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HelferInnen draengen auf auslaendische politische Intervention in Afghanistan


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Wed, 21 Nov 2001 11:38:01 -0600

UN-Friedenstruppen faenden groessere Akzeptanz bei AfghanInnen

Peshawar (Pakistan)/Genf, 21. November 2001 (LWI/ENI) - Auf die
Gefahr gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden
Bevoelkerungsgruppen in Afghanistan haben Mitglieder kirchlicher
Hilfsorganisationen, die im Grenzgebiet zwischen Pakistan und
Afghanistan aktiv sind, hingewiesen. Der internationalen
Voelkergemeinschaft bleibe nur noch wenig Zeit, um ein Blutbad in
Afghanistan zu verhindern, so die HelferInnen.

"Wir brauchen einen massiven Truppeneinsatz, nicht unter dem Vorwand,
die humanitaere Hilfe zu schuetzen, denn wir wissen selbst am besten,
wie dies zu geschehen hat. Vielmehr muessen diese Truppen schlicht
die kriegfuehrenden Parteien voneinander trennen und das Land davor
bewahren, im Chaos zu versinken," so die Aussage eines Mitglieds
einer kirchlichen Hilfsorganisation aus Europa, das nicht namentlich
genannt werden wollte.

Die kirchlichen MitarbeiterInnen an der Grenze zwischen Afghanistan
und Pakistan haben keine Vorbehalte, offen ueber die Hilfsmassnahmen
zu sprechen. Viele wollen sich jedoch nicht oeffentlich zu
politischen Fragen aeussern, denn sie leisten ihre Arbeit in einem
politisch unsicheren Umfeld.

In der staubigen Grenzstadt Peshawar, in der mehr als eine Million
afghanischer Fluechtlinge Zuflucht gefunden hat, fuerchten die
HelferInnen, dass sich die Geschichte wiederholen koennte. Nach der
Absetzung der von sowjetischen Truppen gestuetzten afghanischen
Regierung Anfang der 90er Jahre wurde das Land vom Buergerkrieg
zerrissen.

Die MitarbeiterInnen der Hilfsorganisationen vertreten die
Auffassung, dass die Usbeken, Tadschiken und Hasara der Nordallianz,
die inzwischen zahlreiche afghanische Staedte erobert haben, sich von
den groesstenteils aus Paschtunen bestehenden Talibanmilizen nur
unwesentlich unterscheiden.

"Heute sind sie die Befreier von Kabul, so wie vor fuenf Jahren die
Taliban die Befreier Kabuls waren, als sie die Menschen von der
Herrschaft derjenigen befreiten, die heute zur Nordallianz gehoeren,"
so Geir Valle, Vertreter des norwegischen christlichen Hilfswerks
Norwegian Church Aid (NCA) in Peshawar.

Valle befuerwortet ein schnelles Eingreifen bewaffneter UN-Truppen
anstelle von US-amerikanischem oder britischem Militaer. "Die
Vereinten Nationen haben groessere Legitimitaet und waeren zum
gegenwaertigen Zeitpunkt fuer die AfghanInnen eher akzeptabel",
betonte Valle gegenueber ENI.

Weiterhin habe der ehemalige afghanische Koenig Zahir Schah, der in
Rom im Exil lebt, am ehesten die Moeglichkeit, die verfeindeten
afghanischen Bevoelkerungsgruppen zu versoehnen und mit einem
gemeinsamen politischen Ziel zu einen. "Es wird Zeit, dem Koenig eine
Chance zu geben", so Valle.

Der ehemalige afghanische Koenig befuerworte die Einberufung eines
Rates der Stammesfuehrer zur Loesung des politischen Konflikts. Er
sei fuer die Paschtunen, die die Bevoelkerungsmehrheit in Afghanistan
stellen, akzeptabler als der ehemalige Praesident Burhanuddin
Rabbani. Rabbani ist Tadschike und haelt sich gegenwaertig in der
afghanischen Hauptstadt Kabul auf.

Bei schiitischen MuslimInnen in Kabul stoesst Rabbani auf Vorbehalte.
Karim Khalili, Fuehrer der schiitischen Gruppierung in der
Nordallianz ist mit rund 3.000 Kaempfern bis vor die Tore der
Hauptstadt marschiert, um Rabbani dazu zu veranlassen, Macht
abzugeben. Khalili hat die UN aufgerufen, Friedenstruppen zu
entsenden, was Rabbani bisher ablehnt.

"Es koennte schon zu spaet sein", klagte ein weiteres Mitglied einer
Hilfsorganisation. Truppen der Nordallianz haetten bereits den Abzug
der britischen Truppen von der Luftwaffenbasis Bagram im Norden
Kabuls gefordert. "Diese Entwicklung, in deren Verlauf die ethnischen
Gruppierungen auf der lokalen und regionalen Ebene die Kontrolle
wieder uebernehmen, ist vielleicht schon zu weit fortgeschritten. Die
Kriegsherren wollen einen Abzug der auslaendischen Truppen, damit sie
die Kontrolle ueber ihr jeweiliges Stueckchen Territorium
konsolidieren koennen", so die Befuerchtungen.

Laut Masoom Stanezkai, Direktor der Organisation fuer Wiederaufbau
und Energie (Agency for Rehabilitation and Energy Conservation),
waere eine der Hauptaufgaben fuer internationale Streitkraefte die
Entwaffnung der Konfliktparteien. "Fuer normale AfghanInnen ist die
Zugehoerigkeit zu verschiedenen ethnischen Gruppen kein Problem, wenn
die Waffen aus dem Verkehr gezogen werden", so Stanezkai gegenueber
ENI. Seine Organisation wird von ACT (Action by Churches
Together/Kirchen helfen gemeinsam), dem in Genf angesiedelten
internationalen Netzwerk kirchlicher Hilfsorganisationen,
unterstuetzt.

Laut Julia McDade, einer lokalen Vertreterin der britischen
Organisation Christian Aid, besteht ein Schluesselelement fuer die
Loesung des Konflikts in der Frage, ob die afghanische Bevoelkerung
eine Verhandlungsloesung als etwas aus ihrer eigenen problembeladenen
politischen Kultur Hervorgegangenes oder etwas ihnen von aussen
Aufgezwungenes wahrnehmen wird.

"Wenn die Bevoelkerung die Loesung, die die Voelkergemeinschaft
zwischen den afghanischen Fuehrern vermittelt, fuer sich annehmen
kann, dann wird sie die Araber und andere, die die Taliban
unterstuetzen, ablehnen und sie ausliefern", so McDade. "Wird aber
ihre Hoffnung fuer die Zukunft erstickt, dann haben die Taliban die
Chance, sich neu zu organisieren. Es muss schnell eine Loesung
gefunden werden, sonst wird das Leiden der Menschen lange andauern."
(717 Woerter)

(Dieser Beitrag basiert auf Informationen von ENI - Ecumenical News
International.)

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