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"Charta Oecumenica" - Deutscher Text


From APD_Info_Schweiz@compuserve.com
Date 22 Apr 2001 22:09:27

23. April 2001
Adventistischer Pressedienst (APD)
Christian B. Schaeffler, Chefredakteur
Fax +41-61-261 61 18
APD@stanet.ch
http://www.stanet.ch/APD
CH-4003 Basel, Schweiz

Der "Rat der Europäischen Bischofskonferenzen" (CCEE) 
und die "Konferenz Europäischer Kirchen" (KEK) haben 
ein gemeinsames Dokument mit dem Titel "Charta 
Oecumenica" unterzeichnet.

Der Adventistische Pressedienst (APD) dokumentiert 
den am Sonntag, 22. April 2001 in Strassburg beim 
"Millenniumstreffen" der Kirchen veröffentlichten 
Text in der offiziellen deutschen Übersetzung:

Originalfassung: Deutsch
Genf/St Gallen, 22. April 2001

CHARTA OECUMENICA

Leitlinien für die wachsende 
Zusammenarbeit unter den Kirchen in Europa

"Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem 
Heiligen Geist"

Als Konferenz Europäischer Kirchen (1) und als Rat 
der Europäischen Bischofskonferenzen sind wir im 
Geist der Botschaft der beiden Europäischen 
Ökumenischen Versammlungen von Basel 1989 und von 
Graz 1997 fest entschlossen, die unter uns 
gewachsene Gemeinschaft zu bewahren und 
fortzuentwickeln. Wir danken unserem Dreieinigen 
Gott, dass er durch seinen Heiligen Geist unsere 
Schritte zu einer immer intensiveren Gemeinschaft 
führt.

Vielfältige Formen der ökumenischen Zusammenarbeit 
haben sich bereits bewährt. In Treue zu dem Gebet 
Christi: "Alle sollen eins sein: Wie du,
Vater, in mir bist und ich in dir, sollen auch 
sie eins sein, damit die Welt glaube, dass du mich 
gesandt hast" (Johannes 17, 21), dürfen wir jedoch 
bei dem jetzigen Zustand nicht stehenbleiben. Im 
Bewusstsein unserer Schuld und zur Umkehr bereit 
müssen wir uns bemühen, die unter uns noch
bestehenden Spaltungen zu überwinden, damit wir 
gemeinsam die Botschaft des Evangeliums unter den 
Völkern glaubwürdig verkündigen.

Im gemeinsamen Hören auf Gottes Wort in der 
Heiligen Schrift und herausgefordert zum Bekenntnis 
unseres gemeinsamen Glaubens sowie im
gemeinsamen Handeln gemäss der erkannten Wahrheit 
wollen wir Zeugnis geben von der Liebe und Hoffnung 
für alle Menschen.

Auf unserem europäischen Kontinent zwischen Atlantik 
und Ural, zwischen Nordkap und Mittelmeer, der heute 
mehr denn je durch eine plurale Kultur geprägt wird, 
wollen wir mit dem Evangelium für die Würde der 
menschlichen Person als Gottes Ebenbild eintreten 
und als Kirchen gemeinsam dazu beitragen, Völker 
und Kulturen zu versöhnen.

In diesem Sinn nehmen wir diese Charta als gemeinsame 
Verpflichtung zum Dialog und zur Zusammenarbeit an. 
Sie beschreibt grundlegende ökumenische Aufgaben und 
leitet daraus eine Reihe von Leitlinien und 
Verpflichtungen ab. Sie soll auf allen Ebenen des 
kirchlichen Lebens eine ökumenische Kultur des 
Dialogs und der Zusammenarbeit fördern und dafür einen
verbindlichen Masstab schaffen. Sie hat jedoch keinen
lehramtlich-dogmatischen oder kirchenrechtlich-
gesetzlichen Charakter. Ihre Verbindlichkeit besteht 
vielmehr in der Selbstverpflichtung der europäischen 
Kirchen und ökumenischen Organisationen. Diese können 
Für ihren Bereich auf der Grundlage dieses Basistextes 
eigene Zusätze und gemeinsame Perspektiven formulieren, 
die sich konkret mit ihren besonderen
Herausforderungen und den sich daraus ergebenden 
Verpflichtungen befassen. 

