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(LWB) Kaessmann: Wir sind als ChristInnen Volk Gottes ausallen


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Wed, 23 Jul 2003 15:46:31 -0500

Zehnte LWB-Vollversammlung in Winnipeg (Kanada), 21. * 31. Juli 2003

PRESSEMITTEILUNG NR: 11

ChristInnen muessen sich kraeftig in die Welt einmischen, um zur Heilung der
Welt beizutragen
Hannoversche Landesbischoefin Kaessmann: Wir sind als ChristInnen Volk
Gottes aus allen Voelkern

Winnipeg (Kanada), 23. Juli 2003 - Die hannoversche Landesbischoefin Dr.
Margot Kaessmann hat ChristInnen dazu aufgerufen, sich mit ihrer Hoffnung,
dass die Menschen in Gerechtigkeit und Frieden miteinander leben koennen,
kraeftig in diese Welt einzumischen, um zur Heilung der Welt beizutragen.
Heilsam fuer die Welt sei nicht eine Globalisierung von Waren, Konzernen und
Maerkten, die keinen Respekt vor unterschiedlichen Kulturen kennen wuerden.
Heilung entstehe durch eine Globalisierung der Botschaft von der Liebe
Gottes, eine Globalisierung von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der
Schoepfung, betonte Bischoefin Kaessmann heute, 23. Juli, in ihrem
Hauptreferat zum Thema der Zehnten Vollversammlung des Lutherischen
Weltbundes (LWB) "Zur Heilung der Welt". Die LWB-Vollversammlung mit rund 800
TeilnehmerInnen findet vom 21. bis 31. Juli im kanadischen Winnipeg statt,
Gastgeberin ist die Evangelisch-Lutherische Kirche in Kanada (ELKIK).

In der Nachfolge Jesu koennten ChristInnen Hoffnung fuer die Welt geben.
"Wir hoffen auf den neuen Himmel und die neue Erde, wir haben Hoffnung ueber
die Welt hinaus", so Kaessmann, seit 1999 Bischoefin der
Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers. Kaessmann ist die zweite von
gegenwaertig drei Bischoefinnen in Deutschland. "Wir sind als Christinnen und
Christen Volk Gottes aus allen Voelkern * das bleibt die biblische Vision!"
Von dieserHoffnung her gelte es, darum zu ringen, eine Kontrastgesellschaft
schon "im Hier und Jetzt" erkennbar werden zu lassen, eine Gesellschaft, die
nicht den Gesetzen des Staerkeren, der Macht und der Durchsetzungsfaehigkeit
folge, sondern Solidaritaet praktiziere, Gerechtigkeit liebe, Frieden schaffe
und die Schoepfung bewahre. Heilung bedeute auch, als HaushalterInnen in
dieser verwundeten Welt zu handeln, so Kaessmann. 

Die Bischoefin der mit knapp 3,3 Millionen Mitgliedern groessten
lutherischen Kirche Deutschlands rief die TeilnehmerInnen der
LWB-Vollversammlung auch dazu auf, das Heilen der Kirche zu ihrem Thema zu
machen. Der Oekumenische Kirchentag Ende Mai dieses Jahres in Berlin
(Deutschland) mit mehr als 200.000 TeilnehmerInnen sei ein lebendiges Zeichen
dafuer gewesen, dass Enzykliken nicht aufhalten koennen, was zusammenwachse.
Die Kirche muesse auch mit ihren eigenen Wunden umgehen, wenn sie die Wunden
der Welt thematisiere, forderte Kaessmann. 

Im Blick auf das Vollversammlungsthema betonte die Landesbischoefin, dass
gerade das Abendmahl den spezifischen Beitrag der ChristInnen zur Heilung der
Welt zeige. Die Gemeinschaft im Abendmahl sei eine heilende Gemeinschaft und
sichtbares Zeichen der Heilung. Wenn die Kirche zur Heilung der Welt
beitragen wollten, koennten sie das Sakrament der Gemeinschaft als zentrales
Geschehen zwischen Gott und Mensch sowie zwischen Menschen einbringen.

