From the Worldwide Faith News archives www.wfn.org


ORK-Delegation am Horn von Afrika benennt Grundursachen


From "Sheila Mesa" <smm@wcc-coe.org>
Date Mon, 22 Jul 2002 15:49:22 +0200

des Konflikts...

Okumenischer Rat der Kirchen
Aktuelles, Up-02-21
zur Veroffentlichung frei
22. Juli 2002

ORK-Delegation am Horn von Afrika:
Delegation benennt Grundursachen des Konflikts und sieht
Unterstutzung des Volkes als Voraussetzung fur wahren Frieden

vgl. WCC Press Update, Up-02-20, of 15 July 2002
vgl. WCC Press Update, Up-02-19, of 10 July 2002
vgl. WCC Press Update, Up-02-18, of 8 July 2002 
vgl. ORK-Pressemitteilung, PR-02-17, 28. Juni 2002

Nach seiner Ruckkehr von einer intensiven16-tagigen okumenischen
Besuchsreise am Grossen Horn von Afrika und in Tansania verweist
Pfr. Dr. Konrad Raiser, der Generalsekretar des ORK, auf die
uberaus komplexen interreligiosen Beziehungen in der Region
und hebt hervor, dass diese "sehr viel starker" berucksichtigt
werden mussen, als die internationale okumenische Gemeinschaft
das bisher getan hat.  

"Wir konnen nicht nur unsere Besorgnis uber den muslimischen
Fundamentalismus zum Ausdruck bringen, ohne anzuerkennen, dass es
auf christlicher Seite einen ganz ahnlichen Fundamentalismus
gibt", bemerkt Raiser. Er stellt fest, dass die Christen haufig
in der Vorstellung gefangen seien, ihnen kame die Aufgabe zu, den
muslimischen Einfluss "einzudammen oder zuruckzudrangen". Aber
dies, so Raiser, fuhre nur dazu, dass beide Seiten sich im Kampf
um Land und Vorherrschaft in feindlichen Lagern wiederfinden
wurden.  

Hauptziel der Reise der ORK-Delegation war es, sich mit den
Grundursachen des Konflikts und der Gewalt in der Region
auseinanderzusetzen. "Es reicht nicht mehr zu sagen, wie wir es
bisher tendenziell getan haben, dass 'Ungerechtigkeit' die
Hauptursache ist", stellt Raiser fest. Seiner Meinung nach liegen
machtpolitische Grunde, Zugang zu Ressourcen, einschliesslich
Land und Bodenschatzen, ethnische Zugehorigkeit, religiose
Identitat, religiose Militanz, Rechtlosigkeit und Straffreiheit
im Zentrum der Konflikte, die gegenwartig in der Region
ausgetragen werden. "Das sind die spezifischeren Grundursachen
von Gewalt und Ungerechtigkeit", sagt er. "Friedensarbeit muss
zwar gegen Ungerechtigkeit vorgehen, aber unsere Strategien
mussen zielgerichteter sein. Sie mussen gegen die wirklichen
Ursachen angehen. Der ORK muss im Rahmen seines
Afrika-Schwerpunkts und der Dekade zur Uberwindung von Gewalt  in
diese Richtung gehen".  

Besorgnis erregende Lage in Eritrea

Letztes Reiseziel der von Raiser geleiteten okumenischen
Delegation war Eritrea. Raiser teilt die "tiefe Sorge" der
Delegation uber die Lage vor Ort und fugt hinzu:"An der
Oberflache wird das Friedensabkommen zwischen Eritrea und
Athiopien akzeptiert, die Grenzen werden anerkannt, die
Mission der Vereinten Nationen wird fortgefuhrt und beide
Regierungen scheinen zu kooperieren." "Aber", so fahrt er fort,
"fur die Menschen, die mit diesem Krieg bestimmte Interessen
verfolgt haben, ist das Friedensabkommen bisher nicht viel mehr
als ein Blatt Papier. Ihr gegenseitiger Hass und ihre tiefe
Ernuchterung sind damit keineswegs uberwunden."  

Raiser sieht die Haltung der eritreischen Regierung gegenuber
ihrem eigenen Volk und gegenuber jeder Kritik an ihrer Politik
als besonders Besorgnis erregend an. Er sieht darin die
"Mentalitat des ewigen Kriegs, der darauf angewiesen ist,
Feindbilder aufrechtzuerhalten" und befurchtet, dass Eritrea ein
weiteres Beispiel fur eine Befreiungsbewegung bieten konnte, die
unfahig ist, von militarischem Denken zu verantwortlichem
Regierungshandeln uberzugehen. "Mit dieser Belagerungsmentalitat,
die mit Verschworungstheorien gefuttert wird, werden sie unfahig
sein, in Frieden miteinander zu leben", stellt er fest.  

Raiser weist jedoch auch darauf hin, dass die Bemuhungen,
religiose Fuhrungspersonlichkeiten miteinander ins Gesprach zu
bringen, sowohl in Athiopien als auch in Eritrea gute Resultate
erbringen. "Es war ermutigend zu sehen, wie unverkrampft die
christlichen und muslimischen Reprasentanten miteinander
umgegangen sind", beobachtet  Raiser.  "Sie tun auch alles dafur,
um ihren Glaubigen diese Haltung der Offenheit zu vermitteln."  

