From the Worldwide Faith News archives www.wfn.org


ORK - Entwurzelte berichten von Leiden und Hoffnung


From "Sheila Mesa" <smm@wcc-coe.org>
Date Wed, 19 Sep 2001 12:24:40 +0200

Okumenischer Rat der Kirchen
Feature, Feat-01-15
zur Veroffentlichung frei
19. September 2001

Entwurzelte berichten von Leiden und Hoffnung 

Raymond Bitemo

Als 1994 die Kampfe zwischen Hutus und Tutsis in Ruanda und
Burundi ausbrachen, flohen ca. eine Million Fluchtlinge in die
heute so genannte Demokratische Republik Kongo (RDC). 1996
fuhrten Kampfe in der Demokratischen Republik Kongo zwischen
Rebellen und Regierungsstreitkraften zu weiteren Vertreibungen
von Fluchtlingen. Der zerstorerische Burgerkrieg in der
Demokratischen Republik Kongo brach 1998 erneut aus, und auch die
Kampfe gehen vereinzelt weiter, was zu einer Verscharfung des
ernsten Problems der Entwurzelten - Fluchtlinge und
Binnenvertriebene - in der Region fuhrte.  

Zusatzlich zu all ihren Anstrengungen, die sie unternimmt, um
den Krieg zu beenden, dem sie die Hauptschuld fur die
Entwurzelung in der Demokratischen Republik Kongo (RDC) gibt,
fuhrte die Kirche Christi im Kongo (ECC) ein umfassendes
Kolloquium in Kinshasa vom 5.bis 16. August durch, um ihre
Mitglieder und Verantwortlichen zum Thema der Entwurzelten
ausfuhrlich zu informieren und praktische Antworten
aufzuzeigen.  

Die Kirche Christi im Kongo ist Mitglied des Okumenischen Rates
der Kirchen (ORK). Dem Kolloquium im August schloss sich ein
Treffen ihres Exekutivausschusses an, das die gleichen Fragen
erorterte. Der vorliegende Beitrag von Raymond Bitemo ist der
zweite einer dreiteiligen Artikelreihe uber entwurzelte Menschen
in der Demokratischen Republik Kongo und Teil einer umfassenderen
Artikelserie uber Fluchtlinge und Binnenvertriebene. Bitemo
stammt aus Kongo Brazzaville und war einst gezwungen, seine
Heimat zu verlassen. Heute lebt er wieder in Kongo Brazzaville. 

Das von der Kirche Christi im Kongo durchgefuhrte Kolloquium vom
5.bis 16. August bot unter anderem Zeit zum Zuhoren und zum
Austausch. Zwei 
Erlebnisberichte entwurzelter Menschen verdeutlichten den
Teilnehmern, was es heisst, Fluchtling oder Binnenvertriebener zu
sein.   

Pastor Kongo, heute Generalsekretar im Haus der Bibel in der
Demokratischen Republik Kongo (RDC), erinnerte an den Ausbruch
des Mulelisten-Aufstandes in Bondo in der Ostprovinz im Jahr
1964. "Ich war damals erst sieben Jahre alt. Zusammen mit meinen
Eltern und meinen Brudern floh ich vor den Kampfen. Wir wurden
standig weitergetrieben. Unsere lange Reise fuhrte uns
schliesslich ins Exil in die Zentralafrikanische Republik. Den
Rebellen war es gelungen, alle Kollegen meines Vaters aus dem
Staatsdienst umzubringen, und nun waren sie auf der Suche nach
ihm. Wir ertrugen psychische und korperliche Folter,
Frustrationen und Traumata jeder Art und uberlebten, indem wir
Kleinhandel betrieben, auf dem Feld arbeiteten, Brennholz hackten
oder andere Gelegenheitsarbeiten annahmen. Zu all unseren
Schwierigkeiten kam noch die, eine Ausbildung zu bekommen. Doch
ich muss anerkennend sagen, dass die Hilfsorganisationen sehr
grosszugig Nahrungsmittel und Medikamente verteilt haben."   

Im Zusammenhang mit dem "Besetzungskrieg, der 1998 mit seiner
Serie an Graueltaten an unschuldigen Menschen begann", sagte
Pastor Kongo, dass er bereit sei "als Pastor und Diener Gottes"
den Mordern und Schlachtern zu vergeben. "Wenn ich die
Gelegenheit hatte, in Ruanda und den Agressorenstaaten zu
predigen, wurde ich eine Botschaft der Liebe fur unsere Nachbarn,
fur Frieden und Busse verkunden. Zu viel Blut von vielen Tausend
Unschuldigen Menschen ist in der Region der grossen Seen
vergossen worden. "   

Der Krieg hat auch Sidonie Malanda (angenommener Name) aus
Kongo-Brazzaville vertrieben. Sie berichtete auf dem Kolloquium,
dass sie bereits zweimal uber den Bas-Congo in Brazzaville Exil
gefunden hat. Das erste Mal war sie 1997 gekommen, das zweite Mal
im Marz 1999. Seitdem lebt sie hier.  

