From the Worldwide Faith News archives www.wfn.org
Erster Jahrestag der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklaerung
From
franki@elca.org
Date
26 Oct 2000 05:59:51
zur Rechtfertigungslehre
LWB-Generalsekretaer Noko: Oekumenische Bemuehungen muessen
fortgesetzt werden
Genf, 24. Oktober 2000 (LWI) - In einer Erklaerung aus Anlass des
ersten Jahrestages der Unterzeichnung der Gemeinsamen offiziellen
Feststellung (GoF) und der Gemeinsamen Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre (GER) betonte heute der Generalsekretaer des
Lutherischen Weltbundes (LWB), Dr. Ishmael Noko, dass die Hoffnung
bewahrt werden muesse, "dass in der Zukunft das gemeinsame Abendmahl
Realitaet wird, als Folge gemeinsamen Glaubens und gemeinsamer
Teilhabe an Gottes rechtfertigender Gnade."
Mit der Unterzeichnung der GER am 31. Oktober 1999 in Augsburg
erzielten LutheranerInnen und KatholikInnen nach einem ueber
30jaehrigen Dialog ein historisches Uebereinkommen in einem
Lehrstreit, der entscheidend zur Kirchenspaltung des 16. Jahrhunderts
beigetragen hatte.
Beide Dialogpartner bestaetigten in der GER, dass die damaligen
Lehrverurteilungen die jeweilige Lehre der Partner, wie sie in diesem
Dokument dargestellt ist, nicht treffen. Zum ersten Mal in ihrer
Geschichte stimmte die katholische Kirche damit offiziell und
verbindlich einem Dialogergebnis zu. Das Ziel des Dialogs zwischen
den Konfessionen ist nicht die Uniformitaet, sondern eine Einheit in
bereichernder Vielfalt.
LWB-Generalsekretaer Noko erklaerte, dass es trotz der erzielten
Uebereinstimmung in Fragen der Rechtfertigungslehre weiterhin
"substantielle Differenzen" hinsichtlich des Kirchen- und
Amtsverstaendnisses gebe. Einige dieser Differenzen seien vor kurzem,
aufgrund der von der Kongregation fuer die Glaubenslehre vorgelegten
Erklaerung "Dominus Iesus" und der auf ihre Veroeffentlichung
folgenden lebhaften Diskussionen, wieder deutlich geworden, so Noko.
Dieses Dokument enthalte jedoch keine theologischen Neuerungen,
"sondern erinnert uns recht drastisch daran, wie weit wir noch
entfernt sind von einer 'Uebereinstimmung in Grundwahrheiten' zur
Kirche und ihrem Amt, trotz einer grundlegenden Uebereinstimmung beim
Verstaendnis der Erloesung", betonte Noko in seiner Erklaerung zum
Jahrestag der Unterzeichnung der GER.
Er begruesse, so LWB-Generalsekretaer Noko, "dass Vertreter des
Vatikans kuerzlich deutlich betont haben, dass die Erklaerung
'Dominus Iesus' seitens der roemisch-katholischen Kirche kein
'Monopol auf Erloesung' zum Ausdruck bringt."
Es sei Grund zur Freude, sich an die bedeutsame oekumenische Tatsache
erinnern zu lassen, "dass wir trotz allem in der Erloesung vereint
sind, die uns als Gottes hoechste Gabe gemeinsam ist", betonte Dr.
Ishmael Noko. Entschlossen sollte an der Hoffnung festgehalten
werden, dass der fortgesetzte Dialog gemeinsam mit der
wissenschaftlich theologischen Arbeit einen Beitrag leisten werde "zu
einer wachsenden oekumenischen Uebereinstimmung darueber, was unsere
Erloesung als Gottes Werk in Christus und dem Heiligen Geist fuer ein
verstaerkt oekumenisches Verstaendnis der Kirche und ihres Amtes
bedeutet."
