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LWB - reagiert auf LeserInnenbriefdebatte in deutscher
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Thu, 04 Sep 2003 21:33:04 -0700
Gemeinsame Erklaerung zur Rechtfertigungslehre wurde 1999 ausdruecklich und
offiziell unterzeichnet
LWB reagiert auf LeserInnenbriefdebatte in deutscher Tageszeitung
Genf, 4. September 2003 (LWI) - In einem Leserbrief an die Redaktion der in
Deutschland erscheinenden Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) hat der
Assistierende Generalsekretaer fuer Oekumenische Angelegenheiten des
Lutherischen Weltbunds (LWB), Pfr. Sven Oppegaard, klargestellt, dass mit
Unterzeichnung der Gemeinsamen offiziellen Feststellung (GoF) am 31. Oktober
1999 in Augsburg (Deutschland) durch VertreterInnen des Paepstlichen Rates
zur Foerderung der Einheit der Christen und des LWB die Gemeinsame Erklaerung
zur Rechtfertigungslehre (GE) von beiden Seiten ausdruecklich und offiziell
unterzeichnet wurde.
Oppegaard reagierte damit auf eine LeserInnenbriefdebatte, die durch einen
Artikel von Heike Schmoll in der FAZ vom 26. Juli 2003 ausgeloest wurde.
Schmoll hatte betont, die GE sei nie vom Vatikan unterschrieben worden,
sondern "nur die Gemeinsame offizielle Feststellung mit einer aus
protestantischer Sicht sehr roemischen Wahrnehmung der lutherischen
Rechtfertigungstheologie".
In einem am 7. August in der FAZ veroeffentlichten Leserbrief hatte der
Praesident des Paepstlichen Rates zur Foerderung der Einheit der Christen,
Kardinal Walter Kasper, bereits auf die Behauptung Schmolls, der Paepstliche
Einheitsrat sei "eine nachgeordnete Behoerde ohne Richtlinienkompetenz in den
wirklich entscheidenden Fragen der Lehre der Kirche", reagiert. Es sei eine
"geradezu abenteuerliche Vorstellung, zu meinen, der Praesident des
Einheitsrates habe ohne Ruecksprache, in diesem Fall ohne ausdrueckliche
Zustimmung der Glaubenskongregation und des Papstes selbst, einer theologisch
so weit reichenden Erklaerung zugestimmt", so der Kurienkardinal.
Die Berliner Professorin Dr. Dorothea Wendebourg unterstuetzte dagegen in
einem am 19. August in der FAZ abgedruckten LeserInnenbrief die Sichtweise
Schmolls und erklaerte, die lutherischen Kirchen haetten nur zur GE Stellung
genommen, jedoch nicht zur dann unterzeichneten GoF.
Oppegaard stellt in seiner Erwiderung klar, dass die GoF mit den Worten
schliesst: "Durch diesen Akt der Unterzeichnung bestaetigen die Katholische
Kirche und der Lutherische Weltbund die Gemeinsame Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre in ihrer Gesamtheit."
Wenn ein von TheologInnen erarbeitetes Dokument von offiziellen kirchlichen
Gremien bestaetigt werden soll, sei es selbstverstaendlich, so Oppegaard,
"dass dafuer ein angemessenes Verfahren gefunden werden muss. Daher war eine
von den offiziellen RepraesentantInnen des LWB und der roemisch-katholischen
Kirche zu unterzeichnende Erklaerung zur Bestaetigung der GE erforderlich."
Auf die Behauptung Wendebourgs, die LWB-Mitgliedskirchen haetten zur GoF und
ihrem Anhang nicht Stellung bezogen, stellt Oppegaard klar, dass der Text des
Anhangs allen Mitgliedskirchen rechtzeitig vor der Tagung des LWB-Rats Ende
Juni 1999 zusammen mit ausfuehrlichen Informationen zum Verfahren vorgelegt
worden sei. Der Rat, als das die LWB-Mitgliedskirchen vertretende
Leitungsgremium, habe in der Folge eine Entschliessung angenommen, "mit der
'die Unterzeichnung der Gemeinsamen offiziellen Feststellung mit ihrem Anhang
und dadurch die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklaerung, die fuer den 31.
Oktober 1999 in Augsburg geplant' war, offiziell gebilligt wurde".
