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Arbeitslosigkeit untergraebt die Wuerde der Arbeit
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"Frank Imhoff" <franki@elca.org>
Date
Thu, 12 Sep 2002 02:54:06 -0500
LWB-Generalsekretaer Noko: Globalisierung ist eines der
bestimmenden Phaenomene dieses Jahrhunderts
LWB-Ratstagung in Wittenberg (Deutschland), 10.-17. September
2002
PRESSEMITTEILUNG NR: 05
Lutherstadt Wittenberg (Deutschland)/Genf, 10. September 2002
(LWI) * Die Globalisierung ist eines der bestimmenden Phaenomene
dieses Jahrhunderts, dies betonte heute der Generalsekretaer des
Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfr. Dr. Ishmael Noko, in seinem
Bericht an die Mitglieder des LWB-Rates in der Lutherstadt
Wittenberg (Deutschland). Seit der letzten Ratstagung im
vergangenen Jahr habe sich die Globalisierungsdebatte verschaerft.
Auf der ganzen Welt habe sie Regierungen und Fuehrungskraefte in
der Wirtschaft in ihren Bann gezogen. Die Globalisierung scheine
ein Gefuehl der Unsicherheit und der Unzufriedenheit zu schaffen
und die Menschen befuerchteten, dass Regierungen, Unternehmen und
internationale Organisationen weder auf ihre Sorgen hoerten, noch
sich fuer ihr Wohlergehen interessierten, erklaerte Noko waehrend
der LWB-Ratstagung, die vom 10. bis 17. September in Wittenberg
stattfindet.
Im wirtschaftlichen Bereich zeichne sich die Globalisierung durch
die Ausweitung von Handelstransaktionen ueber nationale Grenzen
hinweg aus. Die Oeffnung neuer Maerkte fuer lokale und nationale
ProduzentInnen schaffe zwar fuer einige groeseren Wohlstand; das
Problem liege aber, so Noko, in der Verteilung dieser Vorteile,
die in erster Linie den wirtschaftlich Maechtigen zugute kaemen.
In diesem Spannungsfeld zwischen Vor- und Nachteilen der
Globalisierung seien auch die Kirchen gefangen. Als christliche
Gemeinschaft, deren Einheit eine Gabe Gottes und deren Mission die
Verkuendigung von Gottes Liebe und Gerechtigkeit sei, haetten die
Kirchen keine andere Wahl, als die Debatte zur Globalisierung und
ihrer Folgen zu fuehren.
Der LWB-Generalsekretaer kritisierte, dass es der Globalisierung
an Strukturen der Regulierung und Rechenschaftspflicht mangele.
Dieses demokratische Defizit komme beispielsweise in den
jaehrlichen Treffen der sogenannten G8-Staaten zum Ausdruck. Bei
den Regierungen der maechtigsten Industrienationen wuerden
"routinemaessig Entscheidungen getroffen, die sich auf das Leben
aller Menschen dieser Erde auswirken". Es sei schwer
verstaendlich, wie acht Nationen ueber die Zukunft der ganzen Welt
entscheiden koennten und dies in einem Jahrhundert, in dem
Transparenz und Teilhabe als aeusserst wichtige Ecksteine der
Demokratie gelten wuerden.
Die Globalisierung sei nur dann sinnvoll, wenn sie die Reduzierung
von Armut ermoegliche und es den Menschen erlaube, ein Leben in
Wuerde zu fuehren. Er sei sich bewusst, so Noko, dass es nicht
einfach sei, einen Wandel herbeizufuehren. Als Folgen der
Globalisierung benannte er die oekonomische Schwaechung vieler
Kirchen in den Entwicklungslaendern. Schwindende finanzielle
Ressourcen haetten immer groessere Schwierigkeiten fuer die
Kirchen zur Folge. Die finanzielle Krise zum Beispiel in
Argentinien, Nicaragua, Palaestina und Liberia sei weit mehr als
nur materieller Mangel, sondern habe "eine ekklesiologische und
spirituelle Dimension".
"Wir befinden uns in einer Situation, in der Arbeitslosigkeit die
Wuerde der Arbeit untergraebt", betonte Noko. Arbeit diene dem
Unterhalt von Familien, trage zur Gemeinschaft bei und bestimme
die eigene Identitaet. "Mit Arbeit versuchen wir unsrem Leben
Wuerde zu verleihen und ihm einen Sinn zu geben."
Es gebe einzelne Menschen in unseren Gesellschaften, die aufgrund
von Arbeitslosigkeit ihr Selbstwertgefuehl verloren haetten und
nicht in der Lage seien, ihren Familienmitgliedern in die Augen zu
schauen. Diese negativen Auswirkungen der Globalisierung haetten
die Tendenz, die Wuerde der Arbeit zu untergraben. Um der
Bedeutung des Themas gerecht zu werden, wuerden sich daher
verschiedene Projekte, Studien und Tagungen des LWB mit der
Globalisierung auseinandersetzen, erklaerte Noko.