(1) Zur Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) gehören 
die meisten orthodoxen, reformatorischen, anglikanischen, 
freikirchlichen und altkatholischen Kirchen in Europa.
Im Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CEE) sind 
die römisch-katholischen Bischofskonferenzen in Europa 
zusammengeschlossen.

I.
WIR GLAUBEN
"DIE EINE, HEILIGE, KATHOLISCHE UND 
APOSTOLISCHE KIRCHE"

"Bemüht euch, die Einheit des Geistes zu bewahren 
durch den Frieden, der euch zusammenhält. E i n Leib 
und e i n Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine 
gemeinsame Hoffnung gegeben ist; e i n Herr, e i n 
Glaube, e i n e Taufe, e i n Gott und Vater aller, der 
über allem und durch alles und in allem ist" 
(Epheser 4, 3-6)

1.      Gemeinsam zur Einheit im Glauben berufen

Mit dem Evangelium Jesu Christi, wie es in der Heiligen 
Schrift bezeugt wird und im Ökumenischen 
Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381)
zum Ausdruck kommt, glauben wir an den Dreieinigen 
Gott: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Weil 
wir mit diesem Credo "die eine, heilige, katholische 
und apostolische Kirche" bekennen, besteht unsere 
unerlässliche ökumenische Aufgabe darin, diese 
Einheit, die immer GGottes Gabe ist, sichtbar werden 
zu lassen.

Noch verhindern wesentliche Unterschiede im Glauben die 
sichtbare Einheit. Es gibt verschiedene Auffassungen, 
vor allem von der Kirche und ihrer Einheit, von den 
Sakramenten und den Ämtern. Damit dürfen wir uns nicht
abfinden. Jesus Christus hat uns am Kreuz seine Liebe 
und das Geheimnis der Versöhnung geoffenbart; in seiner 
Nachfolge wollen wir alles uns Mögliche tun, die noch 
bestehenden kirchentrennenden Probleme und Hindernisse 
zu überwinden.

Wir verpflichten uns,
-	der apostolischen Mahnung des Epheserbriefes zu 
folgen und uns beharrlich um ein gemeinsames Verständnis 
der Heilsbotschaft Christi im Evangelium zu bemühen;
-	in der Kraft des Heiligen Geistes auf die sichtbare 
Einheit der Kirche Jesu Christi in dem einen Glauben 
hinzuwirken, die ihren Ausdruck in der gegenseitig 
anerkannten Taufe und in der eucharistischen Gemeinschaft 
findet sowie im gemeinsamen Zeugnis und Dienst.

II.

AUF DEM WEG ZUR SICHTBAREN GEMEINSCHAFT
DER KIRCHEN IN EUROPA

"Daran werden alle erkennen, dass ihr meine 
Jünger seid: wenn ihr einander liebt" (Johannes 13, 35)

2.      Gemeinsam das Evangelium verkündigen

Die wichtigste Aufgabe der Kirchen in Europa ist es, 
gemeinsam das Evangelium durch Wort und Tat für das Heil 
aller Menschen zu verkündigen. Angesichts vielfältiger 
Orientierungslosigkeit, der Entfremdung von
christlichen Werten, aber auch mannigfacher Suche nach 
Sinn sind die Christinnen und Christen besonders 
herausgefordert, ihren Glauben zu bezeugen. Dazu bedarf 
es des verstärkten Engagements und des 
Erfahrungsaustausches in Katechese und Seelsorge in den 
Ortsgemeinden. Ebenso wichtig ist es, dass das ganze Volk 
Gottes gemeinsam das Evangelium in die gesellschaftliche 
Öffentlichkeit hinein vermittelt wie auch durch sozialen 
Einsatz und die Wahrnehmung von politischer Verantwortung 
Zur Geltung bringt.

Wir verpflichten uns,
-	über unsere Initiativen zur Evangelisierung mit den 
anderen Kirchen zu sprechen, darüber Vereinbarungen zu 
treffen und so schädliche Konkurrenz sowie die Gefahr 
neuer Spaltungen zu vermeiden;
-	anzuerkennen, dass jeder Mensch seine religiöse und 
kirchliche Bindung in freier  Gewissensentscheidung wählen 
kann. Niemand darf durch moralischen Druck oder materielle  
Anreize zur Konversion bewegt werden; ebenso darf niemand 
an einer aus freien Stücken erfolgenden Konversion gehindert 
werden.

