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Neuinterpretation von Rechtfertigung und der Bedeutung der GE
From
"Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date
Mon, 17 Jun 2002 08:52:53 -0500
Neuinterpretation von Rechtfertigung und der Bedeutung der
Gemeinsamen Erklaerung
Brueckenschlag zwischen akademischem und praxisorientiertem Dialog
Dubuque (Iowa, USA)/Genf, 14. Juni 2002 (LWI) - Im Mittelpunkt
eines Symposiums des Lutherischen Weltbundes (LWB) stand
zweieinhalb Jahre nach Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklaerung
zur Rechtfertigungslehre (GE) die Frage, was dieser oekumenische
Durchbruch seither bewirkt hat. Ziel des fuenftaegigen Treffens
Mitte April im Theologischen Seminar Wartburg in Dubuque (Iowa,
USA) war, vom Studium der Rechtfertigung ausgehend deren heutige
Bedeutung und Einfluss zu eroertern. An dem Treffen nahmen 35
vorwiegend lutherische und roemisch-katholische TheologInnen sowie
VertreterInnen von orthodoxen, reformierten und anglikanischen
Kirchen teil.
Ausgangspunkt war die am 31. Oktober 1999 mit Unterzeichnung der
GE in Augsburg (Deutschland) vom Lutherischen Weltbund (LWB) und
der roemisch-katholischen Kirche eingegangene Verpflichtung, dass
sich beide Dialogpartner "weiterhin bemuehen, das gemeinsame
Verstaendnis zu vertiefen und es in der kirchlichen Lehre und im
kirchlichen Leben fruchtbar werden zu lassen".
Weiterhin verfolgte die Tagung das Ziel, das Gefaelle zwischen dem
sogenannten "akademischen Dialog" und "praxisorientierten Dialog"
zu ueberwinden. Diskutiert wurden zentrale hermeneutische,
theologische, anthropologische und ethische Fragen wie: 'Welchen
Stellenwert hat unser Gottesverstaendnis heute?' und 'Wie wirkt
sich Rechtfertigung auf Methode, Ausrichtung und Wesen der
Sozialethik aus?'
Die katholische Theologin Margaret O'Gara vom St. Michael's
College in Toronto (Kanada) betonte, dass die Neuinterpretation
von Rechtfertigung und die Anerkennung der GE "eng miteinander
verbunden" seien. Der "differenzierte Konsens der GE" diene als
Modell fuer den Prozess der Neuinterpretation einer zentralen
Lehre und fuer die naechsten Etappen der gegenseitigen Versoehnung
zwischen den christlichen Gemeinschaften, so O'Gara. Entsprechend
habe sich die erzielte Vereinbarung zwischen LutheranerInnen und
KatholikInnen ueber die Bedeutung der Rechtfertigungslehre in den
gemeinsamen Anstrengungen, "Rechtfertigung im heutigen Kontext" zu
pruefen, niedergeschlagen.
Intensiv diskutiert wurde die hermeneutische Herausforderung, die
sich aufgrund von Uebersetzungen ergibt. Die Uebertragung der
Texte in eine andere Sprache und Kultur, bringt oft
Akzentverschiebungen und Veraenderungen mit sich, die neue
Moeglichkeiten eroeffnen, andere verschliessen. Deutlich wurde,
dass das Verstaendnis von Rechtfertigung im asiatischen und
afrikanischen Kontext ein anderes ist. Weiterhin konnten die
wichtigsten waehrend der Tagung wahrgenommenen Differenzen
massgeblich auf die unterschiedlichen kulturellen Kontexte und
weniger auf die konfessionellen oder theologischen Unterschiede
zurueckgefuehrt werden.
Ein Teilnehmer aus Hongkong berichtete von den grossen
Schwierigkeiten, die tatsaechliche Bedeutung von Rechtfertigung
mit Hilfe chinesischer Schriftzeichen wiederzugeben. Mit Blick auf
Europa wurde festgestellt, dass die Hermeneutik den
saekularisierten Kontext in ihren Denkansaetzen beruecksichtigen
muesse. Auch der Zusammenhang zwischen Rechtfertigung und
Sozialethik war Gegenstand der Diskussion.
Das LWB-Symposium wurde von den LWB-Referaten "Theologie und die
Kirche" sowie "Die Kirche und sozialethische Fragen" der Abteilung
fuer Theologie und Studien (ATS)organisiert. Es war ein
Folgetreffen der 1998 in Wittenberg (Deutschland) zum Thema
"Rechtfertigung in den Kontexten der Welt" veranstalteten
Konferenz und war ein wichtiger Schritt in der Weiterarbeit nach
Unterzeichnung der GE. Es ist geplant, Dokumente und Beitraege der
Konsultation zu veroeffentlichen. (461 Woerter)
* * *
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 133 Mitgliedskirchen, denen rund 60,5 Millionen der
weltweit rund 64,3 Millionen LutheranerInnen in 73 Laendern
angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der
Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen.
Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen
gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie,
humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene
Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.
Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die
Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder.
Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit
Quellenangabe abgedruckt werden.
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