Als ueberraschend bezeichnet Oppegaard die Behauptung Schmolls, die GoF
entspreche "einer sehr roemischen Wahrnehmung". Schmoll hatte in ihrem
Artikel betont, dass die in der GoF als Ziel formulierte Einheit in
versoehnter Verschiedenheit dadurch disqualifiziert werde, dass sich in der
Erklaerung "Lumen gentium" des Zweiten Vatikanischen Konzils eine aehnliche
Formulierung finde. Mit einer solchen Interpretationsmethode als Grundlage,
so Oppegaard, waere die Erarbeitung eines jeglichen oekumenischen Textes
erheblich erschwert, wenn nicht unmoeglich gemacht. "Ohne solche Texte jedoch
wuechse das Risiko, dass die Kirchen der Welt 'aneinander vorbeireden' und
die Erarbeitung gemeinsamer Standpunkte wuerde sich zwangslaeufig schwieriger
gestalten."
Im Blick auf die Vorbereitung des 500. Jubilaeums der Reformation im Jahr
2017 erklaerte Oppegaard, der Empfehlung Schmolls zu folgen, sich gaenzlich
auf die erneute Bekraeftigung protestantischer Positionen zu konzentrieren,
wuerde "die LWB-Mitgliedskirchen ganz sicherlich nicht" erfreuen. Im Blick
auf die GE bringe die Botschaft der Zehnten LWB-Vollversammlung, die vom 21.
bis 31. Juli 2003 im kanadischen Winnipeg stattfand, "in angemessener Weise
sowohl den positiven Wert des bereits Erreichten als auch die noch
verbleibenden Aufgaben zum Ausdruck".
In ihrer Botschaft hatten die rund 380 Delegierten der LWB-Mitgliedskirchen
in Winnipeg erklaert, dass sie als LutheranerInnen bekraeftigen, "dass die
Rechtfertigungslehre der Artikel ist, mit dem die Kirche steht oder faellt.
Wir freuen uns, dass mit der Unterzeichnung der 'Gemeinsamen Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre' durch den LWB und die roemisch-katholische Kirche im
Jahr 1999 eine tiefe Kluft ueberbrueckt worden ist. Die gegenseitigen
Verurteilungen in Bezug auf die Rechtfertigung gelten nicht. Es bleiben
jedoch weitere Herausforderungen, wie die Diskussion der bisher ungeklaerten
theologischen Fragen, die Rezeption und Auswirkungen der Uebereinkunft in den
Ortsgemeinden sowie die Untersuchung, was Rechtfertigung fuer die Welt von
heute bedeutet." (713 Woerter)
Im Folgenden finden Sie den vollstaendigen Wortlaut des Leserbriefs von Pfr.
Sven Oppegaard:
Visionen und Realitaeten im Blick auf die Gemeinsame Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre
In der FAZ vom 27. Juli 2003 kommentierte Heike Schmoll das Grusswort
Kardinal Walter Kaspers an die Zehnte Vollversammlung des Lutherischen
Weltbunds (LWB) und nahm dabei insbesondere Bezug auf die Gemeinsame
Erklaerung zur Rechtfertigungslehre. Der Kardinal antwortete darauf in einem
Leserbrief vom 7. August. Am 19. August wurden in einem Lesebrief von
Professorin Dorothea Wendebourg weitere Bemerkungen dazu veroeffentlicht.
Da der Lutherische Weltbund (LWB) als Partner an der Gemeinsamen Erklaerung
zur Rechtfertigungslehre (GE) massgeblich beteiligt ist, moechte ich einige
der erwaehnten Punkte richtig stellen.
Zunaechst eine Bemerkung zu der Behauptung von Schmoll und Wendebourg, dass
am 31. Oktober 1999 lediglich die Gemeinsame offizielle Feststellung und
nicht die GE als solche unterzeichnet worden sei: Wenn ein von TheologInnen
erarbeitetes Dokument von offiziellen kirchlichen Gremien bestaetigt werden
soll, ist es selbstverstaendlich, dass dafuer ein angemessenes Verfahren
gefunden werden muss. Daher war eine von den offiziellen RepraesentantInnen
des LWB und der roemisch-katholischen Kirche zu unterzeichnende Erklaerung
zur Bestaetigung der GE erforderlich.
Darueber hinaus war nach Juni 1998 eine klaerende Gespraechsrunde zwischen
dem LWB und der roemisch-katholischen Kirche notwendig, um bestimmte auf
katholischer Seite verbleibende Fragen zu klaeren. Ergebnis dieser Runde war
der sogenannte "Anhang".
