From the Worldwide Faith News archives www.wfn.org


ORK - Gute Nachricht fur die Armen?


From "Sheila Mesa" <smm@wcc-coe.org>
Date Thu, 16 Aug 2001 15:32:52 +0200

Okumenischer Rat der Kirchen
ORK-Feature, Feat-01-11
zur Veroffentlichung frei
16. August 2001

Gute Nachricht fur die Armen?

Vgl. ORK-Pressemitteilung, PR-01-27, 9. August 2001

Der ORK wurde 1998 von seiner Vollversammlung in Simbabwe
beauftragt, das Thema der Globalisierung ganz oben auf die
okumenische Tagesordnung zu setzen. Seither hat der ORK daran
gearbeitet, die Auswirkungen der wirtschaftlichen Globalisierung
bewusster  zu machen und eine okumenische Plattform fur
Reaktionen auf diese Herausforderung anzubieten. Weiter bereitet
er sich auf zwei bevorstehende Weltkonferenzen vor: einen
UN-Gipfel uber Entwicklungsfinanzierung im Marz 2002 in Mexiko 
und einen Weltgipfel fur nachhaltige Entwicklung im September
2002 in Johannesburg.   

Eine Reihe regionaler Konsultationen uber wirtschaftliche
Globalisierung sind Teil der Bemuhungen des Rates. Die erste
dieser Konsultationen uber "Globalisierung und Status
Confessionis" wurde 1998 gemeinsam vom ORK und dem Reformierten
Weltbund (RWB) in Bangkok durchgefuhrt. Eine zweite Konsultation
zum Thema "Globalisierung in Mittel- und Osteuropa - Reaktionen
auf die okologischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen" fand
im Juni dieses Jahres in Budapest statt und wurde gemeinsam vom
ORK, dem RWB, der Konferenz Europaischer Kirchen (KEK) und dem
Europaischen Gebietsausschuss des RWB veranstaltet. Das Thema der
internationalen Konsultation, die zurzeit in Nandi/Fidschi
(12.-17. August) abgehalten wird, lautet: "Wirtschaftliche
Globalisierung: die Insel der Hoffnung". Weitere regionale
Tagungen sind fur 2002 und 2003 in Westeuropa, Lateinamerika,
Afrika und Nordamerika geplant.  

Der vorliegende Artikel uber die Tagung in Fidschi wird durch
drei Interviews mit Teilnehmenden (nur auf Englisch verfugbar)
und einen usammenfassenden Schlussbericht erganzt werden. Wenn
Sie Interesse an den Interviews haben, so wenden Sie sich bitte
an das ORK-Medienburo (Adresse siehe unten).  

Personen aus uber dreissig Landern in allen Regionen der Welt
nehmen gegenwartig an einer Konsultation in Nandi/Fidschi teil.
Sie alle sind der Uberzeugung, dass Alternativen zur
wirtschaftlichen Globalisierung gefunden werden mussen. Alle
Teilnehmenden raumen ein, dass die Globalisierung sich in der
einen oder anderen Form Eingang in ihr Leben verschafft hat, alle
konnen aber auch uber negative Erfahrungen mit der
wirtschaftlichen Globalisierung berichten: die Armut und nicht
das Wirtschaftswachstum nimmt zu; Ausgrenzung und Not sind an der
Tagesordnung; Entscheidungen werden von immer weniger Menschen
gefallt und diese Entscheidungen drangen immer mehr Menschen an
den Rand der Gesellschaft.  

Dabei handelt es sich naturlich nicht um eine neue Debatte. Die
Auseinandersetzung daruber  ist bereits  auf den Strassen gefuhrt
worden, an den Tagungsorten der Weltbank, des IWF und der G8; sie
beschaftigt Forschungsinstitute und nimmt das Denken der
Intellektuellen in Anspruch. Auch die Religionsgemeinschaften
verfolgen die Entwicklung mit tiefer Sorge.  

Warum muss es Gewinner und Verlierer geben? Warum muss der
bevorzugte Motor fur die Schaffung von Wohlstand Wettbewerb statt
Zusammenarbeit sein? Warum muss die Weltwirtschaft von Strukturen
der Dominanz statt von Solidaritat bestimmt werden? Warum
herrscht offensichtlich Gleichgultigkeit statt Mitgefuhl
gegenuber dem Schicksal der Armen? Wie hat dieser Wettlauf
begonnen und wohin wird er uns fuhren?  

Der Okumenische Rat der Kirchen (ORK) und die Pazifische
Konferenz der Kirchen (PCC) haben die Personen, die sie zu der
Konsultation eingeladen haben, gebeten:"Erzahlt uns eure
Geschichte. Aber in eurer Geschichte sollte der Keim fur einen
neuen Anfang, eine neue Lebensperspektive angelegt sein." Die
Tatsache, dass ihre Geschichten sich so sehr ahneln, hat die
Teilnehmenden uberrascht. Sie haben den Eindruck, dass keine
grossen Debatten mehr uber die immer bedrohlicher werdende
wirtschaftliche Situation von Millionen von Menschen in der
ganzen Welt gefuhrt werden mussen. Hingegen haben sie das
dringende Gefuhl, dass noch sehr viel uber Strategien, die
Veranderungen herbeifuhren und den Ausgegrenzten Sicherheit
und Menschenwurde zuruckgeben, nachgedacht und diskutiert werden
muss.  