Im Folgenden finden Sie den vollen Wortlaut der Stellungnahmen von
LWB-Generalsekretaer Dr. Ishmael Noko:
Stellungnahme von Pfr. Dr. Ishmael Noko,
Generalsekretaer des Lutherischen Weltbundes
Erster Jahrestag der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre - Oekumenische Bemuehungen muessen dringend
fortgesetzt werden
Vor einem Jahr vollzogen VertreterInnen des Lutherischen Weltbundes
(LWB) und der roemisch-katholischen Kirche in Augsburg, Deutschland,
einen der anerkannt bedeutendsten oekumenischen Akte des 20.
Jahrhunderts, die feierliche Unterzeichnung der Gemeinsamen
Erklaerung zur Rechtfertigungslehre (GER).
Erstmals seit der Reformation unterzeichneten lutherische Kirchen,
vertreten durch den LWB, und die roemisch-katholische Kirche
gemeinsam ein offizielles Lehrdokument. Das darin behandelte Thema,
naemlich der normgebende Charakter der biblischen Lehre von Gottes
Erloesungstat in Christus fuer das Leben der Kirche, war in den
Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts von vorrangiger Bedeutung.
Zur Reformationszeit war die Auseinandersetzung um diese Lehre
verquickt mit der Kontroverse ueber die Notwendigkeit von Reformen in
der Kirche. Die gegenseitig ausgesprochenen Lehrverurteilungen hatten
insbesondere die Rechtfertigung allein durch Gottes Gnade zum Thema.
Lange Jahre des Dialogs, der Ende der sechziger Jahre zwischen
LutheranerInnen und KatholikInnen begonnen wurde, ergaben, dass beide
Partner trotz allem zu zentralen Lehrgrundsaetzen im Zusammenhang mit
der Rechtfertigung ein gemeinsames Verstaendnis bewahrt hatten, auch
wenn weiterhin Differenzen bei der Sicht ihrer normgebenden Rolle
bestanden. Man war sich also einig, dass eine gemeinsame
Uebereinkunft formuliert und offiziell bestaetigt werden sollte.
Die erzielte Einigung wurde nicht als "Verhandlungsergebnis", sondern
als Auflistung von im Dialog geklaerten Lehrsaetzen betrachtet, die
den Lehrpositionen beider Seiten entsprachen und auch weiterhin
entsprechen. Intensive wissenschaftliche Arbeit lutherischer und
roemisch-katholischer TheologInnen stuetzte den Dialogprozess, aus
dem die GER mit dem in ihr zum Ausdruck kommenden "Konsens in
Grundwahrheiten" hervorging. Der Text ist mit zahlreichen Referenzen
auf bedeutende Lehrdokumente (sie werden als "Quellen" bezeichnet)
beider Traditionen belegt.
Auf der Grundlage diese Konsenses wird erklaert, dass die von beiden
Seiten in der Reformationszeit ausgesprochenen gegenseitigen
Lehrverurteilungen die Lehre beider Partner ueber die Rechtfertigung,
wie sie in der GER dargelegt ist, nicht treffen.
Hinsichtlich des Kirchen- und Amtsverstaendnisses gibt es jedoch
weiterhin substantielle Differenzen. Einige dieser Differenzen sind
vor kurzem, aufgrund der von der Kongregation fuer die Glaubenslehre
vorgelegten Erklaerung "Dominus Iesus" und der auf ihre
Veroeffentlichung folgenden lebhaften Diskussionen, wieder deutlich
geworden.
Dieses Dokument enthaelt keine theologischen Neuerungen, sondern
erinnert uns recht drastisch daran, wie weit wir noch entfernt sind
von einer "Uebereinstimmung in Grundwahrheiten" zur Kirche und ihrem
Amt, trotz einer grundlegenden Uebereinstimmung beim Verstaendnis der
Erloesung.
Einer der wichtigen Streitpunkte ist der "defectus", den die
roemisch-katholische Kirche im Amt der lutherischen Kirche wahrnimmt.
