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Kampf gegen Rassismus ist ein moralischer Imperativ
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"Frank Imhoff" <franki@elca.org>
Date
Mon, 17 Sep 2001 11:55:16 -0500
LWB-Generalsekretaer ruft zu weiterem Engagement gegen Rassismus auf
Genf, 14. September 2001 (LWI) - Der Generalsekretaer des Lutherischen
Weltbundes (LWB), Pfr. Dr. Ishmael Noko, wertet die kuerzlich zu Ende
gegangene UN-Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung,
Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhaengende Intoleranz als einen
historischen Erfolg. Es sei gelungen, so Noko nach seiner Rueckkehr aus
Durban in einer Erklaerung, VertreterInnen von mehr als 160 Regierungen
und zahlreicher Gemeinschaften und Voelker, die noch immer unter den
Auswirkungen von Rassismus und den damit verbundenen Formen der
Diskriminierung und Intoleranz zu leiden haben, am Konferenztisch
zusammenzufuehren.
Zum ersten Mal sei es nach dem Ende der Apartheid gelungen, ein Forum
zu schaffen, vor dem das gesamte Spektrum der Probleme von Rassismus,
Rassendiskriminierung und Fremdenfeindlichkeit ausgebreitet und
erforscht werden konnte. Es sei kaum verwunderlich, "dass dabei Streit
und Konfrontation aufkamen, denn diese Probleme tragen den Keim von
Streit und Konfrontation in sich", so Noko.
In seiner Erklaerung betont LWB-Generalsekretaer Noko, dass sich der
wirkliche Erfolg der Konferenz, die vom 31. August bis 8. September in
Durban, Suedafrika, stattfand, am besten daran messen lassen werde, wie
die dort eingegangenen Verpflichtungen nach der Konferenz erfuellt
werden. Er fordert Regierungen, nichtstaatliche Organisationen (NGOs)
und die Zivilgesellschaft nachdruecklich auf, zum taeglichen Kampf
gegen Rassismus, Rassendiskriminierung und Fremdenfeindlichkeit
zurueckzukehren.
Noko erinnert an die eindeutige Haltung, die die Kirchen in der
Vergangenheit gegen die Apartheid in Suedafrika eingenommen haben, und
ruft sie auf, erneut ihre "prophetische Stimme" laut gegen den
Rassismus zu erheben und dabei auch "die Wurzeln des Rassismus"
auszurotten, die "noch immer in unseren und unter unseren Kirchen
selbst zu finden sind".
Ein oder zwei Gruppen in Durban sei es zuzuschreiben, so Noko, "dass
antisemitische Bilder und Parolen verbreitet wurden, die in hoechstem
Masse verwerflich und beklagenswert sind". Der Lutherische Weltbund
verurteile die Verbreitung und Unterstuetzung solcher Einstellungen auf
das Schaerfste und bedauere zutiefst, "dass die Aktionen einiger
weniger Extremisten naturgemaess auf die Reaktion der Weltgemeinschaft
auf die legitimen Forderungen des palaestinensischen Volkes abgefaerbt
haben", betont LWB-Generalsekretaer Noko in seiner Erklaerung. So
wichtigen Problemen wie der Lage von Fluechtlingen und
AsylbewerberInnen sei nicht die Aufmerksamkeit zuteil geworden, die von
einer solchen Konferenz zu erwarten gewesen waere. (360 Woerter)
Im Folgenden finden Sie den vollstaendigen Wortlaut der Erklaerung von
LWB-Generalsekretaer Noko:
Nach Durban
Dem Rassismus, der Rassendiskriminierung, der Fremdenfeindlichkeit und
der damit zusammenhaengenden Intoleranz entgegentreten
Erklaerung des Generalsekretaers des Lutherischen Weltbundes,
Pfr. Dr. Ishmael Noko
Die Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung,
Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhaengende Intoleranz, die vom
31. August - 8. September 2001 in Durban, Suedafrika, stattfand, bot
mehr als 160 Staaten und vielen Organisationen aus der
Zivilgesellschaft, deren Vertreter dort versammelt waren, eine
einzigartige Chance, die heutigen Erscheinungsformen des Rassismus und
der damit zusammenhaengenden Formen von Diskriminierung und Intoleranz
zu untersuchen und sich damit auseinanderzusetzen. Die Konferenz
appellierte an alle TeilnehmerInnen, zu denen auch zahlreiche
KirchenvertreterInnen gehoerten, auf die Stimmen der Opfer zu hoeren
und die Wurzeln des Rassismus in unseren eigenen Gemeinschaften und
Verhaltensweisen aufzuspueren. Manche waren bereit, sich dieser Aufgabe
zu stellen, andere nicht.