Raiser bekraftigt, dass Norwegian Church Aid seine okumenische
Vermittlerrolle in den Friedensbemuhungen fortsetzen werde. Er
betont jedoch, dass die internationale Gemeinschaft ihre
Aufmerksamkeit starker auf die Unterstutzung von
Binnenfluchtlingen richten musse, die auf die Hilfe von
Nichtregierungsorganisationen angewiesen seien. ACT ("Kirchen
helfen gemeinsam") sei in diesem Bereich bereits sehr aktiv
geworden. "An einem gewissen Punkt", so Raiser, "werden wir sehen
mussen, wie wir von unserer Konzentration auf Nothilfe wegkommen
und zu einer Strategie des Wiederaufbaus ubergehen konnen."  

Frieden muss von den Menschen gewollt werden

Die Delegation besuchte sowohl den Nord- als auch den Sudsudan
und traf mit Vertretern der Regierung in Khartum und der
Volksbefreiungsarmee SPLA sowie der Kirchen und der
Zivilgesellschaft zusammen.  

Beide Seiten nehmen unter Leitung der IGAD (Inter-Governmental
Authority on Development) an Friedensverhandlungen teil. Raiser
stellt fest, dass die Personen, mit denen die Delegation im
sudlichen Sudan zusammengetroffen sei, ganz klar die Position
vertreten wurden, dass "sie ein Friedensabkommen nur anerkennen
konnen, wenn es die Rolle von Religion und Staat regelt und
das Recht auf Selbstbestimmung anerkennt."  

"Fur die Menschen ist klar, dass sie die Option haben mussen.
Die Kirche selbst bezieht zu keiner Option Stellung. Was die
Kirche fordert, ist, dass die Menschen die Moglichkeit haben
mussen, ihre Uberzeugungen zum Ausdruck zu bringen", stellt
Raiser fest. "Die Kirchen sagen ganz klar, dass sie
Selbstbestimmung zwar als grundlegendes Recht anerkennen, dass
Selbstbestimmung als solche aber, je nachdem wie sie
interpretiert wird, noch keine Losung darstellt."  

"Die Stimme des Volkes muss gehort werden, wenn ein
Friedensabkommen Bestand haben soll", betont Raiser. "Es ist im
langfristigen Interesse Khartums und der SPLA, dass die Stimme
des Volkes in den Verhandlungen gehort und ernst genommen wird.
Bislang ist aber noch nicht zu erkennen, wie dies geschehen
konnte." Raiser hofft, dass der ORK den Anspruch der Kirchen,
an den Friedensverhandlungen beteiligt zu werden, gestarkt hat.
Laut Raiser strebt der ORK keine Sonderrolle an, sondern will
dazu beitragen, dass die Kirchen sich uber das Sudanesische
Okumenische Forum zu Wort melden konnen und gehort werden. Als
einen der nachsten Schritte planen der Rat der Kirchen im Sudan
(SCC) mit Sitz in Khartum und der Neue Rat der Kirchen im Sudan
(NSCC), der im Suden angesiedelt ist, ein Treffen zwischen
leitenden Kirchenreprasentanten und Vertretern der
Verhandlungsparteien, um sich mit den grundlegenden Fragen zu
befassen, die fur einen dauerhaften Frieden geregelt werden
mussen.  

"Die Menschen wollen Frieden - das steht ausser Frage",
schliesst Raiser. "Aber sie wollen nicht Frieden um jeden Preis."
 

Mitglieder der Delegation:

Pfarrer Dr. Konrad Raiser, ORK-Generalsekretar
Karimi Kinoti, ehemalige Koordinatorin der FECCLAHA
(Gemeinschaft der Christenrate und Kirchen im Gebiet der grossen
Seen und am Horn von Afrika), Gesamtafrikanische
Kirchenkonferenz)
Stein Villumstad, Regionalvertreter Ostafrika, Norwegisches
Hilfswerk - NCA (Sudan-Khartum, Athiopien, Eritrea)
William Temu, ORK-Regionalreferent fur Afrika
Mitch Odero, Leiter der Abteilung Information und Kommunikation,
Gesamtafrikanische Kirchenkonferenz
Peter Williams, Photograph und Videograph des ORK (Sudsudan,
Athiopien, Eritrea)

Fotos des Besuchs finden Sie auf unserer Webseite:
http://www.photooikoumene.org/events/events.html 

Weitere Informationen erhalten Sie vom Buro der
ORK-Medienbeauftragten, 
tel: +41 (0)22 791 64 21 

**********
Der Okumenische Rat der Kirchen (ORK) ist eine Gemeinschaft von
342 Kirchen in uber 100 Landern auf allen Kontinenten und aus
praktisch allen christlichen Traditionen. Die romisch-katholische
Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ORK
zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die
ungefahr alle sieben Jahre zusammentritt. Der ORK wurde 1948 in
Amsterdam (Niederlande) offiziell gegrundet. An der Spitze der
Mitarbeiterschaft steht Generalsekretar Konrad Raiser von der
Evangelischen Kirche in Deutschland.

Okumenischer Rat der Kirchen
ORK-Medienbeauftragte 
Tel: (41 22) 791 6153 / 791 6421
Fax: (41 22) 798 1346
E-Mail: ka@wcc-coe.org 
Internet: www.wcc-coe.org 

Postfach 2100
1211 Genf 2, Schweiz


Browse month . . . Browse month (sort by Source) . . . Advanced Search & Browse . . . WFN Home