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Neoliberalismus hat viel Sorgen, Leid und Armut gebracht


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Wed, 01 May 2002 09:06:56 -0500

Lutherische KirchenleiterInnen Lateinamerikas formulieren
gemeinsame Erklaerung zu Neoliberalismus, Auslandsschulden und
Globalisierung

Santa Cruz (Bolivien)/Genf, 30. April 2002 (LWI) - In einem
Hirtenbrief haben die lutherischen Bischoefe und
KirchenpraesidentInnen Lateinamerikas die Regierungen und
PolitikerInnen ihrer Laender aufgefordert, gegebene Versprechen
einzuhalten. Sie seien sehr besorgt angesichts des Misstrauens,
das die Bevoelkerungen der betreffenden Laender den Regierungen
entgegenbringen wuerden, so die TeilnehmerInnen der Konferenz der
Bischoefe und KirchenpraesidentInnen der lutherischen Kirchen in
Lateinamerika (COP 2002), die vom 7. bis 11. April in Santa Cruz
(Bolivien) tagte.

Pfarrerin Gloria Rojas, Praesidentin der Evangelisch-Lutherischen
Kirche Chiles, unterstrich in ihrer Predigt im
Eroeffnungsgottesdienst, dass die Anwesenheit der lutherischen
KirchenleiterInnen Lateinamerikas sowie der VertreterInnen des
Lutherischen Weltbundes (LWB) und der Evangelisch-Lutherischen
Kirche in Amerika (ELKA) einen "bis dahin nicht dagewesenen
Rueckhalt" fuer die bolivianische Kirche und insbesondere fuer die
kleine gastgebende Gemeinde "Fe y Esperanza" (Glaube und Hoffnung)
darstellen.

In einem Grusswort betonte LWB-Generalsekretaer Pfr. Dr. Ishmael
Noko, er nehme an der Konferenz teil, um zu erfahren, ws die
lutherischen Kirchen Lateinamerikas der Welt mitteilen wollen.
Weiterhin informierte er sich ueber die Vorbereitungen auf die
Zehnte LWB-Vollversammlung, die im Juli 2003 im kanadischen
Winnipeg stattfinden wird. Noko ueberbrachte den
KonferenzteilnehmerInnen Gruesse von LWB-Praesident Landesbischof
i. R. Dr. Christian Krause, der zum Zeitpunkt der Konferenz die
LWB-Mitgliedskirchen in Indonesien besuchte.

In ihrer Abschlusserklaerung kritisierten die KirchenleiterInnen
aus 14 Laendern das "auf dem ganzen Kontinent vorherrschende
neoliberale Wirtschaftssystem", das der Bevoelkerung "viel Sorgen,
Leid und Armut" gebracht habe. Hinzu komme die hohe
Auslandsverschuldung, die auf den Laendern laste. Diese Schulden
seien, wie Analysen belegen wuerden, "unmoralisch und
ungesetzlich", denn die lateinamerikanischen Voelker haetten sie
"bereits mehrfach zurueckbezahlt, sowohl im konkreten Sinne als
auch in der Zerstoerung von Umwelt und Menschenleben, die diese
Schulden mit sich bringen", so die Abschlusserklaerung.

Die Schuldenproblematik mit ihren sozialen und politischen Folgen
haette auch zum Schwinden der Lebensperspektive fuer junge
Menschen gefuehrt. Dies aeussere sich in einer generellen
Gleichgueltigkeit gegenueber der Gesellschaft.
Zivilgesellschaftliches Engagement sei aber Voraussetzung fuer
Demokratie.

Wuerden die Moeglichkeiten der modernen Technologie und
Kommunikation zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen
und im Rahmen des Umweltschutzes eingesetzt, koennte die
Globalisierung zum Vorteil aller Menschen gereichen. Die "grossen
oekonomischen und finanziellen Institutionen und multinationalen
Konzerne" wuerden jedoch auf Weltebene "ein oekonomisches und
gesellschaftliches Modell - den Neoliberalismus * durchsetzen" und
unter anderem die Auslandsschulden Lateinamerikas als Druckmittel
einsetzen, um auch diesen Laendern "dieses Modell aufzuzwingen".

Der Neoliberalismus, so die Abschlusserklaerung der Konferenz,
wirke vor allem in den Dritte-Welt-Laendern "aeusserst
zerstorend", doch machten sich "seine negativen Auswirkungen in
der letzten Zeit auch zunehmend in den entwickelten Laendern
bemerkbar". Der Neoliberalismus bewirke in der Dritten Welt einen
Rueckgang der Industrialisierung und damit den Bankrott Tausender
Unternehmen, Arbeitslosigkeit und Armut.

Die Laender Lateinamerikas haetten kaum noch die Moeglichkeit,
sich diesem "aufgedraengten Modell" zu widersetzen, "da ihre
Regierungen zunehmend ihre Souveraenitaet gegenueber den
internationalen Kreditinstitutionen verlieren und sich dem
politischen Druck der USA ausgesetzt sehen, die sich als erste
fuer dieses Modell einsetzen." Noch staerker wuerden sich die
Folgen dieses Systems im taeglichen Leben der
LateinamerikanerInnen bemerkbar machen. "Tag fuer Tag muessen wir
zusehen, wie sich unsere materiellen Lebensbedingungen
verschlechtern, wie sich die Krise der moralischen Werte
verstaerkt", so die Kirchenleitungen der lutherischen Kirchen in
Lateinamerika.

Als positiv werde empfunden, dass sich zunehmend das Bewusstsein
durchsetze, dass dieses Modell nicht weiter beibehalten werde
koenne und "ein Wechsel unumgaenglich ist". Die Bischoefe und
PraesidentInnen forderten ihre Gemeinden auf, zu erklaeren, dass
die sogenannten Auslandsschulden der Dritten Welt und
Lateinamerikas, die bereits mehrfach zurueckbezahlt worden seien,
ungesetzlich sind und jeder Ethik widersprechend. Die Kirchen
sollten weiterhin ihre aktive Teilnahme am Weltsozialforum
foerdern und die lokalen und regionalen oekumenischen Verbindungen
wie den Lateinamerikanischen Rat der Kirchen (CLAI) staerken.

Vorgeschlagen wurde, dass die lutherischen Kirchen in
Lateinamerika versuchen, das Thema der Zehnten LWB-Vollversammlung
"Zur Heilung der Welt" anhand der Globalisierung und ihrer Folgen
zu erschliessen und aufzuarbeiten. (644 Woerter)

* * *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 133 Mitgliedskirchen, denen rund 60,5 Millionen der
weltwet rund 64,3 Millionen LutheranerInnen in 73 Laendern
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Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
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