3.      Aufeinander zugehen

Im Geiste des Evangeliums müssen wir gemeinsam die 
Geschichte der christlichen Kirchen aufarbeiten, die durch 
viele gute Erfahrungen, aber auch durch Spaltungen, 
Verfeindungen und sogar durch kriegerische
Auseinandersetzungen geprägt ist. Menschliche Schuld, 
Mangel an Liebe und häufiger Missbrauch von Glaube und 
Kirchen für politische Interessen haben die Glaubwürdigkeit 
des christlichen Zeugnisses schwer beschädigt.

Ökumene beginnt deshalb für die Christinnen und 
Christen mit der Erneuerung der Herzen und der Bereitschaft 
zu Busse und Umkehr. In der ökumenischen Bewegung ist 
Versöhnung bereits gewachsen.

Wichtig ist es, die geistlichen Gaben der verschiedenen 
Christlichen Traditionen zu erkennen, voneinander zu lernen 
und sich so beschenken zu lassen. Für die weitere Entfaltung 
der Ökumene ist es besonders erforderlich, die Erfahrungen 
und Erwartungen der Jugend einzubeziehen und ihre Mitwirkung 
nach Kräften zu fördern.

Wir verpflichten uns,
-	Selbstgenügsamkeit zu überwinden und Vorurteile zu 
beseitigen, die Begegnung miteinander zu suchen und 
füreinander da zu sein;
-	ökumenische Offenheit und Zusammenarbeit in der 
christlichen Erziehung, in der theologischen Aus- und 
Fortbildung sowie auch in der Forschung zu fördern.

4.      Gemeinsam handeln

Ökumene geschieht bereits in vielfältigen Formen 
gemeinsamen Handelns. Viele Christinnen und Christen aus 
verschiedenen Kirchen leben und wirken gemeinsam in 
Freundschaften, in der Nachbarschaft, im Beruf und in 
Ihren Familien. Insbesondere konfessionsverschiedene 
Ehen müssen darin unterstützt werden, Ökumene in ihrem 
Alltag zu leben.

Wir empfehlen, auf örtlicher, regionaler, nationaler und 
Internationaler Ebene bi- und multilaterale ökumenische 
Gremien für die Zusammenarbeit einzurichten und zu 
unterhalten. Auf der europäischen Ebene ist es nötig,
die Zusammenarbeit zwischen der Konferenz Europäischer 
Kirchen und dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen 
zu stärken und weitere Europäische Ökumenische 
Versammlungen durchzuführen.

Bei Konflikten zwischen den Kirchen sollen Bemühungen 
um Vermittlung und Frieden initiiert bzw. unterstützt 
werden.

Wir verpflichten uns,
-	auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens gemeinsam 
zu handeln, wo die Voraussetzungen dafür gegeben sind 
und nicht Gründe des Glaubens oder grössere 
Zweckmässigkeit dem entgegenstehen;
-	die Rechte von Minderheiten zu verteidigen und zu 
helfen, Missverständnisse und Vorurteile zwischen 
Mehrheits- und Minderheitskirchen in unseren Ländern 
abzubauen.

5.      Miteinander beten

Die Ökumene lebt davon, dass wir Gottes Wort 
gemeinsam hören und den Heiligen Geist in uns und 
durch uns wirken lassen. Kraft der dadurch
empfangenen Gnade gibt es heute vielfältige 
Bestrebungen, durch Gebete und Gottesdienste die 
geistliche Gemeinschaft zwischen den Kirchen zu 
vertiefen und für die sichtbare Einheit der Kirche 
Christi zu beten. Ein besonders schmerzliches Zeichen 
für die Zerrissenheit unter vielen christlichen
Kirchen ist die fehlende eucharistische Gemeinschaft.

In einigen Kirchen bestehen Vorbehalte gegenüber 
gemeinsamen ökumenischen Gebeten. Aber weithin prägen 
viele ökumenische Gottesdienste, gemeinsame Lieder 
und Gebete, insbesondere das Vaterunser, unsere 
christliche Spiritualität.

Wir verpflichten uns,
-     	füreinander und für die christliche Einheit zu 
beten;
-	die Gottesdienste und die weiteren Formen des 
geistlichen Lebens anderer Kirchen kennen und schätzen 
zu lernen;
- 	dem Ziel der eucharistischen Gemeinschaft 
entgegenzugehen.

