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Ungerechtigkeit der wirtschaftlichen Globalisierung muss deutlicher


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Sat, 13 Jul 2002 06:53:35 -0500

benannt werden
Oekumenische Konsultation westeuropaeischer Kirchen zu den Folgen der
Globalisierung

Soesterberg (Niederlande)/Genf, 12. Juli 2002 (LWI) - VertreterInnen
westeuropaeischer Kirchen haben sich mit der Forderung an ihre Kirchen
gewandt, die
eigene Finanzpolitik zu ueberpruefen sowie bei Geldanlagen soziale, ethische
und
oekologische Kriterien zu beruecksichtigen. Die westeuropaeischen Kirchen
sollten ihre
Moeglichkeiten, politisch aktiv zu werden, staerker nutzen und sich
energischer gegen
wirtschaftliche Ungerechtigkeit und Umweltzerstoerung einsetzen. Dies
forderten die
TeilnehmerInnen einer internationalen Tagung ueber die Folgen der
Globalisierung
Mitte Juni im niederlaendischen Soesterberg in einem Schreiben an die
westeuropaeischen Kirchen.

Die zerstoererischen Ausmasse des gegenwaertigen neoliberalen
Wirtschaftssystems,
die sich in zunehmendem Unrecht, Armut, Hunger und Umweltzerstoerung
aeussere,
muesse intensiver analysiert sowie die Ungerechtigkeit der oekonomischen
Globalisierung deutlicher benannt werden. Im Mittelpunkt der Konsultation
unter dem
Titel "Die Wirtschaft im Dienst des Lebens" vom 15. bis 19. Juni stand die
Frage, wie
ernst die Kirchen in Westeuropa den Gedanken einer weltweiten christlichen
Gemeinschaft nehmen, angesichts der weltweit zunehmenden sozialen
Ungerechtigkeit, deren Ursache viele im vorherrschenden neoliberalen
Wirtschaftssystem sehen.

An der Tagung, die auf Einladung des Reformierten Weltbundes (RWB), des
Oekumenischen Rates der Kirchen (OeRK), des Lutherischen Weltbundes (LWB)
und
der Konferenz Europaeischer Kirchen (KEK) stattfand - Gastgeber war der Rat
der
Kirchen in den Niederlanden - nahmen ueber 80 VertreterInnen
westeuropaeischer
Kirchen und Gaeste aus Mittel- und Osteuropa, Nordamerika, Afrika, Asien
sowie dem
Vatikan teil.

In ihrem Schreiben an die westeuropaeischen Kirchen forderten die
TagungsteilnehmerInnen weiterhin ein gemeinsames Vorgehen der Kirchen
zusammen
mit Initiativen der Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen
(NGOs) wie z. B.
dem Anti-Globalisierungsnetzwerk ATTAC (Vereinigung zur Besteuerung von
Finanztransaktionen im Interesse der BuergerInnen).

Notwendig sei sowohl die Einfuehrung einer Besteuerung von
Devisentransaktionen im
Sinne der sogenannten "Tobin-Steuer" als auch die Unterstuetzung von
Netzwerken,
die sich fuer eine staerkere Solidaritaet mit den Kirchen des Suedens sowie
Mittel- und
Osteuropas einsetzen. Weiterhin muesse gegen die zunehmende Privatisierung
von
sozialen Guetern - wie Wasser, Bildung und Gesundheit - vorgegangen werden.

Uebereinstimmend betonten die KonsultationsteilnehmerInnen, dass die
Auswirkungen
des weltweit vorherrschenden neoliberalen Wirtschaftssystems mit dem
Gedanken der
christlichen Gemeinschaft und Solidaritaet unvereinbar seien. Der
Neoliberalismus
stelle nicht die sozialen Beduerfnisse des Menschen in den Mittelpunkt,
sondern die
grenzenlose und unkontrollierte Anhaeufung von Kapital. Diese Entwicklung
fuehre zu
einer weltweiten Kluft zwischen vielen Armen und wenigen Reichen.

In weiteren Schreiben an die Kirchen in Mittel- und Osteuropa sowie die
Kirchen in
Asien, Afrika und Lateinamerika raeumten die westeuropaeischen
TeilnehmerInnen das
Versagen ihrer Kirchen ein. In der Vergangenheit sei nicht ausreichend auf
die
Probleme sowie das Leiden der Partnerkirchen reagiert worden. Auch sei der
idealisierte und ausgrenzende Charakter des neoliberalen Systems
unterschaetzt und
nicht ausreichend gegen seine Folgen vorgegangen worden.

