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"Klima zwischen den Kirchen hat sich spuerbar verbessert"


From franki@elca.org
Date 26 Oct 2000 13:28:56

VELKD-Catholica-Beauftragter, Landesbischof Dr. Friedrich, zu den
Folgen der lutherisch-katholischen "Gemeinsamen Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre"

Muenchen (Deutschland)/Genf, 26. Oktober 2000 (LWI) - Die feierliche
Ratifizierung der lutherisch-katholischen Gemeinsamen Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre (GER) am Reformationstag, 31. Oktober 1999, in
Augsburg hat "das Klima zwischen den Kirchen spuerbar verbessert".
Diese Bilanz zum ersten Jahrestag des "oekumenischen
Jahrhundertereignisses" hat jetzt der bayerische Landesbischof und
Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche
Deutschlands (VELKD), Dr. Johannes Friedrich, gezogen. Die GER habe
weltweit positive Folgen und komme insbesondere den lutherischen
Kirchen in Laendern mit mehrheitlich katholischer Bevoelkerung
zugute, so Friedrich in einem Statement fuer die in Genf erscheinende
Lutherische Welt-Information (LWI).

Als Beispiel nannte der Landesbischof die Situation der lutherischen
Kirche in Nicaragua, die aufgrund der GER von katholischer Seite
erstmals als Partnerkirche anerkannt worden sei. In Bayern habe die
GER zu einer "herzlichen Atmosphaere" zwischen roemisch-katholischen
und evangelisch-lutherischen ChristInnen beigetragen und alle
bestaerkt, die sich fuer die Oekumene engagieren.

Der Catholica-Beauftragte der VELKD unterstrich, dass der
oekumenische Weg "unumkehrbar" sei. Gerade das Echo seitens der
roemisch-katholischen Kirche auf die vatikanische Verlautbarung
"Dominus Iesus" habe dies verdeutlicht. Friedrich: "Ich kenne keine
Verlautbarung aus Rom in den letzten Jahren, die der Oekumene -
gewollt oder ungewollt - einen derart positiven Schub gegeben hat wie
*Dominus Iesus'." Viele katholische Theologen und Bischoefe haetten
die Erklaerung der Roemischen Kongregation fuer die Glaubenslehre zum
Anlass genommen fuer ein entschiedenes Bekenntnis zur Oekumene mit
den lutherischen Kirchen - teilweise "so eindeutig und deutlich" wie
nie zuvor.

Der Landesbischof erinnerte daran, dass die GER die Intensivierung
der lutherisch-katholischen Gespraeche ueber das Kirchen- und
Amtsverstaendnis angemahnt habe. Dieser "notwendige Dialog" stehe
noch am Anfang, koenne aber anknuepfen an die kuerzlich erschienene
Studie "Communio Sanctorum" einer lutherisch-katholischen
Theologenkommission.

Im Folgenden finden Sie den vollen Wortlaut der Erklaerung des
Catholica-Beauftragten der VELKD, Landesbischof Dr. Friedrich, zum
ersten Jahrestag der Unterzeichnung der "emeinsamen Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre":

"ER OEKUMENISCHE WEG IST UNUMKEHRBAR"
Ein Jahr nach Unterzeichnung der "Gemeinsamen Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre"

von Landesbischof Dr. Johannes Friedrich (Muenchen),
Catholica-Beauftragter der VELKD
______________________________________________

Die grosse Mehrheit in Deutschland war tief bewegt, als am 31.
Oktober 1999 in Augsburg die "Gemeinsame Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre" (GER) in Form der "Gemeinsamen offiziellen
Feststellung" unterzeichnet wurde. Nur eine Minderheit in beiden
Kirchen, vor allem antioekumenische Traditionalisten, war erregt
ueber diesen wichtigen oekumenischen Schritt. Ich selbst hatte
Traenen der Freude in den Augen. Wer sollte sich nicht freuen, wenn
sich der Wille, die abendlaendische Kirchenspaltung zu ueberwinden,
so ernsthaft und glaubwuerdig, so feierlich und herzlich dokumentiert
wie beim Gottesdienst und der Unterzeichnung in der St. Anna-Kirche?

Manche Skeptiker stellten die Frage: Ob dabei ueberhaupt irgend etwas
herauskommt? Oder bleibt die Unterzeichnung folgenlos? Nun ist ein
Jahr vergangen - nicht viel im Vergleich mit 450 Jahren
Kirchenspaltung. Aber Zeit genug, um eine erste Zwischenbilanz zu
ziehen.

