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LutheranerInnen fordern Schuldenerlass fuer die aermsten Laender


From FRANK.IMHOFF@ecunet.org
Date 21 Jun 2000 12:04:43

       der Welt
Botschaft der LWB-Ratstagung in Turku

LWB-Ratstagung in Turku, Finnland, 14.-21. Juni 2000
PRESSEMITTEILUNG NR: 18

Turku (Finnland)/Genf, 21. Juni 2000 (LWI) - Mit einem Aufruf, die hoch
verschuldeten Entwicklungslaender "vom Joch der untragbaren Verschuldung
zu befreien", endete heute in Turku, Finnland, die achttaegige
Ratstagung des Lutherischen Weltbundes (LWB). In der vom Rat
verabschiedeten Botschaft wird gefordert, die auf dem Gipfeltreffen der
Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten (die sieben fuehrenden
Industrienationen der Welt und Russland) 1999 in Koeln, Deutschland,
gemachten politischen Zusagen hinsichtlich einer Verringerung dieser
"niederdrueckenden Buerde" einzuhalten.

Weiterhin forderte das Leitungsgremium von weltweit knapp 60 Millionen
LutheranerInnen, dass zusaetzlich Anstrengungen unternommen werden
muessten, nach einer dauerhaften und gerechten Loesung "fuer die durch
die Verschuldung verursachte fortdauernde menschliche Tragoedie" zu
suchen. Die Regierungen der Schuldner- wie auch der Glaeubigerlaender
muessten Massnahmen ergreifen, so die Botschaft, die verhindern, "dass
auf undemokratische, unproduktive und korrupte Art Schulden gemacht
werden."

In einem heute veroeffentlichten Brief an die Staats- und
Regierungschefs der G8-Staaten forderte der LWB-Generalsekretaer, Dr.
Ishmael Noko, den hoch verschuldeten aermsten Laendern der Welt und den
anderen armen Laendern die nicht tilgbaren Schulden "unverzueglich und
in voller Hoehe zu erlassen". Mit Blick auf das G8-Gipfeltreffen vom 21.
bis 23. Juli in Okinawa, Japan, erklaerte Noko, dass die 1999 in Koeln
gegebenen Zusagen nur Versprechen geblieben seien. Im Rahmen der von
Kirchen und zahlreichen Organisationen getragenen Kampagne Erlassjahr
2000 forderte der LWB-Generalsekretaer die G8-Staaten auf, "ueber reine
Rhetorik und halbherzige Massnahmen hinauszugehen" und die Schulden der
aermsten Laender der Welt zu tilgen.

Nur einem einzigen Land, Uganda, wurde ein Teil seiner Schulden
erlassen, so Noko in seinem Schreiben, "und auch in diesem Fall nur die
Haelfte." Fuer das Gipfeltreffen im Juli in Okinawa regte der
LWB-Generalsekretaer an, die Delegierten der sogenannten G77-Laender und
die VertreterInnen der Organisation fuer afrikanische Einheit
einzuladen, damit die Botschaft dieser Entwicklungslaender "klar gehoert
wird". Noko erklaerte, er "hoffe und bete", dass diesen Laendern diese
Moeglichkeit geboten werde.

In Zukunft sollten Regierungen keine Kredite mehr ohne klare und
spezifische Kenntnis und ohne klaren und spezifischen Auftrag der
Bevoelkerung aushandeln koennen, denn die Bevoelkerung haette letztlich
die Last der Schuldentilgung zu tragen, so Noko. Der Lutherische
Weltbund und Millionen Menschen wuerden erwarten, erklaerte der
LWB-Generalsekretaer, dass diese letzte Gelegenheit im Erlassjahr von
den G8-Staaten nicht ungenutzt bleibt.

In der heute verabschiedeten Botschaft der LWB-Ratstagung erklaeren die
Ratsmitglieder weiterhin, dass mit der Unterzeichnung der Gemeinsamen
Erklaerung zur Rechtfetigungslehre am 31. Oktober 1999 in Augsburg,
Deutschland, ein entscheidender oekumenischer Durchbruch gelungen sei,
"der unserer Hoffnung in Christus Ausdruck verleiht". Es sei ermutigend,
so die Botschaft, dass die LWB-Mitgliedskirchen immer engere Beziehungen
zu roemisch-katholischen ChristInnen aufbauen und die Dringlichkeit des
Strebens nach sichtbareren Zeichen der Einheit erkennen, wie sie durch
die gegenseitige eucharistische Gastbereitschaft gegeben waere.