Mit diesen Schreiben reagierten die VertreterInnen westeuropaeischer Kirchen
auf den
Aufruf, "sich den zerstoererischen Kraeften der wirtschaftlichen
Globalisierung
entgegenzustellen und fuer weltweite soziale Gerechtigkeit einzutreten."
Diese
Forderung hatten VertreterInnen der Kirchen Mittel- und Osteuropas im Juni
2001 in
Budapest waehrend einer oekumenischen Konsultation zu den Folgen der
Globalisierung in dieser Region erhoben. Weiterhin sind diese Schreiben eine
Antwort
auf Regionalkonsultationen 1999 in Bangkok (Thailand) sowie 2001 in Fidschi,
deren
TeilnehmerInnen ebenso wie die der Budapester Konsultation die Kirchen des
Nordens
aufgefordert hatten, "Gott oder Mammon" zu waehlen.

Alle genannten Tagungen gehen auf eine Initiative des RWB zurueck, der den
Prozess,
die wirtschaftliche Globalisierung kritisch zu hinterfragen, 1997 in
Debrecen (Ungarn)
angestossen hatte. Auf der OeRK-Vollversammlung 1998 in Harare (Simbabwe)
wurde
dieser Prozess aufgegriffen und unterstuetzt. Seit 2001 beteiligt sich auch
der LWB an
diesem oekumenischen Konsultationsprozess. Mit seinem Arbeitspapier
"Engagement
einer Gemeinschaft von Kirchen angesichts der wirtschaftlichen
Globalisierung" hat der
LWB seine Mitgliedskirchen aufgerufen, Dynamik und Folgen der Globalisierung
zu
diskutieren und eine Antwort der weltweiten Gemeinschaft lutherischer
Kirchen zu
erarbeiten.

Weitere Konsultationen zu den Folgen der Globalisierung sind fuer 2003 in
Nord- sowie
in Lateinamerika geplant. Die Kirchen Argentiniens hatten sich bereits im
Dezember
2001 mit einem Hilferuf an die "Schwesterkirchen im Norden" gewandt, um auf
die
dramatische Lage  ihres Landes aufmerksam zu machen. Angesichts der
Ungerechtigkeit und der Ungehoerigkeit der Auslandsverschuldung stehe nicht
nur die
Solidaritaet, sondern die Ethik selbst auf dem Spiel, so die argentinischen
Kirchen.

In der Frage, wie die Kirchen auf die wirtschaftliche Globalisierung auch in
struktureller
Hinsicht reagieren sollen, bestand in Soesterberg keine Einigkeit. Die
Einschaetzungen
reichten von der Notwendigkeit von Reformen innerhalb des neoliberalen
Wirtschaftssystems bis hin zu der insbesondere von den VertreterInnen der
suedlichen
Kirchen unterstuetzen Forderung, dass eine grundlegende Diskussion ueber
Gestalt
und Aufgabe der Kirche angesichts der Bedrohung durch die wirtschaftliche
Globalisierung sowie die "Anbetung des Mammon" gefuehrt werden muesse.

Die Auseinandersetzung mit den Folgen der wirtschaftlichen Globalisierung
sowie die
Frage, wie sich die lutherischen Kirchen gestaltend am Prozess der
Globalisierung
beteiligen koennen, ist eines der zentralen Themen der LWB-Vollversammlung
im Juli
2003 im kanadischen Winnipeg. Den Massstab fuer die thematische Arbeit des
LWB
bildet dabei das Selbstverstaendnis des LWB als weltweite Gemeinschaft von
Kirchen
(communio), die eine gemeinsame Reaktion und Strategie hinsichtlich der
wirtschaftlichen Globalisierung anstrebt. (815 Woerter)

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen
weltweit.
1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 133
Mitgliedskirchen,
denen rund 60,5 Millionen der weltweit rund 64,3 Millionen LutheranerInnen
in 73
Laendern angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine
enge
Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen
weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner
Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische
Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation
und
verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des en.

Mit di
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
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dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB
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***
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