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Das Abendmahl war der Stolperstein


From "Christian B. Schäffler (APD Schweiz)
Date Tue, 24 Jun 2003 22:11:54 +0200

24. Juni 2003
Adventistischer Pressedienst (APD)
Christian B. Schaeffler, Chefredakteur
Fax +41-61-261 61 18
APD@stanet.ch
http://www.stanet.ch/APD
CH-4003 Basel, Schweiz

Das Abendmahl war der Stolperstein

APD-Kommentar
von Dr. Wolfgang Tulaszewski*

Ungeachtet des vorangegangenen, leidigen Abendmahlsgezaenks
wurde der Oekumenische Kirchentag in Berlin doch noch zu einer
Begegnung der Superlative. Mehr als 200 000 Evangelische,
Katholiken, Orthodoxe und Freikirchler praktizierten fuenf Tage
lang eine Glaubensgemeinschaft, quasi als Vorgriff auf die von
vielen ersehnte kirchliche Einheit. Ueberfuellte Messehallen und
Gotteshaeuser waren bei den taeglichen Bibelarbeiten, Vortraegen
und Podiumsgespraechen eher die Norm. Hohe katholische
Wuerdentraeger, Landesbischoefinnen und -bischoefe,
Professoren und deutsche Spitzenpolitiker dachten ueber das
Kirchentagsmotto "Ihr sollt ein Segen sein" facettenreich laut
nach. Hans Kueng loeckte den Stachel ungebrochen gegen den
roemischen Papismus, und selbst Juergen Drewermann hat mit
seinem "Glauben aus dem Bauch" noch immer zahlreiche
Anhaenger auf seiner Seite.

Tausende von Veranstaltungen aller Art machten die Auswahl zur
Qual. Die "Agora" mit ihren etwa 1 300 Staenden spiegelte
kirchliches Leben reichlich wider. Der Informationsfluss war
gewaltig, und selbst Kunst und Kultur hatten einen ansehnlichen
Stellenwert. Es waren insbesondere junge Menschen, die das Gros
der Kirchentagsteilnehmer ausmachten und grosses Interesse an
umfassender biblischer Unterweisung zeigten. Schon deswegen
muss man dieses christliche Mammuttreffen, das bereits am
Eroeffnungstag den Berliner Verkehr  zum Erliegen brachte, als
gelungen bezeichnen.

Beim Abend der Begegnung waelzten sich rund 300 000
Menschen rund um das Brandenburger Tor, Unter den Linden
sowie am Reichstag vorbei und hatten an den vielfaeltigen
Darbietungen aus dem In- und Ausland grossen Spass. Zu der
grandiosen Kulisse zaehlten auch zahlreich gut disponierte
Blaeserensembles und hochkaraetige Bands, die einen praechtigen
aktustischen Rahmen schufen. Es schien fast so, dass der grosse
Groll ueber das abermalige Nein des Papstes zur erhofften
Abendmahlsgemeinschaft zwischen Evangelischen und Katholiken
darueber fast in Vergessenheit geriet.

Trotz des mehrfach verhaengten Verbots aus Rom und den
angedrohten Konsequenzen fuer katholische Geistliche feierten
ueber 4 000 Glaeubige gemeinsam das Herrenmahl nach
roemisch-katholischem und nach evangelischem Ritus in der
evangelischen Gethsemane-Kirche am Prenzlauer Berg. Dazu
aufgerufen hatten die beiden katholischen Gruppierungen
"Initiative Kirche von unten" und die KirchenVolksBewegung "Wir
sind Kirche", mit denen die Prenzlauer gemeinsame Sache
machten. Dass es mehr als eine Drohgebaerde ist, hat Berlins
Kardinal Georg Sterzinsky schon unmissverstaendlich angedeutet.
"Verschiedenheit muss bleiben", toente der katholische Oberhirte
und meinte dazu lakonisch zu seinem evangelischen Gegenueber,
Bischof Wolfgang Huber, dass die Abendmahlsfrage kein Thema
fuer einen Kirchentag waere. Huber liess das nicht, wenn auch
formvollendet, unwidersprochen.

Oel auf die Wogen goss Bundespraesident Johannes Rau mit
seinen Eroeffnungsworten: "Der Oekumenische Kirchentag kann
die Kirchenspaltung nicht aufheben; aber er kann Zeichen setzen
und Vorurteile abbauen." In einer umfangreichen Grussadresse
liess Papst Johannes Paul II. vorsichtigen Optimismus
durchblicken. "Der Oekumenische Kirchentag ist ein Zeichen
dafuer, dass das Gemeinsame staerker als das Trennende
zwischen beiden grossen Konfessionen ist." Der Bischof von Rom
forderte die Glaeubigen zum Lesen der Bibel und dem Studium
des Wortes Gottes auf.

Eigentlich muessten die Evangelischen Rom fuer seine
Konsequenz danken, mit der es ihnen die
Abendmahlsgemeinschaft wegen des unterschiedlichen
Kirchenverstaendnisses und der fehlenden Sukzession der
protestantischen Bischoefe immer noch trotz verstaerkter
Bemuehungen verweigert. Noch unverstaendlicher erscheint dazu
der Wunsch der Evangelischen nach einer gemeinsamen
Eucharistiefeier mit der katholischen Kirche, nach welcher der
Priester Wein in das Blut Christi und Brot in den Leib Christi
wandelt. Mit der Akzeptanz der erst im 13. Jahrhundert
eingefuehrten "Transsubstantiationslehre" unter Papst Innozenz
III. wuerden vor allem Lutheraner und Reformierte ihr
reformatorisches Erbe aufgeben, das eine solche Abendmahlsform
schon aus biblischer Sicht nicht vorsieht. Jesus ist einmal fuer
unsere Suenden am Kreuz gestorben. Das sollte fuer unser ewiges
Heil und die Rettung von Suende und Schuld genuegen. Wie
waere es uebrigens mit einer gruendlichen Rueckbesinnung auf
das reformatorische Wirken Martin Luthers? Im Jahr der Bibel
sollte man das wenigstens wagen.

* Dr. Wolfgang Tulaszewski ist stellvertretender Chefredaktor des
Adventistischen Pressedienstes APD in Deutschland.


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