In der Botschaft des LWB-Rates wird nochmals Bezug genommen auf die
zahlreichen Diskussionsthemen der Ratstagung. Religioese Intoleranz,
Gewalt gegen Frauen, die alarmierende und immer groesser werdende Kluft
zwischen Arm und Reich, bewaffnete Konflikte und die ethische
Problematik des Konzepts der bewaffneten Intervention zum Schutz der
Menschenrechte seien Probleme, in denen die Zerbrochenheit der Welt zum
Tragen kommt.

Die LWB-Ratstagung fand vom 14. bis 21. Juni im westfinnischen Turku
statt. Sie stand unter dem Motto: "Ich gebe euch Zukunft und Hoffnung".
Die gastgebende Evangelisch-Lutherische Kirche Finnlands (ELKF) gehoerte
1947 zu den Gruendungsmitgliedern des Lutherischen Weltbundes, heute hat
sie rund 4,4 Millionen Mitglieder.

An der LWB-Ratstagung nahmen rund 155 VertreterInnen der 128
LWB-Mitgliedskirchen aus 70 Laendern und 46 MitarbeiterInnen der
Ortskirche, UebersetzerInnen, Stewards, Pressevertreter und Gaeste teil.
Der jaehrlich tagende LWB-Rat ist das hoechste Gremium zwischen den alle
sechs, bzw. sieben Jahren stattfindenden Vollversammlungen des LWB. Er
besteht aus einem Praesidenten/einer Praesidentin und 48 Mitgliedern und
wird von der Vollversammlung gewaehlt.

Im Folgenden finden Sie den vollen Wortlaut der LWB-Ratstagung vom 14.
bis 21. Juni 2000 in Turku, Finnland:

Botschaft
LWB-Rat
Turku, Finnland, 14.-21. Juni 2000

Gott verheisst uns: "Ich gebe euch Zukunft und Hoffnung"

Am Anbruch des dritten Jahrtausends der christlichen Zeitrechnung tritt
der Rat des Lutherischen Weltbundes in der Stadt Turku in Finnland
zusammen, deren Kathedrale seit 700 Jahren das geistliche Zentrum dieses
Landes ist. Wir danken den Mitgliedern der Evangelisch-Lutherischen
Kirche Finnlands, die uns in diesen Tagen grosse Gastfreundschaft
erwiesen haben. Unsere gemeinsame Teilnahme an Gottesdiensten, Gebet und
den Feierlichkeiten zum neuen Jahrtausend hat uns inspiriert. Wir
gruessen die sechzig Millionen LutheranerInnen ueberall auf der Welt,
die zu dieser lutherischen Weltgemeinschaft gehoeren, mit dem Wort
Gottes: "Denn ich weiss wohl, was ich fuer Gedanken ueber euch habe,
Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft
und Hoffnung." (Jer. 29,11)

Im Zentrum unseres christlichen Glaubens und der daraus erwachsenden
Hoffnung steht die Menschwerdung des Gottessohnes, und rund um die Welt
feiern Kirchen das Jubilaeumsjahr im Gedenken an die Geburt unseres
Erloesers Jesus Christus. In Christus wurde Gott uns gleich, damit wir
lebendige Gemeinschaft mit unserem Schoepfer und miteinander haben
koennen. Christi Leben, Tod und Auferstehung geben der Menschheit und
der ganzen Schoepfung neues Leben und neue Hoffnung.

Ein entscheidender oekumenischer Durchbruch, der unserer Hoffnung in
Christus Ausdruck verleiht, wurde im vergangenen Jahr mit der
Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklaerung zur Rechtfertigungslehre durch
die roemisch-katholische Kirche und den Lutherischen Weltbund erzielt:
"Allein aus Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht auf Grund
unseres Verdienstes, werden wir von Gott angenommen und empfangen den
Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert und uns befaehigt und aufruft
zu guten Werken." Es hat uns ermutigt, zu erfahren, wie unsere
Mitgliedskirchen immer engere Beziehungen zu roemisch-katholischen
ChristInnen aufbauen und die Dringlichkeit des Strebens nach
sichtbareren Zeichen der Einheit durch die gegenseitige eucharistische
Gastbereitschaft erkennen.