Erinnerungen heilen, statt nur Symptome behandeln
Mit Blick auf zahlreiche Spannungsherde weltweit, betonte
LWB-Generalsekretaer Noko, vielfach wuerden nur Symptome
behandelt, die Erinnerungen aber nicht geheilt. Als Beispiel
benannte er den Konflikt zwischen dem Praesidenten von Simbabwe,
Robert Mugabe, und dem britischen Premierminister Tony Blair. Der
Konflikt reiche zurueck in eine schmerzvolle Geschichte. Es gehe
dabei um wesentlich mehr als die Verteilung von Farmen und die
Streitigkeiten ueber die Umverteilung von Land. So seien mit der
Unterzeichnung des Lancaster-House-Abkommens 1979, das zur
Gruendung von Simbabwe fuehrte, die leidvollen Erinnerungen nicht
geheilt worden. Noko forderte die Kirchen in Grossbritannien und
Simbabwe dazu auf, "neue Wege zu beschreiten und Initiativen zu
ergreifen, um beide Laender aus einer Situation der politischen
Symptombehandlung zur wirklichen Heilung zu bewegen".
Als weiteres Beispiel benannte Noko die Terroranschlaege auf die
USA am 11. September letzten Jahres, die groessten Einfluss auf
die internationale Situation haetten. Symbole militaerischer und
wirtschaftlicher Macht seien dem Erdboden gleichgemacht worden "in
den Flammen der Wut, des Hasses und der Verzweiflung". Die am 11.
September ausgeloeste Kettenreaktion wirke bis heute fort. So sei
die Fremdenfeindlichkeit wieder auf dem Vormarsch und Religion und
Hautfarbe seien zu einer Art "Personalausweis" geworden. Als
Praesident George W. Bush dem Terrorismusden Krieg erklaerte, ohne
je definiert zu haben, was Terrorismus sei, haette dies
unterdrueckerischen Regimes weltweit einen Vorwand geliefert,
unter dem Deckmantel des Kriegs gegen den Terrorismus politische
GegnerInnen zu unterdruecken.
Konflikt im Nahen Osten nur durch Dialog, Verstaendnis und
Vertrauen loesbar
Der gewaltsame Konflikt im Nahen Osten koenne nur, so
LWB-Generalsekretaer Noko, durch Dialog, Verstaendnis und
Vertrauen geloest werden. Dies haenge jedoch in grossem Masse
davon ab, "dass sich Israel ueberzeugend und echt fuer einen
unabhaengigen palaestinensischen Staat und eine bessere Zukunft
einsetzt, anstatt durch Massnahmen, die auf eine kollektive
Bestrafung hinauslaufen, die Verzweiflung zu schueren". Die
palaestinensische Seite muesste den Selbstmordattentaten auf
israelische ZivilistInnen ein Ende setzen, da sie die legitimen
Forderungen der PalaestinenserInnen untergraben wuerden.
Im Juni haetten Mitglieder des LWB-Exekutivkomitees bei einem
Besuch im Nahen Osten sowohl Verzweiflung als auch Hoffnung
erlebt. "Anlass zur Verzweiflung war und ist die Zerstoerung von
menschlichem Leben, Gemeinwesen und Eigentum sowie das Empfinden,
die gemeinsame Zukunft fuer das israelische und palaestinensische
Volk sei verloren. Anlass zur Hoffnung gibt hingegen die
unzerstoerbare Hoffnung und der unbezaehmbare Glaube, die man in
kleinen Gruppen und bei einzelnen Menschen auf beiden Seiten
findet", so Noko.
Vorbereitungen zur Zehnten LWB-Vollversammlung laufen planmaessig
In seinem Bericht an den Rat betonte Noko, dass die Vorbereitungen
fuer die Zehnte LWB-Vollversammlung vom 21. bis 31. Juli 2003 im
kanadischen Winnipeg planmaessig verliefen. Hinsichtlich der
finanziellen Planungen bestuende gegenwaertig ein geschaetztes
Defizit von rund 44.000 US-Dollar, jedoch werde alles unternommen,
das Defizit auszugleichen. Ein weiteres Problem bestehe bei der
Beteiligung von JugendvertreterInnen. Entgegen der angestrebten 20
Prozent, liege gegenwaertig die Jugendbeteiligung bei nur 15
Prozent.Er werde dies bei den regionalen vorbereitenden
Konsultationen zur Vollversammlung zur Sprache bringen, betonte
Noko.
Im Vorfeld der Tagung in Wittenberg haetten die Ratsmitglieder den
"Bericht des Generalsekretaers im Namen des Rates
(Sechsjahres-Bericht)" erhalten, zu dessen Ueberarbeitung nun
Anmerkungen gesammelt wuerden, so Noko. Das "Studienbuch: Zur
Heilung der Welt" laege den Ratsmitgliedern zur aufmerksamen
Pruefung vor, mit der Bitte, dass es zur Veroeffentlichung
freigeben werde.
In Anlehnung an fruehere Ratsbeschluesse informierte der
LWB-Generalsekretaer die Ratsmitglieder, dass Arbeitsgruppen zum
Thema "Kommunikation in der Struktur des LWB" sowie zu "Wesen und
Zukunft des LWB als Gemeinschaft von Kirchen" einberufen worden
seien, deren Berichte nun zur Diskussion vorlaegen. Ebenso laegen
den Ausschuessen fuer Theologie und Studien sowie fuer
Oekumenische Angelegenheiten Vorschlaege vor zur Frage, wie die
Rolle von Theologie und Oekumene im Leben des LWB besser
gefoerdert werden koenne.
