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LWB unterstuetzt 70.000 Fluechtlinge aus dem Suedsudan
From
"Frank Imhoff" <FRANKI@ELCA.ORG>
Date
Mon, 21 May 2001 09:40:43 -0500
Fluechtlingslager im kenianischen Kakuma ist ein Modell fuer die
Nachkriegszeit
LWB unterstuetzt 70.000 Fluechtlinge aus dem Suedsudan
Kakuma (Kenia)/Genf, 19. Mai 2001 (LWI) - Seit ueber 17 Jahren herrscht
Buergerkrieg im Sudan. Hunderttausende starben, ueber zwei Millionen
Menschen sind auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen. Zehntausende haben
das Land verlassen und sind auf der Flucht. Die 1999 erneut
aufflammenden Kaempfe haben zu einem erneuten Exodus gefuehrt. Viele
haben Zuflucht in Fluechtlingslagern gefunden wie im kenianischen
Kakuma.
Rund 70.000 Menschen leben zur Zeit im Fluechtlingslager in Kakuma, das
vom Lutherischen Weltbund (LWB) und von ACT (Action by Churches Together
- Kirchen helfen gemeinsam), dem Netzwerk der protestantischen
Hilfswerke, unterstuetzt wird. Obwohl das Fluechtlingshilfswerks der
Vereinten Nationen (UNHCR) die Unterstuetzung des Lagers im letzten Jahr
um 20 Prozent gekuerzt hat, konnten die beteiligten Hilfswerke die
Versorgung der Fluechtlinge mit dem Lebensnotwendigen sicherstellen.
Grund zur Hoffnung gibt es wenig. Im letzten Jahr wurde weder ein
dauerhafter Frieden erreicht und das Hin und Her zwischen Krieg, Duerre
und Armut traegt hoechstens zur Verschaerfung der Krise bei und macht
den Wiederaufbau langwierig und schwierig.
Der Autor des folgenden Beitrags, Klaus Rieth von Brot fuer die Welt,
hat das Fluechtlingslager in Kakuma besucht.
70.000 Menschen in Kakuma brauchen Nahrungsmittel
Die Augen in die Ferne gerichtet, der Blick seltsam leer, so sitzt
Sabina Itubo aus dem kleinen Dorf Kiara im Suedsudan in der Hocke auf
dem Boden und nimmt gar nicht so recht wahr, was um sie herum geschieht.
Erst vor wenigen Stunden kam Sabina zusammen mit ihren drei Kindern in
der Auffangstation des Fluechtlingslagers in Kakuma an. Bei einem
Bombenangriff der sudanesischen Luftwaffe wurde ihr Ehemann getoetet.
Weil es keinen anderen Verwandten im Dorf gab, der diesen Angriff
ueberlebte, musste Sabina fliehen.
Neun Tage war sie mit ihren vier Kindern im Alter von sechs, vier, drei
und einem Jahr unterwegs. Unterwegs durch die Steppenlandschaft und die
steinige Wueste des Suedsudan. Voellig entkraeftet kam sie in der
kenianischen Grenzstadt an. Das Baby hatte Sabina verloren. Der
Einjaehrige hatte die Strapazen der Flucht nicht ueberstanden.
Temperaturen um 38 Grad, kein Wasser, kaum zu essen und nichts dabei,
ausser dem, was sie auf der Haut trug. Sabina war oft kurz davor
aufzugeben. Ihren Juengsten musste sie unter einem Akazienbaum begraben.
Die anderen Fluechtlinge in ihrem Treck draengten zur Weiterreise.
Nach ihrer Ankunft im Lager in Kakuma erhielt Sabina sofort das
Notwendigste, um sich und ihre Kinder zu versorgen. Schlafen und essen
koennen sie vorlaeufig unter dem grossen Wellblechdach. Erste
Geraetschaften zum Kochen und Decken fuer die ganze Familie haben sie
bereits erhalten. In den naechsten Tagen wird ihnen eine eigene Huette
zugewiesen, sodass die Familie wieder im eigenen Heim leben kann.
Fast alle Fluechtlinge im Lager Kakuma koennen eine aehnliche
Geschichte erzaehlen. Im Lager im Norden Kenias, nur wenige Kilometer
von der Grenze zum Sudan entfernt, leben derzeit rund 70.000 Menschen.
Frauen, Maenner und besonders viele sogenannte unbegleitete Jugendliche
und Kinder. Sie kamen in groesseren Gruppen im Lager an, weil sie ihre
Eltern und Verwandten verloren hatten und ganz auf sich selbst gestellt
waren.
