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ORK - Religionen zur Gewaltkrise und zum Frieden


From "Sheila Mesa" <smm@wcc-coe.org>
Date Mon, 01 Jul 2002 11:38:10 +0200

Okumenischer Rat der Kirchen
Pressemitteilung, PR-02-18
zur Veroffentlichung frei
1. Juli 2002

Okumenisches Institut Bossey:
Religionen zur Gewaltkrise und zum Frieden

Die Weltreligionen sehnen sich nach Frieden. Es ist jedoch eine
traurige Tatsache, dass sie haufig selbst in Konflikte und Gewalt
verstrickt sind. Dieses Paradox war Thema eingehender
Diskussionen bei einer multireligiosen Konsultation zum Thema
"Gewalt, Frieden und Religionen", die im Juni stattfand. Vierzig
Teilnehmende - Juden, Muslime, Hindus, Buddhisten und Christen
aus Europa, Asien, Afrika, dem Nahen Osten, Nord- und Sudamerika
- berieten miteinander acht Tage lang im Okumenischen Institut
des Okumenischen Rates der Kirchen (ORK) in Bossey, bei Genf. Sie
erklarten, die Uberwindung von Gewalt sei eine Herausforderung
fur alle Religionen. Es war die erste in einer Reihe von
Konsultationen, die das Okumenische Institut zum Thema Religionen
und Gewalt veranstalten wird.  

Bei dieser Konsultation beschlossen die Teilnehmenden, in einem
Netzwerk zusammenzuarbeiten, Informationen auszutauschen,
Aufklarungsarbeit zu leisten und sich an Solidaritatsaktionen
zu beteiligen. Sie verpflichteten sich ferner, gemeinsam Projekte
zu organisieren und dazu aufzurufen - beispielsweise
interreligioses Fasten fur den Frieden, Tage der
Gewaltlosigkeit und Feiern fur das Leben.  

In seiner Ansprache an die Konsultation sagte der
Generalsekretar des ORK, Pfarrer Dr. Konrad Raiser,
"Religionsgemeinschaften und ihre Amtstrager sollten ... auf
gegenseitige feierliche Verpflichtungen hinwirken, der Anwendung
gewaltsamer Mittel als Reaktion auf Konflikte oder zur Verfolgung
politischer, wirtschaftlicher, kultureller und auch religioser
Ziele jede moralische oder ethische Legitimation zu versagen." Er
erinnerte daran, dass auch das Christentum - anfangs eine
verfolgte Minderheitsreligion, selbst zum Verfolger wurde, als es
erst zur herrschenden Religion im Romischen Reich aufgestiegen
war. Es griff zur Gewalt, um die Einheit der Kirche und des
Reiches aufrechtzuerhalten. " Wir tragen die Spuren dieser
unheiligen Allianz von Religion und Gewalt noch immer in uns, wie
das Wort vom Kreuzzug in Bezug auf den 'Krieg gegen den
Terrorismus' beweist", sagte Raiser.  

Die Teilnehmenden an der Konsultation kamen aus Landern, in
denen Gewalt und Zerstorung uberhand nehmen. Yehezkel Landau,
Jude und einer der Direktoren eines Zentrums fur
judisch-arabische Versohnung und Koexistenz in Israel,
ausserte, im Heiligen Land kampften Juden und Muslime um die
Herrschaft uber ein Territorium. Die Christen werden entweder
dazwischen zerrieben oder von aussen mitleidig betrachtet. "Ich
appelliere an die Christen, die durch ihre eigene von Gewalt
erfullte Geschichte gelautert worden sind, als Beispiel fur
die Lehren des Evangeliums von der vorauseilenden Vergebung
voranzugehen, um uns den Spiegel vorzuhalten, damit wir erkennen,
wie zerstorerisch unser eigenes Verhalten geworden ist," sagte
Landau.  

"Wenn es Frieden werden soll, mussen wir uber Predigen und
Singen hinauskommen," meinte Dr. Zeenat Ali, eine Muslimin, die
in Mumbai, Indien, Islamistik lehrt, und ging auf den politisch
motivierten Konflikt zwischen Hindus und Muslimen in ihrem Land
ein. "Es ware hilfreicher, wenn sich die Religionen auf
Friedensstiftung konzentrierten, die anderen respektierten und
die Pluralitat und Verschiedenheit der Menschheit akzeptierten."
Frau Ali, die an der Spitze einer multireligiosen Frauenbewegung
fur den Frieden in Indien steht, ist der Uberzeugung, dass die
Weltreligionen eine Vision und einen Aktionsplan fur den
Weltfrieden und fur ein Uberleben mit gewaltlosen Mitteln
entwickeln konnten. Sie glaubt, dass die Weisheit von Frauen im
Friedensprozess eine wesentliche Rolle spielen kann.  

An die theoretischen Vortrage schlossen sich drei regionale
Fallstudien an - uber den Nahen Osten, Ruanda und Indien. Die
anschliessende Diskussion konzentrierte sich auf konkrete Themen
- die Logik der Gewalt, den Gebrauch, den falschen Gebrauch und
den Missbrauch von Macht, das Streben nach Gerechtigkeit und
religioser Identitat in pluralistischen Gesellschaften.  

Auf die Frage, was denn das Wichtigste an dieser Konsultation
gewesen sei, antwortete Yehezhel Landau, "aus einer sehr
intensiven Konfliktsituation an diesen friedlichen Ort kommen zu
konnen, wo Menschen verschiedener Glaubensrichtungen und
Nationalitaten respektvoll aufeinander horen und einander um der
gesamten Menschheit willen Hilfe anbieten konnen." Fur Dr. Zeenat
Ali war es "die Erkenntnis der Teilnehmenden, dass die
grundlegenden Werte aller Religionen zur Losung von Konflikten
eingesetzt werden konnen."  

Weitere Informationen bei Pfr. Hans Ucko, ORK-Referent  fur
christlich-judische und interreligiose Beziehungen und Dialog,
Tel.: +41 (0)22 791 63 81 (Buro);  Handy: +41 (0)79 476 28 09; 
E-mail: hu@wcc-coe.org 

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Der Okumenische Rat der Kirchen (ORK) ist eine Gemeinschaft von
342 Kirchen in uber 100 Landern auf allen Kontinenten und aus
praktisch allen christlichen Traditionen. Die romisch-katholische
Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ORK
zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die
ungefahr alle sieben Jahre zusammentritt. Der ORK wurde 1948 in
Amsterdam (Niederlande) offiziell gegrundet. An der Spitze der
Mitarbeiterschaft steht Generalsekretar Konrad Raiser von der
Evangelischen Kirche in Deutschland.

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