HIV/AIDS: Das Schweigen brechen
Im Mai diesen Jahres fand in Nairobi (Kenia) eine Panafrikanische
lutherische KirchenleiterInnenkonsultation statt mit dem Ziel, der
HIV/AIDS-Pandemie entgegenzuwirken. Das Abschlusskommunique "Das
Schweigen brechen" sei den LWB-Mitgliedskirchen zugesandt worden,
zusammen mit einem Exemplar von "Anteilnahme, Umkehr, Zuwendung:
Kirchen reagieren auf die HIV/AIDS-Pandemie. Ein Aktionsplan des
Lutherischen Weltbundes". Die MitarbeiterInnen des
LWB-Sekretariats seien nun bemueht, die notwendigen finanziellen
Mittel zur Umsetzung dieses Aktionsplans zu erschliessen, um die
Mitgliedskirchen in ihrer entscheidenden Rolle inmitten der
gegenwaertigen Krise zu unterstuetzen.
Entsprechend des Ratsbeschlusses, mit der Lutherischen Kirche -
Missouri-Synode (LK-MS) ins Gespraech zu treten und Moeglichkeiten
fuer Beziehungen mit dem Internationalen Lutherischen Rat (ILR) zu
untersuchen, habe in diesem Sommer ein erstes Treffen von
VertreterInnen beider Organisationen stattgefunden,so Noko. Neben
der Eroerterung von Gemeinsamkeiten wie auch Unterschieden sei
festgestellt worden, dass in den zwischenkirchlichen Beziehungen
haeufig nur kontroverse Fragen betont wuerden. Ein naechstes
Treffen zwischen ILR und LWB sei fuer Ende Oktober 2003 geplant.
Zur finanziellen Situation des LWB bemerkte Noko, dass die
finanzielle Gesamtsituation des LWB und seiner Mitgliedskirchen
nach wie vor "Anlass zur Sorge" gebe. Aus der weltweiten
finanziellen Unsicherheit ergebe sich fuer das Jahr 2003 "ein
geschaetztes maessiges Defizit". Es sei mit konzertierten
Bemuehungen um die Erschliessung neuer Finanzmittel begonnen
worden. Im Maerz naechsten Jahres wolle er dem LWB-Exekutivkomitee
einen Entwurf fuer einen ausgeglichenen Haushalt fuer 2004 und
2005 vorlegen, so Noko.
Der LWB-Generalsekretaer informierte die Ratsmitglieder, dass die
baltischen Auslandskirchen, die Estnische Evangelisch-Lutherische
Kirche im Ausland mit Sitz in Toronto (Kanada), die Lettische
Evangelisch-Lutherische Kirche im Ausland, sie hat ihren Sitz in
Deutschland, sowie die Litauische Evangelisch-Lutherische Kirche
in der Diaspora (LELK) mit Sitz in Oak Park (USA) den LWB-Rat um
die Zuweisung eines Sitzes im Rat fuer die kommende Amtszeit
gebeten haetten. Weiterhin berichtete Noko, dass die Lutherische
Kirche der Republik China mit einem Schreiben vom 2. Februar 2002
ihren Austritt aus dem LWB erklaerte habe, da sie mit der
Zustimmung des LWB zur Gemeinsamen Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre (GE) nicht einverstanden sei.
An der LWB-Ratstagung in Wittenberg nehmen 103 VertreterInnen der
133 LWB-Mitgliedskirchen aus 73 Laendern sowie rund 140 weitere
TeilnehmerInnen teil, darunter MitarbeiterInnen des LWB,
DolmetscherInnen, Stewards, PressevertreterInnen und Gaeste. Der
jaehrlich tagende LWB-Rat ist das hoechste Leitungsgremium
zwischen den in der Regel alle sechs Jahre stattfindenden
Vollversammlungen des LWB. Der 49-koepfige Rat besteht aus dem
Praesidenten, der Schatzmeisterin und 47 weiteren Ratsmitgliedern
und wird vo der Vollversammlung gewaehlt. Der Lutherische Weltbund
umfasst zur Zeit insgesamt 133 Mitgliedskirchen in 73 Laendern und
vertritt rund 61,7 Millionen der weltweit rund 65,4 Millionen
LutheranerInnen. (1.538 Woerter)
Waehrend der LWB-Ratstagung in Wittenberg erreichen Sie das
LWB-Kommunikationsbuero ueber den deutschen Mobilfunk-Anschluss:
+49 * (0)170-8345 177.
* * *
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 133 Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der
weltweit rund 65,4 Millionen LutheranerInnen in 73 Laendern
angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der
Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen.
Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen
gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie,
humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene
Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.
Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die
Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder.
Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit
Quellenangabe abgedruckt werden.
***
LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
E-Mail: dmg@lutheranworld.org
Tel.: +41-22-791-6353
Fax: +41-22-791-6630
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