6.      Dialoge fortsetzen

Unsere in Christus begründete Zusammengehörigkeit ist 
von fundamentaler Bedeutung gegenüber unseren 
unterschiedlichen theologischen und ethischen
Positionen. Anders als die uns geschenkte und 
bereichernde Vielfalt haben jedoch Gegensätze in der 
Lehre, in ethischen Fragen und in kirchenrechtlichen 
Festlegungen auch zu Trennungen zwischen den Kirchen
geführt; oft spielten dabei besondere geschichtliche 
Umstände und unterschiedliche kulturelle Prägungen 
eine entscheidende Rolle.

Um die ökumenische Gemeinschaft zu vertiefen, sind die 
Bemühungen um einen Konsens im Glauben unbedingt 
fortzusetzen. Ohne Einheit im Glauben gibt es
keine volle Kirchengemeinschaft. Zum Dialog gibt es 
keine Alternative.

Wir verpflichten uns,
-	den Dialog zwischen unseren Kirchen auf den 
verschiedenen kirchlichen Ebenen gewissenhaft und 
intensiv fortzusetzen sowie zu prüfen, was zu den 
Dialogergebnissen kirchenamtlich verbindlich erklärt 
werden kann und soll;
-	bei Kontroversen, besonders wenn bei Fragen des 
Glaubens und der Ethik eine Spaltung droht,  
das Gespräch zu suchen und diese Fragen gemeinsam 
im Licht des Evangeliums zu erörtern.

III.

UNSERE GEMEINSAME VERANTWORTUNG IN 
EUROPA

"Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder 
Gottes genannt werden" (Matthäus 5, 9)

7.      Europa mitgestalten

Durch die Jahrhunderte hindurch hat sich ein religiös und 
Kulturell vorwiegend christlich geprägtes Europa 
entwickelt. Zugleich ist durch das Versagen der Christen 
in Europa und über dessen Grenzen hinaus viel Unheil
angerichtet worden. Wir bekennen die Mitverantwortung 
an dieser Schuld und bitten Gott und die Menschen um 
Vergebung.

Unser Glaube hilft uns, aus der Vergangenheit zu lernen 
und uns dafür einzusetzen, dass der christliche Glaube und 
die Nächstenliebe Hoffnung ausstrahlen für Moral und Ethik, 
für Bildung und Kultur, für Politik und Wirtschaft in 
Europa und in der ganzen Welt.

Die Kirchen fördern eine Einigung des europäischen 
Kontinents. Ohne gemeinsame Werte ist die Einheit dauerhaft 
nicht zu erreichen. Wir sind überzeugt, dass das 
spirituelle Erbe des Christentums eine inspirierende
Kraft zur Bereicherung Europas darstellt. Aufgrund 
unseres christlichen Glaubens setzen wir uns für ein 
humanes und soziales Europa ein, in dem die
Menschenrechte und Grundwerte des Friedens, der 
Gerechtigkeit, der Freiheit, der Toleranz, der Partizipation 
und der Solidarität zur Geltung kommen. Wir betonen die 
Ehrfurcht vor dem Leben, den Wert von Ehe und
Familie, den vorrangigen Einsatz für die Armen, die 
Bereitschaft zur Vergebung und in allem die Barmherzigkeit.

Als Kirchen und als internationale Gemeinschaften 
müssen wir der Gefahr entgegentreten, dass Europa sich zu 
einem integrierten Westen und einem desintegrierten Osten 
entwickelt. Auch das Nord-Süd-Gefälle ist zu beachten. 
Zugleich ist jeder Eurozentrismus zu vermeiden und die
Verantwortung Europas für die ganze Menschheit zu 
stärken, besonders für die Armen in der ganzen Welt.

Wir verpflichten uns,
-	uns über Inhalte und Ziele unserer sozialen 
Verantwortung miteinander zu verständigen und die Anliegen 
und Visionen der Kirchen gegenüber den säkularen 
europäischen Institutionen möglichst gemeinsam zu 
vertreten;
-	die Grundwerte gegenüber allen Eingriffen zu 
verteidigen;
-	jedem Versuch zu widerstehen, Religion und Kirche 
für ethnische oder nationalistische Zwecke zu missbrauchen.

