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Interview mit LWB-Generalsekretaer Noko zur Lehre derTrinitaet


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Wed, 06 Jun 2001 13:00:43 -0500

Interview mit LWB-Generalsekretaer Pfr. Dr. Ismael Noko zur Lehre der
Trinitaet fuer die Wochenzeitung der Evangelisch-Lutherischen
Landeskirche Sachsens *Der Sonntag", Ausgabe vom Sonntag Trinitatis, 10.
Juni 2001

Schoepferkraft und Liebe sind die wichtigsten Wesensmerkmale Gottes

Wenn sich auch der Verstand dagegen wehren moechte, in der
Glaubenspraxis jedenfalls rufen ChristInnen Gott als den dreieinigen an.
Dennoch bietet die  Lehre von der Dreieinigkeit bis heute Anlass zu
Fragen. Einige stellte Der SONNTAG dem Generalsekretaer des Lutherischen
Weltbundes zum Sonntag Trinitatis.

Gibt es ein persoenliches Verstaendnis der Trinitaet fuer
Generalsekretaer Dr. Ishmael Noko?

Noko: Ich persoenlich halte fuer wichtig, mich und andere immer wieder
daran zu erinnern, dass der Begriff Dreieinigkeit beziehungsweise
Trinitaet so in der Bibel nicht vorkommt. Es ist eine theologische
Vorstellung, die im Blick auf Gott die Beziehungsebene sieht, wie es in
Christus durch die Heilige Schrift offenbart ist. Von Anfang an sprachen
ChristInnen von Gott, dessen Einheit eine Gemeinschaft von *Personen"
(Vater, Sohn und Heiliger Geist) ist. 

Gott ist in Gemeinschaft. Deshalb ist Gott weder unpersoenlich noch
distanziert. Wenn Gemeinschaft ein integraler Bestandteil des Wesens
Gottes ist, so bedeutet Menschsein nach dem Bild Gottes Einheit und
Gemeinschaft. Gott schafft und versammelt die Kirche, die aus
Einzelpersonen besteht, die in gegenseitiger Verbundenheit und
Abhaengigkeit leben. Gottes Gemeinschaft ist daher Quelle und Basis des
Wesens der Kirche - communio.

Wenn TheologInnen oder ChristInnen den Begriff Dreieinigkeit verwenden,
so wird keiner oder keine von ihnen behaupten, damit das Geheimnis des
Wesens Gottes angemessen ausgedrueckt zu haben. Wir benutzen den Begriff
im Wissen um seine Begrenzungen.

Hat sich eine spezielle afrikanisch-theologische Auspraegung der
Trinitaetslehre herausgebildet?

Noko: Bevor ich auf diese Frage eingehe, sollten wir einige
Begrifflichkeiten klaeren: 
Im Kontext der einheimischen afrikanischen Religionen, wo die Frage
nach Christus keine Rolle spielt, wird afrikanische Theologie als Rede
von der Beziehung zwischen Gott und Menschheit verstanden. Das Volk der
Zulu zum Beispiel spricht von Gott als dem Urspruenglichen, das heisst
dem, der vom Beginn der Zeiten an war. Nach der Vorstellung der Zulu hat
dieser Gott keinen Sohn, sondern eine Prinzessin, der in der Beziehung
zur Schoepfung eine besondere Rolle zukommt. In anderen einheimischen
afrikanischen Theologien hat Gott keine Angehoerigen, ist jedoch auf
viele verschiedenen Weisen erfahrbar, ohne Disharmonie oder Widerspruch.

In der afrikanischen christlichen Theologie geht es um die Beziehung
zwischen Gott und der Menschheit aus der Perspektive afrikanischer
Kulturen. Die Vorrangstellung der Bibel wird hier anerkannt und damit
auch das biblische trinitarische Verstaendnis von Gott bestaetigt. Nein,
es gibt keine spezielle afrikanisch-theologische Auspraegung der
Trinitaetslehre, abgesehen davon, dass Gott im Verstaendnis der
einheimischen afrikanischen Religionen in mehr als drei Formen
erscheint.

Welche Bedeutung hat die lutherische Trinitaetslehre fuer den Dialog,
besonders mit den orthodoxen Kirchen?

Noko: Die lutherische Trinitaetslehre unterscheidet sich nicht von den
Aussagen der Glaubensbekenntnisse der westlichen wie auch der oestlichen
Kirche. Wenn man sich kurz anschaut, was lutherische PfarrerInnen in den
verschiedenen Kontexten weltweit predigen, so wird tendenziell der
Schwerpunkt beim zweiten Glaubensartikel (Sohn) gesetzt, das heisst bei
Gottes Gnade, die in Christi Wirken und Leiden, Tod und Auferstehung
ihren Ausdruck findet. 

Ich denke, die orthodoxen Kirchen betonen in besonderer Weise den
dritten Artikel des Glaubensbekenntnisses (Heiliger Geist). Der Dialog
zwischen LutheranerInnen und Orthodoxen bringt also diese beiden
wichtigen Schwerpunkte der Lehre der Kirche zur Bereicherung und zum
Nutzen aller zusammen.

Kann die Lehre der Trinitaet heute fuer die praktische Arbeit des
Lutherischen Weltbundes (LWB) weltweit etwas beitragen hinsichtlich
Mission, Entwicklungspolitik etc.?

Noko: Die Kirche als eine von Gott durch den Heiligen Geist ins Leben
gerufene Gemeinschaft ist eins in Christus. Einheit ist sowohl ein
Geschenk als auch eine Aufgabe fuer die, die Christus nachfolgen. Sie
ist eine Gemeinschaft - koinonia - fuer den Dienst in der Welt, die Gott
verherrlicht und preist sowie nach der vollen koinonia strebt, in der
das Leben, wie Gott es fuer alle Menschen und die gesamte Schoepfung
will, seine Erfuellung finden wird.

Die Arbeit des LWB in seinen Programmen, Projekten, Konferenzen,
Veranstaltungen, Tagungen und so weiter will ein Empfinden fuer
Gemeinschaft und Zusammengehoerigkeit schaffen. Die Bewahrung der
Schoepfung in ihrer Gesamtheit ist eine wesentliche Aufgabe, zu der die
Kirche von Gott berufen ist. 

Die Umweltkrise erinnert uns daran, dass die Schoepfung nicht uns
gehoert. Sie sollte uns daran erinnern, dass Gott der Schoepfer ist.
Wenn ich das vielfaeltige Leid, auch das Leid der Menschen sehe, werde
ich daran erinnert. Es geht hier um Gott, den Schoepfer, den, die
Schoepfung erhaltenden, den liebenden Gott. Fuer mich persoenlich sind
zum jetzigen Zeitpunkt meines Lebens die Schoepferkraft und die Liebe
die beiden wichtigsten Wesensmerkmale Gottes.

Mit dem Generalsekretaer des Lutherischen Weltbundes, Pfr. Dr. Ishmael
Noko, sprach Dirk-Michael Groetzsch.

Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens gehoert seit 1947 zum
Lutherischen Weltbund (LWB). Sie umfasst das Gebiet des ehemaligen
Landes Sachsen in den Grenzen von 1922. Mit rund 994.000
Gemeindegliedern in 950 Kirchgemeinden ist sie die zahlenmaessig
zweitgroesste Kirche im ostdeutschen Raum. (800 Woerter)

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 131 Mitgliedskirchen, denen rund 60,2 Millionen der weltweit
knapp 64 Millionen LutheranerInnen in 72 Laendern angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden.

***
LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
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Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
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