Das erste wirklich beeindruckende Echo hoerte ich rund drei Wochen
nach der Unterzeichnung. Die Synode unserer Kirche tagte, und die
Praesidentin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Nicaragua,
Victoria Cortez, sprach ein Grusswort. Sie erzaehlte: Bis zum 31.
Oktober 1999 galt meine Kirche in Nicaragua als Sekte. Am 31. Oktober
aber fand, parallel zur Unterzeichnung in Augsburg, in der Kathedrale
in Managua ein oekumenischer Gottesdienst statt. Ich, eine Frau und
Lutheranerin, durfte die Predigt in dem Gottesdienst halten, den ein
Bischof leitete. Seitdem gelten wir nicht mehr als Sekte, sondern als
eine Kirche. Inzwischen habe ich aus anderen Laendern, in denen die
LutheranerInnen in der Minderheit sind, aehnliche Berichte gehoert.

Mir war noch nie zuvor die oekumenische Weite, die zugleich die
Katholizitaet unserer lutherischen Konfessionsfamilie darstellt, so
deutlich geworden, wie durch diese Rede der Kirchenpraesidentin. Wir
haben als Deutsche die Diskussion viel zu "deutsch" gefuehrt und
nicht darueber nachgedacht, dass die GER weltweit Folgen hat und
unseren kleinen Kirchen in roemisch-katholisch dominierten Laendern
enorm hilft. Oekumenisches Denken ist auch innerhalb des Luthertums
weltweites Denken.

Wenige Wochen spaeter, zum Jahreswechsel 1999/2000, lud mich der
roemisch-katholische Muenchner Erzbischof, Kardinal Friedrich Wetter,
ein, im Dom einen oekumenischen Gottesdienst mit ihm zusammen zu
feiern und anschliessend nach einer Lichterprozession zum Hauptplatz
Muenchens, dem Marienplatz, der Stadt und dem Land gemeinsam den
Segen Gottes fuer das neue Jahr, des neue Jahrhundert, das neue
Jahrtausend zuzusprechen. Nie zuvor hatte es eine solche Einladung
eines roemisch-katholischen Erzbischofs zu einem solchen Akt an den
bayerischen Landesbischof gegeben. Das Erzbischoefliche Ordinariat
veroeffentlichte eine Broschuere mit unseren beiden Predigten und
unseren Fotos. Ja, die Unterzeichnung der "Gemeinsamen Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre" hat das Klima zwischen den Kirchen spuerbar
verbessert. Es ist eine herzliche Atmosphaere entstanden. Die
Menschen merken das. Das tut denen gut, die in
konfessionsverschiedener Ehe und Familie leben. Es staerkt die, die
fuer die Einheit beten.
Dann kam, Anfang September 2000, die Erklaerung "Dominus Iesus" des
Praefekten der Glaubenskongregation. Ich will mich mit ihr hier nicht
kritisch auseinandersetzen. Das ist zur Genuege allenthalben
geschehen. Ich will hier aber eine Erfahrung wiedergeben, die mich
erneut tief bewegt.

Ich kenne keine Verlautbarung aus Rom in den letzten Jahren, die der
Oekumene - gewollt oder ungewollt - einen derart positiven Schub
gegeben hat, wie "Dominus Iesus". Denn roemisch-katholische Theologen
und sehr viele Bischoefe haben die kritische Erklaerung aus Rom zum
Anlass genommen, ein entschiedenes Bekenntnis zur Oekumene mit
unseren lutherischen Kirchen abzulegen. Einige Bischoefe hatten sich
noch nie zuvor so eindeutig und deutlich dazu bekannt.
Roemisch-katholische Pfarrgemeinderaete, Bildungswerke, Akademien,
das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken aeusserten sich
uebereinstimmend: "Der oekumenische Weg ist unumkehrbar".

Wir sind auf gutem Wege. Sicher sind wir noch am Anfang der
notwendigen Dialoge ueber die Kirche, das Amt und die Sakramente, die
Artikel 43 der "Gemeinsamen Erklaerung zur Rechtfertigungslehre"
anmahnt. Aber schon liegt mit der Studie "Communio Sanctorum" der
bilateralen Theologenkommission ein Sachstandsbericht vor, der
insbesondere zu den Themen Schrift - Tradition - Lehramt, Papstamt,
Heiligenverehrung und "Mariologie" Zugaenge zur Diskussion stellt.
Die Skeptiker, die der "Gemeinsamen Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre" Folgenlosigkeit prophezeit haben, duerften
widerlegt sein.

Muenchen, 26. Oktober 2000

*       *       *

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