Lutherischerseits kann eine solche Bewertung selbstverstaendlich
nicht akzeptiert werden. Im Blick auf die Erloesung, bzw.
Rechtfertigung sieht die roemisch-katholische Kirche hingegen keinen
solchen "defectus" in der lutherischen Kirche. Ich begruesse, dass
Vertreter des Vatikans kuerzlich deutlich betont haben, dass die
Erklaerung "Dominus Iesus" seitens der roemisch-katholischen Kirche
kein "Monopol auf Erloesung" zum Ausdruck bringt.
Deshalb sollten wir uns am ersten Jahrestag der Unterzeichnung der
GER mit Freude an die bedeutsame oekumenische Tatsache erinnern
lassen, dass wir trotz allem in der Erloesung vereint sind, die uns
als Gottes hoechste Gabe gemeinsam ist. Es ist definitiv eine der
zentralen Aufgaben unseres fortgesetzten Dialogs, zu eroertern,
welche Bedeutung diese Tatsache, die in der GER niedergelegt und
bestaetigt wurde, fuer das Erreichen eines zunehmend gemeinsamen
Verstaendnisses von der Kirche und ihrem Amt haben koennte. Im Rahmen
des lutherisch/roemisch-katholischen Dialogs wurde speziell zu diesem
Thema eine Studie durchgefuehrt, aus der 1995 das Dokument "Church
and Justification"* hervorging. "Dominus Iesus" erinnert uns daran,
wie dringlich es ist, die Bemuehungen in genau diesem Bereich in der
naechsten Zeit fortzusetzen.
Am Jahrestag der Unterzeichnung der GER sollten wir entschlossen an
der Hoffnung festhalten, dass die Bemuehungen unseres fortgesetzten
Dialogs, gemeinsam mit der bedeutenden und relevanten
wissenschaftlichen Arbeit in den Zentren theologischer Forschung,
einen Beitrag leisten werden zu einer wachsenden oekumenischen
Uebereinstimmung darueber, was unsere Erloesung als Gottes Werk in
Christus und dem Heiligen Geist fuer ein verstaerkt oekumenisches
Verstaendnis der Kirche und ihres Amtes bedeutet. In diesem
Zusammenhang muessen wir die Hoffnung bewahren, dass in der Zukunft
das gemeinsame Abendmahl Realitaet wird, als Folge gemeinsamen
Glaubens und gemeinsamer Teilhabe an Gottes rechtfertigender Gnade.
Vereinen wir uns mit realistischem Blick auf die grossen
oekumenischen Aufgaben, die noch vor uns liegen, aber auch
hoffnungsvoll im Vertrauen auf Gott und seine Fuehrung durch den
Heiligen Geist, indem wir uns die Worte des Gebets des Tages zu Eigen
machen, das vor einem Jahr bei der feierlichen
Unterzeichnungszeremonie in der St. Anna-Kirche gesprochen wurde:
Herr Jesus Christ, du bist der sichere Grund, auf dem deine Kirche
gebaut ist. Du allein bist der eine Herr. Lass uns immer mehr
erkennen, dass wir nur durch dich zu Mitgliedern deiner Kirche
werden. Wir bitten dich um die Einheit deiner Kirche, Herr, die alle
Trennungen ueberwindet. Wir preisen dich, der du lebst und regierst
in alle Ewigkeit. Amen.
Genf, 24. Oktober 2000
*(Das Dokument Church and Justification/Kirche und Rechtfertigung
liegt nur in englischer Sprache vor.)
* * *
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 131 Mitgliedskirchen, denen knapp 59,5 der weltweit 63,1
Millionen LutheranerInnen in 72 Laendern angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt
als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen
Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere
Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.
Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die
Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die
mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit
Quellenangabe abgedruckt werden.
***
LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
E-Mail: dmg@lutheranworld.org
Tel.: +41-22-791-6353
Fax: +41-22-791-6630
http://www.lutheranworld.org/
Browse month . . .
Browse month (sort by Source) . . .
Advanced Search & Browse . . .
WFN Home