Seit 1992 gibt es Kakuma. Der Name bedeute nichts Gutes, erklaert mir
ein Polizist, der unseren kleinen Konvoi vom Flughafen in Lokichokio
nach Kakuma begleitet. Die Gegend um das Lager ist unsicher. Banditen
ueberfallen nicht nur die Hirten, die dort ihre Herden weiden, sondern
auch Reisegruppen und zunehmend die dort taetigen Hilfswerke.
Deshalb hat die kenianische Regierung Polizisten abgestellt, die mit
ihren Waffen fuer Sicherheit sorgen sollen. Die Huetten von Kakuma
erstrecken sich auf einer Laenge von gut 15 Kilometern. Niemand haette
gedacht, dass das Lager so lange bestehen wuerde. Doch der Buergerkrieg,
der nun seit ueber 17 Jahren tobt, will nicht zu Ende gehen. Dieser
Buergerkrieg, bei dem Hunderttausende ihr Leben lassen mussten, bei dem
es um Macht und Einfluss geht, um Erdoel und Bodenschaetze, um Religion
und Rohstoffe, ist ein grausamer Krieg, den kaum einer versteht.
Rund 14 Millionen US-Dollar kostet das Lager jaehrlich. Eine enorme
Summe, die es immer wieder neu aufzubringen gilt. Dieses Geld zu
besorgen, gehoert deshalb auch zu den Hauptaufgaben von Graham Davison
aus Irland. Im Auftrag des Lutherischen Weltbundes (LWB) leitet er das
Lager. Zusammen mit 120 MitarbeiterInnen, vorwiegend aus Kenia, stellt
Davison sicher, dass genuegend Nahrungsmittel, Materialien fuer den
Hausbau und vor allem genug frisches Wasser vorhanden ist. Allein neun
Millionen US-Dollar der laufenden Kosten finanziert der LWB.
Unterstuetzt wird er dabei von ACT (Action by Churches Together -
Kirchen helfen gemeinsam), dem Netzwerk der protestantischen Hilfswerke.
Und Geld ist dringend notwendig. Denn die 70.000 im Lager brauchen
Nahrungsmittel, die meist von weit her herangebracht werden muessen.
Mais, Mehl, Oel und Salz sollen sicherstellen, dass jeder Fluechtling
pro Tag rund 1.600 Kilokalorien zu sich nehmen kann. Doch eigentlich
wuerden jedem rund 2.300 Kcal. zustehen. Nur das Budget gibt nicht so
viel her.
Graham Davisons Hauptaufgabe besteht deshalb in diesen Tagen auch
darin, vor allem Ruhe im Lager zu bewahren. Denn die verschiedenen
Volksstaemme der Suedsudanesen, die im Lager wohnen, sind nur wenige
Kilometer entfernt auf suedsudanesischem Gebiet erbitterte
Buergerkriegsgegener. Deshalb ist die Atmosphaere im Lager oft extrem
angespannt. Aktivitaeten fuer Jugendliche, Maenner und Frauen sollen zur
Deeskalation beitragen.
So gibt es im Lager ein umfangreiches Sportprogramm. Jungen und
Maedchen koennen Fussball spielen, Basketball und andere Sportarten
trainieren. Frauen werden in Gruppen zusammengeholt, um fuer das
taegliche Auskommen Zusatzeinkommen zu erzielen. Und Maenner haben die
Moeglichkeit, sich beruflich weiterzubilden.
Ueberhaupt spielt Bildung im Lager eine grosse Rolle. Die meisten
Jugendlichen haben erkannt, dass durch eine gute Schul- und
Berufsausbildung ihre Chancen in einem Sudan nach dem Ende des Krieges
am besten sind. So waechst in Kakuma dank intensiver Bildungsarbeit vom
Kindergarten, ueber die Grundschule und das Gymnasium bis hin zur
Fernuniversitaet eine kuenftige Elite heran, die bald wichtige
Schluesselstellen im Land uebernehmen kann.
Und ausserdem ist die Situation im Lager schon ein Vorgriff auf
friedlichere Zeiten. Denn dass auf engstem Raum so unterschiedliche
Gruppen, Rassen und Staemme beisammen wohnen und sich meist auch
vertragen, ist ein Modell fuer die Nachkriegszeit. Schon deshalb lohnt
es sich, das Lager mit dem Besten auszustatten, was verfuegbar ist, so
Graham Davison. (1004 Woerter)
(Ein Beitrag von Klaus Rieth, Brot fuer die Welt)
Fotos koennen auf Wunsch zugesandt werden.
dmg@lutheranworld.org
* * *
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 131 Mitgliedskirchen, denen rund 60,2 Millionen der weltweit
knapp 64 Millionen LutheranerInnen in 72 Laendern angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
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Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.
Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
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***
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