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Vatikan-Erklärung "Dominus Iesus" sorgt für Unmut
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Date
07 Oct 2000 09:30:48
8. Oktober 2000
Adventistischer Pressedienst (APD)
Christian B. Schaeffler, Chefredakteur
Fax +41-61-261 61 18
APD@stanet.ch
http://www.stanet.ch/APD
CH-4003 Basel, Schweiz
Vatikan-Erklärung "Dominus Iesus" sorgt für Unmut
Basel, Schweiz - Für die Siebenten-Tags-Adventisten
bringe die römisch-katholische Erklärung "Dominus Iesus"
der Kongregation für die Glaubenslehre nicht Neues,
betonte der Direktor für Zwischenkirchliche Beziehungen
bei der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung) der
Freikirche, Dr. Bert B. Beach, Silver Spring,
Maryland/USA. "Die römisch-katholische Kirche hat die
Protestanten nie als Kirche anerkannt. Ungeachtet ihres
jahrelangen, zwischenkirchlichen Dialogs bestand immer
ihr Anspruch, die einzige wahre Kirche zu sein." Wer sich
von dem seit einigen Jahrzehnten zunehmenden ökumenischen
Engagement der römisch-katholischen Kirche etwas anderes
erhofft habe, müsse jetzt enttäuscht sein. Nach Beach
könnten derartige Bemühungen nur "als sich vereinen unter
dem grossen Schirm der römisch-katholischen Kirche"
verstanden werden.
Dr. Gerhard Pfandl (Silver Spring, Maryland/USA),
stellvertretender Direktor des Biblischen
Forschungsinstituts der Generalkonferenz, sieht in der
Erklärung "einen kühnen Schritt, um dem Postmodernismus
und Pluralismus innerhalb der katholischen Kirche
entgegenzuwirken". Das Dokument sei der Versuch,
bestimmten katholischen Theologen Zügel anzulegen, weil
sie die vom Papsttum vorgegebenen Grenzen ökumenischer
Bestrebungen überschritten hätten oder dabei seien, dies
zu tun. Die Erklärung "Dominus Iesus" richte sich daher
mehr an die eigenen Theologen als an andere religiöse
Gemeinschaften.
Pastor Bruno Liske, Ostfildern bei Stuttgart, sagte als
Vorsitzender der Gemeinschaft der Siebenten-Tags-
Adventisten in Deutschland und Vorsteher des Süddeutschen
Verbandes der Freikirche: "Der Exklusivanspruch Roms, die
einzige wahre Kirche zu sein, ist biblisch nicht
vertretbar und sollte allen christlichen Kirchen die
Augen öffnen." Die Erklärung "Dominus Iesus" schaffe
nicht nur für Katholiken, sondern auch für andere
Christen Klarheit. Einheit dürfte es bei solch einer
Selbsteinschätzung des Vatikans nur durch eine Rückkehr
zur "Mutterkirche" geben.
Mit der bereits am 16. Juni 2000 von Papst Johannes Paul
II. bestätigten und zur Veröffentlichung angeordneten
Erklärung "Dominus Iesus" wandte sich die Kongregation
für die Glaubenslehre gegen einen religiösen Relativismus
und betonte die Einzigartigkeit und Universalität von
Christus und der Kirche gegenüber anderen Religionen.
Zugleich wurde auch das Verständnis der römisch-
katholischen Kirche innerhalb des Christentums
formuliert. Das Dokument wendet sich gegen Vorstellungen,
als wäre die eigentliche Kirche Christi nur die Summe von
Kirchen und christlichen Gemeinschaften. Es gebe nur eine
einzige Kirche Christi, die in ganzer Fülle in der
katholischen und vom Papst und den Bischöfen geleiteten
Kirche fortlebe, so die Kongregation in der 32-seitigen
Verlautbarung. Trotz der Spaltung der Christen fänden
sich auch in den anderen Kirchen und Gemeinschaften
"vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit".
Das gelte insbesondere für die Kirchen, die einen
gültigen Episkopat und das ursprüngliche
Eucharistieverständnis besässen, auch wenn sie den Papst-
Primat nicht anerkennten. Gemeint sind die orthodoxen
Kirchen, in denen die "Kirche Christi gegenwärtig und
wirksam" sei. Die anderen kirchlichen Gemeinschaften, wie
Anglikaner, Lutheraner, Reformierte oder Freikirchler,
seien dagegen "nicht Kirchen im eigentlichen Sinn".
Allerdings stünden deren getaufte Mitglieder in gewisser,
wenn auch nicht vollkommener Gemeinschaft mit der Kirche.