Bei der diesjaehrigen Ratstagung wurde ein Aktionsplan zur Weiterarbeit
nach dieser Uebereinkunft behandelt, ausgehend von der in der
Gemeinsamen Erklaerung eingegangenen Verpflichtung: "Die lutherischen
Kirchen und die roemisch-katholische Kirche werden sich weiterhin
bemuehen, das gemeinsame Verstaendnis [der Rechtfertigung] zu vertiefen
und es in der kirchlichen Lehre und im kirchlichen Leben fruchtbar
werden zu lassen." Gleichzeitig fuehren wir die Beziehungen zu vielen
anderen oekumenischen Partnern fort, von denen einige auf unserer Tagung
auch Grussworte ueberbracht haben.

Derselbe Glaube an Christus, der unsere oekumenischen Bemuehungen und
unser oekumenisches Engagement inspiriert, ist auch in der christlichen
Liebe wirksam, die uns zu Zeugnis und Dienst in der Welt bewegt. Das
Versoehnungswerk Christi ruft uns zur Versoehnung miteinander. Das freie
Geschenk der Rechtfertigung, das uns Gott gibt, macht uns zu
TeilhaberInnen an Gottes Mission in der Welt und verpflichtet uns zur
gegenseitigen Vergebung und zum Kampf gegen die ungerechten
Verhaeltnisse, in denen wir, und die ganze Welt, gefangen sind. Die sich
wandelnden Kontexte der modernen Welt fordern uns wiederum heraus,
unseren praktischen Umgang mit Mission erneut zu ueberpruefen.

Viele der Probleme, in denen die Zerbrochenheit der Welt zum Tragen
kommt, hat der Rat in den vergangenen Tagen behandelt, so religioese
Intoleranz, Gewalt gegen Frauen, die alarmierende und immer groesser
werdende Kluft zwischen Arm und Reich, bewaffnete Konflikte und die
ethische Problematik des Konzepts der bewaffneten Intervention zum
Schutz der Menschenrechte. Die Auswirkungen der wirtschaftlichen
Globalisierung werden Thema einer neuen theologischen Studie sein.

Wir setzen uns fuer eine Staerkung der Rolle von Frauen und jungen
Menschen in Kirche und Gesellschaft ein, wissen jedoch, wieviel auf
beiden Gebieten noch zu tun bleibt. Im Umgang mit all diesen
grundlegenden Fragen sind wir trotz alledem erfuellt von der Hoffnung,
die sich auf Christi Botschaft des Heils und der Gerechtigkeit stuetzt.

In diesem Gefuehl der Hoffnung rufen wir in diesem Erlassjahr erneut
dazu auf, die hoch verschuldeten Entwicklungslaender vom Joch der
untragbaren Verschuldung zu befreien. Es sind politische Zusagen
hinsichtlich einer Verringerung dieser niederdrueckenden Buerde, die auf
den Aermsten der Armen lastet, gemacht worden, wir fordern jedoch eine
echte Umsetzung dieser Zusagen und zusaetzliche Anstrengungen seitens
der Voelkergemeinschaft bei der Suche nach einer dauerhaften und
gerechten Loesung fuer die durch die Verschuldung verursachte
fortdauernde menschliche Tragoedie. Weiterhin fordern wir die
Regierungen der Schuldner- wie auch der Glaeubigerlaender auf,
Massnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass auf undemokratische,
unproduktive und korrupte Art Schulden gemacht werden.

Bei aller Verschiedenheit unserer Kulturen, Nationalitaeten und Sprachen
war unsere Tagung und unser Miteinander in diesen Tagen ein sichtbares
Zeichen der Gemeinschaft, die die Mitgliedskirchen des Lutherischen
Weltbundes untereinander verbindet, und hat uns ein besseres
Verstaendnis dieser unserer Gemeinschaft von lutherischen Kirchen
innerhalb der weltweiten christlichen Communio vermittelt. In einer
Welt, in der Globalisierung und Fragmentierung gleichermassen
fortschreiten, gibt uns die Erfahrung dieser weltweiten Gemeinschaft
Hoffnung und Kraft fuer unseren Dienst als Kirchen und unser Zeugnis in
der Gesellschaft.

Es sege uns der allmaechtige und barmherzige Gott, jetzt und in
Ewigkeit.

Turku, Finnland, im Juni 2000

Der Rat des Lutherischen Weltbundes

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 128 Mitgliedskirchen, denen knapp 59,5 der weltweit 63,1
Millionen Lutheraner und Lutheranerinnen in 70 Laendern angehoeren. Das
LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine
enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und
anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden.

***
Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
E-mail: dmg@lutheranworld.org
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