"Eine der grossen Aufgaben der okumenischen Bewegung besteht
darin, Solidaritat mit den Armen zu uben; das ergibt sich ganz
klar aus dem Auftrag, den Jesus uns erteilt hat, den Armen die
gute Nachricht zu verkunden - die gute Nachricht, dass die
Gefangenen frei sein sollen und dass das Gnadenjahr des Herrn
gekommen ist", sagt Dr. Agnes Abuom aus Kenia, eine der
Prasidentinnen des ORK, und sie fahrt fort: "Wo immer die
Machte der Finsternis, des Todes, das Leben bedrohen, erhebt
sich die okumenische Bewegung, um sie zu verurteilen und mit
Worten und Taten einzugreifen. Zum gegenwartigen Zeitpunkt liegt
eine der Ausdrucksformen der Machte des Todes, die die Menschheit
und das Leben in seiner Ganzheit bedrohen, genau in der Art und
Weise, wie die Weltwirtschaft global gesteuert wird."  

Gute Nachricht fur die Armen? US-Prasident George W. Bush glaubt
offensichtlich, dass die wirtschaftliche Globalisierung genau das
ist. In einer Rede, die er kurzlich vor der Weltbank hielt, sagte
er:"Handel ist gut fur die Armen und (daher) sind die Gegner der
Liberalisierung des  Handels keine Freunde der Armen." Die
Teilnehmenden an der Konsultation in Fidschi teilen diese Meinung
nicht. In grossen Volkswirtschaften werden Kleinbauern verdrangt.
Was sie fruher einmal fur den lokalen Markt produziert haben,
wird jetzt importiert. In Kenia wurden rohe Kaffeebohnen Gewinn
bringend exportiert, aber seit die Menschen angefangen haben, die
Kaffeebohnen weiterzuverarbeiten, haben sie aufgrund extrem hoher
Einfuhrzolle keinen Zugang mehr zu den Markten des Nordens. Es
gibt viele solcher Beispiele fur wirtschaftliche Ungerechtigkeit.
Menschliche Arbeitskraft wird billiger und ist Missbrauch
ausgesetzt; kleine Unternehmen brechen unter der Last der
Ausbeutung durch multinationale Unternehmen zusammen.  

"Unser Glaube ist ein Glaube, der das Leben bekraftigt. Er lasst
es nicht zu, dass wir einfach zuschauen, wie Menschen zerstort,
missbraucht oder manipuliert werden", sagt Dr. Agnes Abuom. "Der
ORK kann Menschen auf allen Ebenen, auf der globalen, der
regionalen und der lokalen Ebene zusammenbringen - genau wie er
es hier in Fidschi tut. Wir haben eine besondere Sicht der Dinge,
die andere Teile der Zivilgesellschaft vielleicht nicht so klar
zum Ausdruck bringen konnen. Der ORK bringt seine ethischen
Uberzeugungen ein, die spirituelle Dimension des Lebens, die
permanent negiert worden ist. Wer die Protestbewegungen der
Zivilgesellschaft in den letzten Jahren verfolgt hat, wird
festgestellt haben, dass dort zwar uber das Leben gesprochen
wird, aber nicht uber die spirituellen Gaben der Menschen, uber
ethische Fragen. Einer der wichtigsten Beitrage der okumenischen
Bewegung, einschliesslich des ORK, liegt darin, dass sie diese
Fragen aufgegriffen hat."  

Auf der Tagung in Fidschi beschreiben die Menschen aus dem
Pazifischen Raum und aus Afrika die zentralen Werte ihrer
Gemeinschaften - wie Gerechtigkeit, Partizipation und Solidaritat
- als Teil der Alternativen zu den Werten, die die
wirtschaftliche Globalisierung antreiben.  

In Afrika hat die Weltbank gezielt versucht, in Dialog mit den
Kirchen zu treten; sie hat von Partnerschaft und Zusammenarbeit
gesprochen. Fur Dr. Agnes Abuom bringen solche Einladungen neue
Herausforderungen mit sich: "Naturlich mussen wir zusammen mit
ihnen Brucken bauen. Dialog ist wichtig. Aber sie mussen wissen,
woher wir kommen. Wir sind glaubige Menschen. Unser Glaube gibt
uns Hoffnung auf eine bessere Zukunft, aber er macht uns auch
stark genug, dass wir den Stimmen all jener, die Opfer der Gier
oder des Wohlstands anderer Menschen geworden sind, Gehor und
Respekt verschaffen konnen."  

Weitere Informationen erhalten Sie von Buro der
Medienbeauftragten, 
Tel.:  (+41.22) 791.61.53, E-mail:  ses@wcc-coe.org 

**********
Der Okumenische Rat der Kirchen (ORK) ist eine Gemeinschaft von
342 Kirchen in uber 100 Landern auf allen Kontinenten und aus
praktisch allen christlichen Traditionen. Die romisch-katholische
Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ORK
zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die
ungefahr alle sieben Jahre zusammentritt. Der ORK wurde 1948 in
Amsterdam (Niederlande) offiziell gegrundet. An der Spitze der
Mitarbeiterschaft steht Generalsekretar Konrad Raiser von der
Evangelischen Kirche in Deutschland.

Okumenischer Rat der Kirchen
ORK-Medienbeauftragte 
Tel: (41 22) 791 6153 / 791 6421
Fax: (41 22) 798 1346
E-Mail: ka@wcc-coe.org 
Internet: www.wcc-coe.org 

Postfach 2100
1211 Genf 2, Schweiz


Browse month . . . Browse month (sort by Source) . . . Advanced Search & Browse . . . WFN Home