"Wenn wir Brot und Wein miteinander teilen, dann koennen und sollen aller
Zwist, aller Streit, alle Belastungen und alle Hierarchie in den Hintergrund
treten - weil wir neu erfahren, dass wir zusammen gehoeren", erklaerte die
Landesbischoefin. Beim Abendmahl kaemen alle zusammen, "die Armen und die
Reichen, die von den Hecken und Zaeunen, die Zerstrittenen, die
Enttaeuschten, die Liebenden, die Kranken, die aus dem Norden und die aus dem
Sueden". Das Abendmahl beinhalte eine menschliche, eine soziale
Herausforderung und sei eine Mahnung zu Frieden und Gerechtigkeit, so
Kaessmann. Es rufe in Erinnerung, "dass wir eber Grenzen hinweg
zusammengehoeren als Gottes Volk" und sei eine Aufforderung zum oekumenischen
Engagement.

Als Voraussetzung fuer die Heilung bezeichnete Kaessmann, dass zuerst der
eigene Kontext, die Welt mit offenen Augen, mit den Augen der Liebe Gottes
gesehen werde. Es schockiere sie, was in Jugoslawien geschah und in
Nordirland noch immer geschehe. Zwar haetten die Menschen in Mitteleuropa
genug zu Essen, es gebe Schulen fuer die Kinder, aerztliche Versorgung fuer
alle, die krank wuerden, aber es gebe auch viele Menschen, die innerlich leer
gebrannt seien. Das Leben bestehe bei den Erfolgreichen oft aus dem Versuch,
moeglichst mit allen mitzuhalten. Auch wenn Europa grosse Reichtuemer
besitze, gebe es doch vieles, was zerbrochen und heilungsbeduerftig sei.
ChristInnen koennten in diesem Kontext Gottes heilendes Wort weitergeben, sie
koennten die Welt ansehen, wie sie ist und muessten nicht vor der Realitaet
weglaufen oder die Augen verschliessen.

Kaessmann betonte, wer vom Heilen sprechen wolle, muesse zuerst die Wunden
anschauen, das tue jeder gute Arzt. Hierzu gehoerten die kleinen Wunden, wie
die spuerbare Herabsetzung, das boese Wort oder das missbrauchte Vertrauen
ebenso wie die "entsetzlich grossen Verletzungen" - die Kriege, in denen
Menschen von Bomben zerfetzt wuerden, Fluechtlinge, die hin- und hergetrieben
wuerden, die Schuldenkrise, die so vielen Laendern in Afrika, Asien,
Lateinamerika keine Entwicklungschance gebe, Kindersoldaten, die brutal zum
Waffengebrauch gezwungen wuerden, und der Hunger, dem taeglich Tausende zum
Opfer fielen. Das Entsetzen koenne nicht einmal in Worte gefasst werden. 

Ihr sei es dabei wichtig zu verstehen, erklaerte Kaessmann, dass Gott selbst
verwundet sei "durch die Zerstoerung, die Menschen anrichten, durch das, was
wir einander antun". Die Geschichte von Jesus Christus fordere dazu heraus,
"die Allmacht und die Ohnmacht Gottes zusammen zu denken". Es gehe um die
Auseinandersetzung mit der Frage der Allmacht Gottes und nach dem Zulassen
des Leidens, ncht darum, exakte oder logische Antworten zu finden. Sie rief
dazu auf, den Mut zu haben, sich Gott anzuvertrauen, im Wissen darum, dass
Gott Leben wolle und nicht Tod. ChristInnen muessten die Gebrochenheit des
Lebens aushalten und die Kreuzeserfahrung als Teil des Lebens annehmen.