In der Zeit des Kampfes gegen die Apartheid konnten viele von uns -
Staaten, Gemeinschaften, Kirchen und Einzelne - das Problem auf den
Widerstand gegen den institutionellen Rassismus und auf
diskriminatorische Praktiken des suedafrikanischen Apartheid-Regimes
projizieren. In Durban ging es indessen darum aufzuspueren, wo in den
finsteren Ecken unseres eigenen "Hauses" Rassismus lauert. Der
schuldbewusste Widerstand gegen diese Aufforderung zur Selbstpruefung
hat zum Entstehen des heftigen Streits bei der Weltkonferenz
beigetragen.
Manche haben das Mass an Konfrontation in Durban beklagt. Wenn man sich
jedoch auf die weitverbreiteten, bestaendigen und tief verwurzelten
Einstellungen und Praktiken des Rassismus, der Rassendiskriminierung,
der Fremdenfeindlichkeit und der damit zusammenhaengenden Intoleranz
einlaesst, ist Konfrontation unvermeidlich und notwendig. Solchen
Einstellungen und Praktiken muss entgegengetreten werden.
In der Auseinandersetzung mit dem Rassismus und im Bemuehen um seine
Beseitigung kommt es jedoch gelegentlich zu "Hasstiraden" und zu einem
"Gegenrassismus", der sich antirassistisch geriert. Auch die
Weltkonferenz war leider vor diesem Phaenomen nicht gefeit. Ein oder
zwei Gruppen in Durban ist es zuzuschreiben, dass antisemitische Bilder
und Parolen verbreitet wurden, die in hoechstem Masse verwerflich und
beklagenswert sind. Der Lutherische Weltbund verurteilt die Verbreitung
und Unterstuetzung solcher Einstellungen auf das Schaerfste und
bedauert zutiefst, dass die Aktionen einiger weniger Extremisten
naturgemaess auf die Reaktion der Weltgemeinschaft auf die legitimen
Forderungen des palaestinensischen Volkes abgefaerbt haben.
Die juengsten Entwicklungen in meinem eigenen Land, in Simbabwe, zu
Ende der Konferenz haben bewiesen, dass es sehr wohl moeglich ist, sich
mit den heutigen Nachwirkungen einer rassistischen Vergangenheit
auseinanderzusetzen und den Tendenzen eines Gegenrassismus
entgegenzutreten. Die Einigung in der Landfrage in Simbabwe setzt einen
positiven Gegenpol zu der in Durban aufgebrochenen polarisierten
Debatte ueber die Wiedergutmachung des in der Vergangenheit begangenen
Unrechts. Es muss darauf geachtet werden, dass die Wiedergutmachung des
Unrechts der Sklaverei und des Kolonialismus auch wirklich denen auf
sinnvolle Weise zugute kommt, die noch immer in seinem Schatten leben.
Eine konkrete Antwort auf die Landlosigkeit in vielen Laendern der Welt
gehoert zu den Schluesselaufgaben bei der Loesung der sogenannten
"Probleme der Vergangenheit", unter denen Millionen von Menschen noch
immer leiden.
Ob die in Durban zu diesen "Problemen der Vergangenheit" gefundene
Kompromissloesung wirklich ein Fortschritt ist, haengt davon ab, ob sie
wirklich und nicht nur rhetorisch die Aufmerksamkeit auf die Lage
derjenigen Voelker und Gemeinschaften lenkt, die mehr die Last dieser
Vergangenheit zu tragen haben, als von ihren Segnungen zu profitieren.