Gegenüber anderen Religionen stellt das Vatikan-Papier
fest: Es gebe nur eine einzige göttliche Heilsordnung,
nämlich die christliche, und die sei "unüberholbar". Nur
Jesus von Nazareth sei der Sohn Gottes, der universale
Mittler und Erlöser, der durch seine Menschwerdung,
seinen Tod und seine Auferstehung die Heilsgeschichte zur
Vollendung gebracht habe. Andere Mittlertätigkeiten
würden nicht ausgeschlossen, hätten jedoch nur in
Verbindung mit der Mittlerschaft Christi einen Wert.
Aufgabe der Kirche sei es, allen Menschen die von Gott
endgültig geoffenbarte Wahrheit zu verkünden und sie zur
Bekehrung zu Christus und zur Zugehörigkeit zur Kirche
aufzurufen.
In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Focus"
bestätigte der Präfekt der vatikanischen
Glaubenskongregation, Joseph Kardinal Ratzinger, dass
Katholiken davon überzeugt seien, dass die Kirche Christi
"in ihrer Grundform in der katholischen Kirche gegeben
ist". Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,
Karl Lehmann, verteidigte in einem Interview mit der
"Welt am Sonntag" die Erklärung "Dominus Iesus" als
längst überfällig. Er mache zuweilen "falsche
Höflichkeiten im ökumenischen Gespräch und Miteinander"
aus. "Ökumenische Euphorie", die das Trennende in seinen
tieferen Gründen übersehe, sei kein guter Weg. Allein bei
Zeitpunkt und Form des Dokuments hätte er sich mehr
Sensibilität gewünscht.
Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, sprach von "einem
Rückschlag für das ökumenische Miteinander in versöhnter
Verschiedenheit". Die Zeichen aus Rom stünden auf
Stillstand. Die Erklärung der Glaubenskongregation
verfestige das traditionelle Selbstverständnis der
römisch-katholischen Kirche. Dennoch werde die Zukunft
der Kirche "eine ökumenische" sein. Der Catholica-
Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen
Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Johannes
Friedrich, München, betonte: "Als Lutheraner betrachte
ich uns keineswegs als Kirche zweiter Klasse." Das
Konfessionskundliche Institut des Evangelischen Bundes,
Bensheim, sieht in dem vatikanischen Dokument mehr als
nur eine diplomatische Unhöflichkeit, "sondern Angst vor
einem echten Dialog auf gleicher Augenhöhe". Auch die
grösste Freikirche Deutschlands, der Bund Evangelisch-
Freikirchlicher Gemeinden, kritisierte "Dominus Iesus".
Bundesdirektor Lutz Reichardt unterstrich, dass nach dem
Neuen Testament überall da Kirche sei, wo Menschen in
Christi Namen zusammenkämen. "Aufgrund dieser elementaren
Zusage Jesu sind wir weiter unbekümmert Freikirche." Der
Bischof der Alt-katholischen Kirche in Deutschland,
Joachim Vobbe, sieht in der vatikanischen Erklärung einen
erneuten Versuch, "alle anderen Kirchen zur ‚Rückkehr'
nach Rom zu bewegen".
Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) hat die Erklärung
des Vatikans bedauert. Es sei eine Tragödie, wenn das
gemeinsame christliche Zeugnis durch Diskussionen der
Kirchen über ihren Status und ihre Autorität in den
Hintergrund gedrängt werde. Der Generalsekretär des
Lutherischen Weltbundes (LWB), Ishmael Noko, sagte: "Wir
sind enttäuscht, dass 35 Jahre ökumenischer Dialog
zwischen Katholiken und Lutheranern offensichtlich keine
Berücksichtigung gefunden haben." Der Inhalt der
Erklärung sei umso schmerzlicher, da er einen anderen
Geist erkennen liesse als den, der in vielen anderen
lutherisch/römisch-katholischen Beziehungen anzutreffen
sei. Das Dokument "Dominus Iesus" werfe die ökumenischen
Bemühungen um 40 Jahre zurück, meinte der Generalsekretär
des Reformierten Weltbundes (RWB), Setri Nyomi. Er selbst
habe bis jetzt immer geglaubt, dass die Christenheit seit
dem II. Vatikanischen Konzil Fortschritte in den
gegenseitigen Beziehungen gemacht hätten. Der
anglikanische Primas und Erzbischof von Canterbury,
George Carey, kritisierte, dass die katholische Kirche
den Anglikanern den vollen kirchlichen Charakter
abspreche. Dabei reflektiere die vatikanische Erklärung
nicht ausreichend das "tiefe Verständnis", das während
der vergangenen 30 Jahre im ökumenischen Dialog und in
gemeinsamer Arbeit erreicht worden sei.
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