8.      Völker und Kulturen versöhnen

Die Vielfalt der regionalen, nationalen, kulturellen und 
Religiösen Traditionen betrachten wir als Reichtum Europas. 
Angesichts zahlreicher Konflikte ist es Aufgabe der Kirchen, 
miteinander den Dienst der Versöhnung auch für Völker und 
Kulturen wahrzunehmen. Wir wissen, dass der Friede zwischen 
den Kirchen dafür eine ebenso wichtige Voraussetzung ist.

Unsere gemeinsamen Bemühungen richten sich auf die 
Beurteilung und Lösung politischer und sozialer Fragen im 
Geist des Evangeliums. Weil wir die Person und Würde jedes 
Menschen als Ebenbild Gottes werten, treten wir für
die absolute Gleichwertigkeit aller Menschen ein.

Als Kirchen wollen wir gemeinsam den Prozess der 
Demokratisierung in Europa fördern. Wir engagieren uns für 
eine Friedensordnung auf der Grundlage gewaltfreier 
Konfliktlösungen. Wir verurteilen jede Form von Gewalt 
Gegen Menschen, besonders gegen Frauen und Kinder.

Zur Versöhnung gehört es, die soziale Gerechtigkeit in 
und unter allen Völkern zu fördern, vor allem die Kluft 
zwischen Arm und Reich sowie die Arbeitslosigkeit zu 
überwinden. Gemeinsam wollen wir dazu beitragen, dass
Migranten und Migrantinnen, Flüchtlinge und Asylsuchende 
in Europa menschenwürdig aufgenommen werden.

Wir verpflichten uns,
-	jeder Form von Nationalismus entgegenzutreten, die 
zur Unterdrückung anderer Völker und nationaler 
Minderheiten führt und uns für gewaltfreie Lösungen 
einzusetzen;
-	die Stellung und Gleichberechtigung der Frauen in 
allen Lebensbereichen zu stärken sowie die gerechte 
Gemeinschaft von Frauen und Männern in Kirche und 
Gesellschaft zu fördern.

9.      Die Schöpfung bewahren

Im Glauben an die Liebe Gottes, des Schöpfers, erkennen 
wir dankbar das Geschenk der Schöpfung, den Wert und 
die Schönheit der Natur. Aber wir sehen mit Schrecken, 
dass die Güter der Erde ohne Rücksicht auf ihren
Eigenwert, ohne Beachtung ihrer Begrenztheit und ohne 
Rücksicht auf das Wohl zukünftiger Generationen 
ausgebeutet werden. 

Wir wollen uns gemeinsam für nachhaltige 
Lebensbedingungen für die gesamte Schöpfung einsetzen. 
In Verantwortung vor Gott müssen wir gemeinsam
Kriterien dafür geltend machen und weiter entwickeln, 
was die Menschen zwar wissenschaftlich und technologisch 
machen können, aber ethisch nicht machen dürfen. In 
jedem Fall muss die einmalige Würde jedes Menschen 
den Vorrang vor dem technisch Machbaren haben.

Wir empfehlen, einen ökumenischen Tag des Gebetes für 
die Bewahrung der Schöpfung in den europäischen 
Kirchen einzuführen.

Wir verpflichten uns,
-     einen Lebensstil weiter zu entwickeln, bei dem 
wir gegen die Herrschaft von  ökonomischen Zwängen 
und von Konsumzwängen auf verantwortbare und 
nachhaltige Lebensqualität Wert legen;
-	die kirchlichen Umweltorganisationen und 
ökumenischen Netzwerke bei ihrer Verantwortung für 
die Bewahrung der Schöpfung zu unterstützen.

10.     Gemeinschaft mit dem Judentum vertiefen

Eine einzigartige Gemeinschaft verbindet uns mit dem 
Volk Israel, mit dem Gott einen ewigen Bund 
geschlossen hat. Im Glauben wissen wir, dass unsere
jüdischen Schwestern und Brüder "von Gott geliebt sind, 
und das um der Väter willen. Denn unwiderruflich sind 
Gnade und Berufung, die Gott gewährt" (Röm. 11, 28-29). 
Sie haben "die Sohnschaft, die Herrlichkeit, die
Bundesordnungen, ihnen ist das Gesetz gegeben, der 
Gottesdienst und die Verheissungen, sie haben die Väter, 
und dem Fleisch nach entstammt ihnen der Christus" 
(Röm. 9, 4-5). 