"Ich hatte mich um den Posten des Premierministers der
Ubergangsregierung beworben. Zu dem Zeitpunkt fand gerade die
souverane Nationale Konferenz statt, und das war auch der Grund
fur einige der Schikanen, die ich spater erdulden musste. Da
ich eine Ausbildung im Bereich Internationale Beziehungen habe,
habe ich nie gezogert, den Verantwortlichen meines Landes mit
Ratschlagen zur Seite zu stehen. Seitdem werde ich verdachtigt,
stehe auf der schwarzen Liste und werde beobachtet. Ich musste im
Untergrund leben und wurde schon mehrfach von bewaffneten Mannern
angegriffen.  

"Wahrend des Krieges im Jahr 1998 gelang mir die Flucht uber die
Ruckseite meines Hauses. Einige meiner Verwandten wurden
umgebracht. Ich weiss nicht, wo mein Mann und unsere Kinder sind,
ob sie uberhaupt noch am Leben sind. Zunachst wurde ich innerhalb
meines Landes vertrieben. Ich verbrachte Monate in Waldern im
Sudosten, wo ich alle Arten von Erniedrigungen uber mich
ergehen lassen musste (Folter, Vergewaltigung, Morddrohungen...)
Daher beschloss ich, uber den Bas-Congo nach Kinshasa zu fliehen.
Als ich im Bas-Congo ankam, wurde ich von den kongolesischen
Ordnungskraften misshandelt. Einige Zeit spater jedoch nahmen
mich meine kongolesischen Bruder und Schwestern auf, und ich
konnte mich erholen und Ruhe finden. Die Erinnerung an die
Alptraume, die ich durchleben musste, zwingen mich, mit der
Hilfe und unter dem Schutz meiner Familie, die mich aufgenommen
hat, hierzubleiben. "Das Geheimnis meiner Widerstandskraft", so
schloss sie, "liegt in meinem Glauben an Gott und im Gebet
begrundet."  

Die beiden Zeugnisse waren fur das Kolloquium sehr hilfreich, um
die Grunde fur die Entwurzelung zu benennen: Angst, Erniedrigung,
Unsicherheit, Intoleranz, Hass...; die Bedurfnisse entwurzelter
Menschen: Nahrung, Kleidung, Schutz, Zuwendung, Trost,
Gastfreundschaft, Informiertsein uber ihre Rechte...; und die
Quellen fur ihre Starke: Glauben an Gott, Gebet,
Entschlossenheit, Hoffnung...  All diese Elemente der
Entwurzelung hatte S. Tilewa Johnson, Bischof von Gambia und
Vorsitzender des Ausschusses fur Fluchtlinge und Nothilfe der
Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz (AACC), im Gedachtnis, als
er die Kirche Christi im Kongo dazu aufrief, "die entwurzelten
Menschen bei der Benennung ihrer Bedurfnisse mit einzubeziehen
und Brucken zwischen ihnen und den Gemeinschaften, die sie
aufnehmen, zu bauen."  

Weitere Informationen erhalten Sie von:  Karin Achtelstetter,
Medienbeauftragte
Tel:   (++41.22) 791.61.53    Handy:  (+41) 79.284.52.12 

**********
Der Okumenische Rat der Kirchen (ORK) ist eine Gemeinschaft von
342 Kirchen in uber 100 Landern auf allen Kontinenten und aus
praktisch allen christlichen Traditionen. Die romisch-katholische
Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ORK
zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die
ungefahr alle sieben Jahre zusammentritt. Der ORK wurde 1948 in
Amsterdam (Niederlande) offiziell gegrundet. An der Spitze der
Mitarbeiterschaft steht Generalsekretar Konrad Raiser von der
Evangelischen Kirche in Deutschland.

Okumenischer Rat der Kirchen
ORK-Medienbeauftragte 
Tel: (41 22) 791 6153 / 791 6421
Fax: (41 22) 798 1346
E-Mail: ka@wcc-coe.org 
Internet: www.wcc-coe.org 

Postfach 2100
1211 Genf 2, Schweiz


Browse month . . . Browse month (sort by Source) . . . Advanced Search & Browse . . . WFN Home