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Norwegen: Kirche ist Ort fuer die wichtigsten Ereignisse im Leben


From "Frank Imhoff" <franki@elca.org>
Date Wed, 04 Dec 2002 11:57:26 -0600

Zweite lutherische Bischoefin Norwegens, Laila Riksaasen Dahl,
spricht sich fuer Trennung von Kirche und Staat aus

Oslo (Norwegen)/Genf, 3. Dezember 2002 (LWI) - "Ich moechte, dass
die Menschen spueren, dass die Kirche in ihrem taeglichen Leben
praesent ist und dass die Ortskirche ihre Kirche ist", betont
Laila Riksaasen Dahl, die am 20. September als zweite Frau zur
Bischoefin der Kirche von Norwegen ernannt wurde.

Mit Bischoefin Dahl (55) wird erstmals eine Frau die norwegische
Dioezese Tunsberg leiten. "Die Menschen sollen das Gefuehl haben,
dass die Kirche der natuerliche Ort ist, wo sie anlaesslich der
wichtigsten Ereignisse in ihrem Leben - all jenen Ereignissen, die
ihnen helfen, den Sinn ihres Lebens zu verstehen - hingehen",
erklaerte sie in einem Interview mit der Lutherischen Welt
Information (LWI).

Am 9. Februar 2003 wird Dahl als Bischoefin von Tunsberg, das die
suedoestlichen Provinzen Vestfold und Buskerud umfasst, in ihr Amt
eingefuehrt. Sie tritt die Nachfolge von Bischof Sigurd Osberg an,
der am 1. Dezember nach zwoelfjaehriger Amtszeit als Bischof von
Tunsberg in den Ruhestand tritt. Die Kirche von Norwegen hat elf
Dioezesen, die jeweils von einem Bischof bzw. einer Bischoefin
geleitet werden. Erste Bischoefin der Kirche von Norwegen wurde
1993 Rosemarie Koehn.

Die Mitwirkung von zwei Frauen im Bischofskollegium gewaehrleiste,
so Dahl, dass ein breiteres Spektrum von Meinungen vertreten sei.
Und immer mehr Menschen wuerden erkennen, dass Frauen als
Pastorinnen nicht automatisch radikale theologische Positionen
vertreten. "Viele unserer PfarrerInnen haben jetzt kirchliche
Vorgesetzte, mit denen sie sich identifizieren koennen. In meiner
eigenen Zeit als Pfarrerin habe ich haeufig eine weibliche
Leitungsperson vermisst, die mir als Vorbild haette dienen
koennen", erklaerte die kuenftige Bischoefin.

Heute sind ca. 15 Prozent der Geistlichen in der Kirche von
Norwegen Frauen; allerdings sind mehr als die Haelfte aller
TheologiestudentInnen weiblich. dem Nationalrat der Kirche von
Norwegen, dem ausfuehrenden Organ der Generalsynode, gehoeren rund
40 Prozent Frauen an.

Dahl ist seit 1995 Gemeindepfarrerin. Nach ihrem Mathematik- und
Chemiestudium arbeitete sie als Gymnasiallehrerin, bevor sie nach
Absolvierung ihrer theologischen Ausbildung als Katechetin und
Dozentin an das Norwegische Lutherische Seminar wechselte.
Waehrend der letzten 15 Jahre arbeitete sie in einer Reihe
kirchlicher Ausschuesse und Gremien auf nationaler Ebene mit.

In der aktuellen Debatte ueber eine moegliche Trennung von Kirche
und Staat in Norwegen spricht sich Dahl fuer eine Trennung aus,
sieht aber keinen Grund fuer vorschnelles Handeln. Der Koenig ist
laut Verfassung Kirchenoberhaupt und uebt dieses Amt durch den
Staatsrat aus. Kirchenrelevante Gesetze muessten vom Storting, dem
norwegischen Parlament, verabschiedet werden.

"Es ist gut fuer die Kirche, wenn sie in dieser Debatte eine
fuehrende Rolle uebernimmt. Und es ist wichtig, eine Volkskirche
mit einer breiten Basis auf nationaler Ebene zu bleiben, selbst
wenn die Verbindungen an den Staat gelockert werden. Wir befinden
uns in Norwegen in einer geschichtlich gewachsenen, besonderen
kulturellen Situation, in der es nur natuerlich ist, dass zwischen
Kirche und Staat auch in Zukunft eine enge Beziehung bestehen
bleibt. Aber es wird immer weniger nachvollziehbar sein, dass eine
Konfession oder eine Religion in einer multikulturellen
Gesellschaft ihre privilegierte Position behaelt", argumentierte
sie.

Die neu ernannte Bischoefin aeusserte sich besorgt darueber, dass
die Zahl der GottesdienstbesucherInnen in Norwegen abnimmt. Nach
statistischen Angaben der lutherischen Kirche, so Dahl, liege die
durchschnittliche Zahl der BesucherInnen pro Gottesdienst bei 100;
das entspreche einem Anteil von drei Prozent der Bevoelkerung.
Eines der Hauptanliegen der Kirche bestehe darin, alle Glaeubigen
zu ermutigen, den Sonntagsgottesdienst als Mittelpunkt ihres
geistlichen Lebens zu verstehen. Zu diesem Zweck habe die Kirche
Veraenderungen eingeleitet und unterstuetzt, wie z.B. liturgische
Neuerungen und Experimente, die Komposition neuer Kirchenmusik,
neue Bibeluebersetzungen und Gesangbuecher.

"Jede Gemeinde braucht einen Kern aktiver Gemeindeglieder", so
Dahl. Sie aeusserte jedoch die Befuerchtung, dass diese zentrale
Voraussetzung in vielen Gemeinden bedroht sei. Aber, fuegte sie
hinzu, "es gibt bei den Menschen sehr viel versteckten Glauben,
der nicht in der Kirchengemeinde gelebt wird. Ich moechte den
Menschen helfen, sich staerker mit diesem Glauben
auseinanderzusetzen und es zu wagen, ihn offen mit anderen zu
teilen." Ca. 82 Prozent aller Kinder werden in der Kirche getauft
und 70 Prozent aller Jugendlichen werden konfirmiert. Die Mehrzahl
der Ehen wird in der Kirche geschlossen und die grosse Mehrzahl
von Beerdigungen sind kirchliche Beerdigungen.

"Wenn ich vor einer Taufe mit den Eltern des Taeuflings und vor
einer Beerdigung mit den Familienangehoerigen spreche, stelle ich
fest, wie viele Menschen in ihrem tiefen Inneren glauben. Ich
moechte den Menschen helfen, Christus zu begegnen, damit sie in
ihrem Leben eine lebendige Hoffnung finden. Gott hat mich in
meinem Leben Menschen begegnen lassen, die mir den Weg zu meinem
Heiland gezeigt haben. Ich moechte fuer andere ein solcher Mensch
sein", betonte Dahl.

Die Kirche von Norwegen hat 3,8 Millionen Mitglieder, rund 86
Prozent der norwegischen Bevoelkerung. Seit 1947 ist sie Mitglied
im Lutherischen Weltbund (LWB). (794 Woerter)

(Nach einer Pressemitteilung des Informationsdienstes der Kirche
von Norwegen)

*	*	*

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 136 Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der
weltweit rund 65,4 Millionen LutheranerInnen in 76 Laendern
angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der
Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen.
Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen
gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie,
humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene
Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die
Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder.
Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit
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***
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