Wir beklagen und verurteilen alle Manifestationen des 
Antisemitismus, wie Hassausbrüche und Verfolgungen. 
Für den christlichen Antijudaismus bitten wir Gott 
um Vergebung und unsere jüdischen Geschwister 
um Versöhnung.

Es ist dringend nötig, in Verkündigung und Unterricht, 
in Lehre und Leben unserer Kirchen die tiefe Verbindung 
des christlichen Glaubens zum Judentum bewusst zu machen 
und die christlich-jüdische Zusammenarbeit zu 
unterstützen.

Wir verpflichten uns
-	allen Formen von Antisemitismus und Antijudaismus 
in Kirche und Gesellschaft entgegenzutreten;
-	auf allen Ebenen den Dialog mit unseren jüdischen 
Geschwistern zu suchen und  zu intensivieren.

11.     Beziehungen zum Islam pflegen

Seit Jahrhunderten leben Muslime in Europa. Sie bilden in 
Manchen europäischen Ländern starke Minderheiten. Dabei 
gab und gibt es viele gute Kontakte und Nachbarschaft 
zwischen Muslimen und Christen, aber auch massive 
Vorbehalte und Vorurteile auf beiden Seiten. Diese 
beruhen auf leidvollen Erfahrungen in der Geschichte 
und in der jüngsten Vergangenheit.

Die Begegnung zwischen Christen und Muslimen sowie 
Den christlich-islamischen Dialog wollen wir auf allen 
Ebenen intensivieren. Insbesondere empfehlen wir, 
miteinander über den Glauben an den einen Gott
zu sprechen und das Verständnis der Menschenrechte zu 
klären.

Wir verpflichten uns,
- den Muslimen mit Wertschätzung zu begegnen;
- bei gemeinsamen Anliegen mit Muslimen 
zusammenzuarbeiten.

12.     Begegnung mit anderen Religionen und 
Weltanschauungen

Die Pluralität von religiösen und weltanschaulichen 
Überzeugungen und Lebensformen ist ein Merkmal der 
Kultur Europas geworden. Östliche Religionen und 
neue religiöse Gemeinschaften breiten sich 
aus und finden auch das Interesse vieler Christinnen 
und Christen. Auch gibt es immer mehr Menschen, die 
den christlichen Glauben ablehnen, sich ihm gegenüber
gleichgültig verhalten oder anderen Weltanschauungen 
folgen.

Wir wollen kritische Anfragen an uns ernst nehmen und 
uns gemeinsam um eine faire Auseinandersetzung bemühen. 
Dabei ist zu unterscheiden, mit welchen
Gemeinschaften Dialoge und Begegnungen gesucht 
werden sollen und vor welchen aus christlicher Sicht 
zu warnen ist.

Wir verpflichten uns,
- die Religions- und Gewissensfreiheit von Menschen und
Gemeinschaften anzuerkennen und dafür einzutreten, 
dass sie individuell und gemeinschaftlich, privat und 
öffentlich ihre Religion  der Weltanschauung im Rahmen 
des geltenden Rechtes praktizieren dürfen;
- für das Gespräch mit allen Menschen guten Willens offen 
zu sein, gemeinsame Anliegen mit  ihnen zu verfolgen und 
ihnen den christlichen Glauben zu bezeugen.

***************

Jesus Christus ist als Herr der einen Kirche unsere grösste 
Hoffnung auf Versöhnung und Frieden. 

In seinem Namen wollen wir den gemeinsamen Weg in 
Europa weitergehen. Wir bitten Gott um den Beistand seines 
Heiligen Geistes.

"Der Gott der Hoffnung erfülle uns mit aller Freude 
und mit allem Frieden im Glauben, damit wir reich werden an 
Hoffnung in der Kraft des Heiligen Geistes"  (Röm. 15,13)

Als Präsidenten der Konferenz Europäischer Kirchen und 
des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen empfehlen 
wir diese Charta Oecumenica als Basistext allen Kirchen 
und Bischofskonferenzen von Europa zur Annahme und
Umsetzung in ihrem jeweiligen Kontext.

Mit dieser Empfehlung unterschreiben wir die Charta 
Oecumenica im Rahmen der Europäischen Ökumenischen 
Begegnung am ersten Sonntag nach den gemeinsamen 
Ostern im Jahre 2001.

Strassburg, den 22. April 2001

Metropolit Jéremie               		                             	
Präsident der Konferenz Europäischer Kirchen    	

Kardinal Vlk
Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen


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