Angesichts der spannungsgeladenen zwischenstaatlichen Verhandlungen in
Durban ueber die zwei oder drei kontroversesten Themen fanden andere
wichtige Probleme wie die Lage der Fluechtlinge und AsylbewerberInnen
nicht die Aufmerksamkeit, die ihnen bei einer Weltkonferenz gegen
Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit
zusammenhaengende Intoleranz am Anfang des 21. Jahrhunderts haette
zuteil werden muessen.
Sehr bedauerlich ist ferner, dass die Lage einer Viertelmillion
Menschen, die noch immer unter den Auswirkungen dem Kastenwesen und
aehnlichen Systemen innewohnender Diskriminierung leiden, in der
Erklaerung und im Aktionsprogramm der Weltkonferenz keine Erwaehnung
fand. Eine einzige Regierung traegt die Verantwortung dafuer, dass
nicht einmal ein kurzer Hinweis auf diese Form der Diskriminierung
("Diskriminierung aufgrund von Herkunft und Beschaeftigung") in das
Konferenzergebnis aufgenommen worden ist. Obwohl sie in den offiziellen
Dokumenten der Konferenz nicht erwaehnt sind, waren die
Dalit-Gemeinschaften in Suedasien so stark und ueberzeugend in Durban
praesent, dass der Kampf um die internationale Anerkennung ihres
Schicksals schon gewonnen ist. Ich bete darum, dass diese Anerkennung
auch zu Massnahmen fuehren wird, der Unterdrueckung und
Diskriminierung, unter denen diese Gemeinschaften ein Jahrtausend lang
zu leiden hatten, ein Ende zu setzen.
Die Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung,
Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhaengende Intoleranz war ein
historischer Erfolg. Es gelang, VertreterInnen von mehr als 160
Regierungen und zahlreicher Gemeinschaften und Voelker, die noch immer
unter den Auswirkungen von Rassismus und den damit verbundenen Formen
der Diskriminierung und Intoleranz zu leiden haben, am Konferenztisch
zusammenzufuehren. Zum ersten Mal nach dem Ende der Apartheid gelang
es, ein Forum zu schaffen, vor dem das gesamte Spektrum der Probleme
von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und der
damit zusammenhaengenden Intoleranz ausgebreitet und erforscht werden
konnte. Es ist kaum verwunderlich, dass dabei Streit und Konfrontation
aufkamen, denn diese Probleme tragen den Keim von Streit und
Konfrontation in sich.
Der eigentliche Erfolg von Durban wird indessen daran zu messen sein,
inwieweit die dort offiziell und inoffiziell aufgeworfenen Probleme und
die verschiedenen eingegangenen Verpflichtungen erst genommen werden
und in den naechsten Monaten und Jahren weiter daran gearbeitet wird.
Alle fuer diese Probleme Verantwortlichen - Regierungen,
zwischenstaatliche Organisationen und die Zivilgesellschaft - sollten
diese Chance nutzen und sich erneut im alltaeglichen Kampf gegen
Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und die damit
zusammenhaengende Intoleranz engagieren.
Ich bete darum, dass die Kirchen, deren Stimmen im Kampf gegen die
Apartheid so deutlich zu vernehmen waren, diese Gelegenheit wahrnehmen
werden, erneut ihre prophetische Stimme laut gegen den Rassismus zu
erheben und die Wurzeln des Rassismus, die noch immer in unseren und
unter unseren Kirchen selbst zu finden sind, auszurotten.
Der Kampf gegen den Rassismus ist ein bestaendiger Kampf, denn
Rassismus ersteht allen Bemuehungen um seine Beseitigung zum Trotz
immer wieder neu und in immer neuer Form. Der Kampf gegen den Rassismus
ist ein weltweiter Kampf, denn keine Gesellschaft ist frei von dieser
Plage. Der Kampf gegen den Rassismus ist ein moralischer Imperativ,
denn Rassismus leugnet die Wuerde, die Gott jedem einzelnen Menschen
gegeben hat.
Diesen Kampf lasst uns miteinander aufnehmen.
9. September 2001
(992 Woerter)
* * *
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 133 Mitgliedskirchen, denen rund 60,5 Millionen der weltweit
rund 64,3 Millionen LutheranerInnen in 73 Laendern angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses,
z.B. oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe,
Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions-
und Entwicklungsarbeit.
Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden.
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Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
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