Mit Blick auf die HIV/AIDS-Pandemie erklaerte Kaessmann, dass eine
HIV-Infektion vor allem in den reichen Industrienationen kein automatisches
Todesurteil mehr bedeute, wenn die richtigen Medikamente verabreicht wuerden.
Das Problem sei eher, dass es eine Zwei-Klassen-Medizin gebe, dass diese
Medikamente so teuer seien und die Menschen in Suedafrika oder Kenia sie sich
nicht leisten koennten. Der medizinische Fortschritt ermoegliche die Heilung
von Krebserkrankungen oder auch die Eindaemmung des SARS-Virus, aber er
erzeuge auch ein Machbarkeitsgefuehl gegenueber der Gesundheit nach dem
Motto: "Das muss doch zu reparieren sein!" Oft verstehe sich der Mensch nicht
mehr nach Gottes Bild geschaffen, sondern wolle den Menschen schaffen nach
dem eigenen Bild, kritisierte die Landesbischoefin. In diesem Zusammenhang
rief sie die Kirchen auf, den Auftrag zur Heilung neu als Teil des
Missionsauftrages zu verstehen und nicht nur als sozusagen sekundaeren
diakonischen Liebesdienst. 

Wenn Jesus geheilt habe, dann habe er zwei Dinge getan, so Kaessmann: "Er
redete und er beruehrte, Gottes Wort wurde hoerbar und erfahrbar. Wenn Jesus
heilte, dann sah er auf den Glauben, auf das Gottvertrauen." Heilen in Jesu
Namen weise nicht auf den Heilenden hin, sondern auf Gottes liebende
Zuwendung zum ganzen Menschen. Gesundheit sei nicht ein Beweis fuer Gottes
Gegenwart und werde missbraucht, wo Menschen meinten, sich selbst erheben zu
koennen als besonders begnadet. Ein Mensch koenne sein Gottvertrauen dadurch
zeigen, dass er mit einer Krankheit leben lerne, dies sei ein Geschenk
Gottes, eine Gnade. 

Heilen sei ein ganzheitlicher Prozess, bei dem weder die Errungenschaften
der Medizin, noch die Seele, noch die Gabe des Geistes Gottes verachten wrden
sollten. Vielleicht koennten gerade die Kirchen dazu beitragen, so Kaessmann,
"die unterschiedlichen Charismen nicht gegeneinander auszuspielen, sondern
komplementaer zu sehen, so dass sie voneinander lernen." Wer heilen wolle,
muesse offen sein fuer Koerper und Seele, fuer alte und neue Erkenntnisse,
fuer unterschiedliche Erfahrungen von Gottes Wirken, fuer ganzheitliche
Wahrnehmung. (1.147 Woerter)

Die Zehnte LWB-Vollversammlung vom 21. bis 31. Juli 2003 im kanadischen
Winnipeg steht unter dem Thema: "Zur Heilung der Welt". Gastgeberin der
Vollversammlung ist die Evangelisch-Lutherische Kirche in Kanada (ELKIK).

An der Zehnten Vollversammlung mit rund 700 TeilnehmerInnen, nehmen 356
Delegierte der 133 LWB-Mitgliedskirchen sowie VertreterInnen der drei
assoziierten Mitgliedskirchen teil. Die in der Regel alle sechs Jahre
stattfindenden LWB-Vollversammlung ist das oberste Entscheidungsorgan des
LWB. Zwischen den Vollversammlungen fuehren der Rat und sein Exekutivkomitee
die Geschaefte des LWB. 

Weitere Informationen, Video- und Audionews (in englischer Sprache) sowie
Fotos finden Sie auf der Vollversammlungs-Webseite:
www.lwb-vollversammlung.org 

Zur Bestellung von Fotos zur LWB-Vollversammlung wenden Sie sich bitte an:
LWF-Photo@lutheranworld.org 

Bei Anfragen wenden Sie sich bitte an: Dirk-Michael Groetzsch:
dmg@lutheranworld.org Mobil: +1/204-333.1754 

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen
weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 136
Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der weltweit rund 65,4 Millionen
LutheranerInnen in 76 Laendern angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe,
Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.


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