sensibilitaet. Er forderte einen "friedlichen und toleranten Umgang mit
dem Zeit- und Selbstverstaendnis anderer Kulturen und Religionen." Das
Zusammenleben werde massgeblich davon bestimmt sein, "ob wir uns als
Teilhaber, nicht aber als Beherrscher der einen Welt verstehen lernen",
so Krause. Das Recht auf Religionsfreiheit und Freiheit der
Verkuendigung duerfe zu keiner Zeit und an keinem Ort beeintraechtigt
werden.

In seiner Ansprache hob Krause hervor, dass die Laender der suedlichen
Hemisphaere unverkennbar zu den Verlierern der Globalisierung gehoeren,
obwohl in Zukunft die Trennlinie zwischen Arm und Reich nicht mehr
allein zwischen Nord und Sued verlaufen werde. Der Lutherische Weltbund
muesse sich, so Krause, in diesen globalen Prozessen neu positionieren
und weiterhin kontinuierliche Aufbauarbeit leisten, auch wenn ihm die
humanitaeren Einsaetze der LWB-Abteilung fuer Weltdienst oft wie "ein
Tropfen auf den heissen Stein" erscheinen. Die Liberalisierung der
Maerkte und die damit verbundene Erosion sei mit der Gefahr verbunden,
muehsam erzielte Erfolge wieder aufzuheben.

Immer wieder werde jedoch eine Ressource des Menschen unterschaetzt,
unterstrich Krause, die "Faehigkeit zu hoffen". Fuer Krause stellt
Hoffnung ein "unglaublich starkes Kraeftepotential" dar, das selbst in
der groessten Armut und Unterentwicklung Initiativen der Selbstfindung
mobilisiere.

Mit Blick auf die abnehmenden Mitgliederzahlen der Kirchen im Norden und
die wachsende Mitgliedschaft im Sueden sprach Krause von einer
"Verschiebung", die weltweit in der Christenheit stattfinde. Die Kirche
wachse in der Armut, und "in der Armut und im Leid bewaehrt sie ihre
Auffassung von der Wuerde des Menschen vor Gott", wobei die Theologie
des Kreuzes bedeute, dass Gott in die Armut der Menschen gekommen sei,
stellte Krause fest.

Die Kraft des Christentums sei nicht erloschen, darin liege fuer ihn ein
Hoffnungszeichen, dass die "Sache mit Gott" weitergehe, erklaerte
Krause. Fuer ihn sei es grossartig zu sehen, wie gerade junge Menschen
in den Kirchen des Suedens ChristInnen werden. Die Christenheit spreche
in diesem Zusammenhang von Universalitaet, deren Wurzeln in Christus
liegen, der alle Menschen in seine Nachfolge gerufen habe. Im
Zusammenwachsen der Welt zeige sich, so Krause, "dass wir die Bruecken
der oekumenischen Erfahrung brauchen und aktiv nutzen sollten."

An der LWB-Ratstagung vom 14. bis 21. Juni in Turku nehmen rund 155
VertreterInnen der 128 LWB-Mitgliedskirchen aus 70 Laendern und 46
Mitarbeiter der Ortskirche, UebersetzerInnen, Stewards, Pressevertreter
und Gaeste teil. Der jaehrlich tagende LWB-Rat ist das hoechtse Gremium
zwischen den alle sechs, bzw. sieben Jahren stattfindenen
Vollversammlungen des LWB. Er besteht aus einem Praesidenten/einer
Praesidentin und 48 Mitgliedern und wird von der Vollversammlung
gewaehlt.

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 128 Mitgliedskirchen, denen knapp 59,5 der weltweit 63,1
Millionen Lutheraner und Lutheranerinnen in 70 Laendern angehoeren. Das
LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine
enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und
anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden.

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Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Gr”tzsch
E-mail: dmg@lutheranworld.org
http://www.lutheranworld.org/


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