Dieser Anhang geht nicht ueber die in der GE getroffenen Vereinbarungen
hinaus, sondern hatte eine klaerende Funktion. Der Text des Anhangs wurde
allen Mitgliedskirchen rechtzeitig vor der Tagung des LWB-Rats Ende Juni 1999
zusammen mit ausfuehrlichen Informationen zum Verfahren vorgelegt. Der Rat,
als das die LWB-Mitgliedskirchen vertretende Leitungsgremium, nahm in der
Folge eine Entschliessung an, mit der "die Unterzeichnung der Gemeinsamen
offiziellen Feststellung mit ihrem Anhang und dadurch die Unterzeichnung der
Gemeinsamen Erklaerung, die fuer den 31. Oktober 1999 in Augsburg geplant "
war, offiziell gebilligt wurde. Die Gemeinsame offizielle Feststellung
verweist zwar unter anderem auf den Anhang, betont jedoch gleichzeitig, dass
die GE von beiden Seiten ausdruecklich und offiziell unterzeichnet wird. Die
Gemeinsame offizielle Feststellung schliesst unmittelbar vor den
Unterschriften mit folgenden Worten: "Durch diesen Akt der Unterzeichnung
bestaetigen die Katholische Kirche und der Lutherische Weltbund die
Gemeinsame Erklaerung zur Rechtfertigungslehre in ihrer Gesamtheit."
Ueberraschend ist die Behauptung Schmolls, die Gemeinsame offizielle
Feststellung entspreche "einer sehr roemischen Wahrnehmung". Nach ihrer
Auffassung wird der Satz aus der Gemeinsamen offiziellen Feststellung, in dem
als Ziel angegeben wird, "zu voller Kirchengemeinschaft, zu einer Einheit in
Verschiedenheit zu gelangen, in der verbleibende Unterschiede miteinander
'versoehnt' wuerden und keine trennende Kraft mehr haetten" dadurch
disqualifiziert, dass sich in der dogmatischen Konstitution Lumen gentium des
Zweiten Vatikanischen Konzils eine aehnliche Formulierung findet. Mit einer
solchen Interpretationsmethode als Grundlage waere wohl die Erarbeitung eines
jeglichen oekumenischen Textes erheblich erschwert wenn nicht unmoeglich
gemacht. Ohne solche Texte jedoch wuechse das Risiko, dass die Kirchen der
Welt 'aneinander vorbeireden' und die Erarbeitung gemeinsamer Standpunkte
wuerde sich zwangslaeufig schwieriger gestalten.
Wuerden wir bei der Vorbereitung des 500. Jubilaeums der Reformation im Jahr
2017 Schmolls Empfehlung folgen, uns gaenzlich auf die erneute Bekraeftigung
protestantischer Positionen zu konzentrieren, waeren die LWB-Mitgliedskirchen
ganz sicherlich nicht erfreut. Im Blick auf die GE bringt die Botschaft der
Zehnten LWB-Vollversammlung (vom Juli 2003), bei der alle
LWB-Mitgliedskirchen vertreten waren, in angemessener Weise sowohl den
positiven Wert des bereits Erreichten als auch die noch verbleibenden
Aufgaben zum Ausdruck:
"Als LutheranerInnen bekraeftigen wir, dass die Rechtfertigungslehre der
Artikel ist, mit dem die Kirche steht oder faellt. Wir freuen uns, dass mit
der Unterzeichnung der 'Gemeinsamen Erklaerung zur Rechtfertigungslehre'
durch den LWB und die roemisch-katholische Kirche im Jahr 1999 eine tiefe
Kluft ueberbrueckt worden ist. Die gegenseitigen Verurteilungen in Bezug auf
die Rechtfertigung gelten nicht. Es bleiben jedoch weitere Herausforderungen,
wie die Diskussion der bisher ungeklaerten theologischen Fragen, die
Rezeption und Auswirkungen der Uebereinkunft in den Ortsgemeinden sowie die
Untersuchung, was Rechtfertigung fuer die Welt von heute bedeutet."
Pfr. Sven Oppegaard
Assistierender Generalsekretaer
fuer Oekumenische Angelegenheiten
Lutherischer Weltbund, Genf
* * *
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen
weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 136
Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der weltweit rund 65,4 Millionen
LutheranerInnen in 76 Laendern angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine
enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen
weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner
Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und
interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.
Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt,
falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des
LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI" gekennzeichneten
Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt werden.
* * *
LWI online unter: http://www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html
LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
Tel.: +41-22-791-6353
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E-Mail: dmg@lutheranworld.org
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