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Kirchen besorgt ueber ``Plan Colombia``


From "Frank Imhoff" <franki@elca.org>
Date Sun, 19 Aug 2001 12:55:08 -0500

"Sie wollen das Feuer mit Benzin loeschen"
LWB-Kirchen Lateinamerikas sind besorgt ueber Auswirkungen des "Plan Colombia"

Quito (Ecuador)/Genf, 18. August 2001 (LWI) - "Sie wollen das Feuer
mit Benzin loeschen", so kommentierte Anfang des Jahres ein
Taxifahrer in Barranquilla, Kolumbien, den sogenannten "Plan
Colombia", mit dem die USA und die kolumbianische Regierung gegen den
Drogenhandel vorgehen wollen. Aehnliche Meinungen aeusserten auch
Kirchenleiter in Kolumbien sowie kolumbianische PfarrerInnen. Mit dem
"Plan Colombia" sollen die illegale Kokainproduktion in Kolumbien,
Drogenschmuggel sowie Guerillakrieg bekaempft werden. Kolumbien
produziert nach offiziellen Angaben ueber drei Viertel des weltweit
konsumierten Kokains. Der "Plan Colombia", der mit rund 1,3
Milliarden US-Dollar massgeblich von den USA unterstuetzt wird,
reicht von militaerischen Massnahmen bis zur Ersetzung des Anbaus von
Koka und Mohn durch legale Kulturen.

Wie der US-amerikanische Aussenminister Collin Powell erklaerte,
sollen die 1,3 Milliarden US-Dollar dafuer aufgewendet werden, "der
kolumbianischen Regierung zu helfen, ihre eigenen Leute zu schuetzen,
den illegalen Drogenhandel zu bekaempfen, den Guerillakrieg zu
beenden und, an letzter Stelle, eine tragfaehige, friedliche
Beilegung des Konflikts zu erreichen."

Bedenken ueber die Folgen des "Plan Colombia" werden von vielen
Seiten geaeussert. Mitte Juni bestaetigte der Rat des Lutherischen
Weltbundes (LWB) die von der diesjaehrigen Konferenz der Bischoefe
und PraesidentInnen der lateinamerikanischen LWB-Mitgliedskirchen
geaeusserte Besorgnis ueber die negativen Auswirkungen des "Plan
Colombia". Die lutherische Gemeinschaft sowie ihre oekumenischen
Partner wurden aufgefordert, einen Konsultationsprozess ueber die
humanitaeren Konsequenzen dieser Politik zu fuehren. Weiterhin wurde
Besorgnis ueber die Situation der Binnenvertriebenen in Kolumbien und
der Fluechtlinge, die in Nachbarlaendern Zuflucht gesucht haben,
geaeussert.

Die Bischoefe und Praesidenten der LWB-Kirchen der Andenregion haben
bereits vereinbart, ihre Hilfe fuer Menschen, die im Zuge des "Plan
Colombia" vertrieben worden sind oder fluechten mussten, zu
koordinieren. Mennoniten-Pfarrer Roberto Caicedo vom
Lateinamerikanischen Kirchenrat (CLAI) erklaerte, "wir sehen, dass
unter einigen Kombattanten in diesem Konflikt noch immer eine starke
Tendenz besteht, die Loesung im bewaffneten Kampf oder zumindest in
der Repression zu suchen. Zu einem guten Teil ist der *Plan Colombia'
auf Repression gerichtet; sie ist die ihm zugrundeliegende
Philosophie". Der Kirchenrat sei der Auffassung, so Caicedo, "dass
das Ende des Konfliktes noch laengst nicht in Sicht ist. Vor uns
liegt noch ein weiter Weg; wir muessen darauf bestehen, dass der
bewaffnete Konflikt und auch die sozialen Konflikte, die die Ursache
der ganzen Problematik - einschliesslich des Drogenhandels - sind,
auf dem Verhandlungsweg beigelegt werden.

Skepsis aeussern auch die Regierungen der EU-Laender. Die
Europaeische Union lehnt die starke militaerische Ausrichtung des
"Plan Colombia" ab, da ein besonders hohes Gewicht auf die
Bekaempfung des Drogenanbaus und Drogenhandels durch repressive
Gewalt gelegt werde. Zugesagt wurde jedoch politische und
wirtschaftliche Unterstuetzung. So will die EU
Nichtregierungsorganisationen und soziale Projekte mit rund 100
Millionen US-Dollar unterstuetzen. Die Kritik richtet sich besonders
gegen die unzureichende Beteiligung der Zivilgesellschaft und die
Form der Drogenbekaempfung durch umweltschaedliche Bespruehungen.

Kritik uebt auch der kolumbianische Wirtschaftswissenschaftler Luis
Garay. Er weist darauf hin, dass "nur ein Drittel des Geldes fuer
staatliche Entwicklungspolitik, fuer die Staerkung der Justiz, fuer
die Menschenrechte, fuer die Entwicklung von Alternativen fuer
ungesetzliche Kulturen und fuer soziale Projekte aufgewandt wird."

Fuer eine spuerbare Verbesserung der politischen und sozialen
Situation in Kolumbien reicht das sicher nicht aus. Alle drei Stunden
wird in Kolumbien ein Mensch entfuehrt, nahezu jeden Tag wird ein
Massaker veruebt. Nach den Angaben von Jairo Roa von World Vision
kamen bisher ueber 35.000 Zivilisten ums Leben, 3 Millionen Menschen
wurden vertrieben, 70 % davon sind Kinder.

UNICEF macht darauf aufmerksam, dass die erdrueckende Armut rund
6.000 Maedchen und Jungen in die Arme linker und rechter Gruppen
treibt. Fuenfzehn Prozent des Landes sind vermint. Rund 1.400
Menschen wurden von Minen verletzt und verstuemmelt, 58 von ihnen
sind Kinder. Folter ist gaengige Praxis; die Opfer werden dabei
haeufig zu Krueppeln. (617 Woerter)

(Dieser Beitrag basiert auf Informationen von Alejandro Querejeta,
Journalist in Ecuador.)

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
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