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Lutherischer Bischof Boliviens: Fuehrungswechsel bietet keine
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"Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date
Mon, 01 Dec 2003 15:20:47 -0600
Lutherischer Bischof Boliviens: Fuehrungswechsel bietet keine Loesung fuer
Probleme
Bevoelkerung soll ueber Nutzung natuerlicher Ressourcen mit entscheiden
La Paz (Bolivien)/Genf, 1. Dezember 2003 (LWI) - Der durch
massive Demonstrationen erzwungene Regierungswechsel Mitte
Oktober in Bolivien biete keine Loesung fuer die
wirtschaftlichen, sozialen und politischen Schwierigkeiten des
Landes, erklaerte Pfr. Humberto Ramos Salazar, Praesident der
Bolivianischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (IELB), in einem
Interview mit der Lutherischen Welt-Information (LWI). Die
Probleme, mit denen die Bevoelkerung in diesem
lateinamerikanischen Land weiterhin leben muesse, "liegen viel
tiefer", so Ramos.
Mitte Oktober war der bolivianische Praesident Gonzalo Sanchez
de Lozada nach mehrwoechigen Massendemonstrationen
zurueckgetreten. Die Proteste, bei denen mehr als 80 Menschen ums
Leben gekommen waren, richteten sich gegen Plaene der Regierung,
eine Gaspipeline durch Chile an die Pazifikkueste zu bauen und
Erdgas in die USA und nach Mexiko zu exportieren. "Weder der
Ruecktritt von Sanchez de Lozada noch seine Nachfolge durch
Carlos Mesa bieten eine Loesung fuer die BolivianerInnen",
betonte Ramos.
Die von der neuen Regierung vorgeschlagene "Volksberatung" zur
Verwendung der natuerlichen Ressourcen des Landes habe bisher
weder einen Konsens im Parlament gefunden, noch sei eine
Vorgehensweise vorgeschlagen worden, so der IELB-Bischof. Wenn es
zu einer solchen Beratung komme, werde sich die IELB aktiv daran
beteiligen, unter anderem durch die Nutzung der Massenmedien zur
Bewusstseinsbildung sowie durch Mitglieder und MitarbeiterInnen,
die in der Zivilgesellschaft, einschliesslich Gewerkschaften,
Vereinen und Basisgruppen, engagiert sind. Weiterhin plane die
Kirche die Bekanntmachung eines gemeinsamen Manifests der
anglikanischen, katholischen, lutherischen und methodistischen
Kirchen zu diesem Thema. "Als IELB werden wir von der Basis aus
in Demut und Einfachheit und in der festen Ueberzeugung, dass
natuerliche Ressourcen Gaben Gottes an die Menschheit sind,
Einfluss auf Beschluesse nehmen", sagte Ramos nachdruecklich.
Mit Blick auf die geplanten Erdgasexporte erklaerte Bischof
Ramos, er sei der Ueberzeugung, dass die Beduerfnisse der
Bevoelkerung an erster Stelle stehen muessten. "Bolivien sollte
kein unverarbeitetes Erdgas exportieren. Das Gas sollte
raffiniert werden, um alle Nebenprodukte maximal nutzen zu
koennen." Weiterhin kritisierte Ramos die Plaene, dass Bolivien
nur 17 Prozent der Verkaufserloese als Entschaedigung erhalten
sollte, waehrend transnationale Konzerne von 83 Prozent
profitierten. Der IELB-Bischof forderte, die
Verhandlungsmodalitaeten oeffentlich zu machen, um illegale
Bereicherung im Zwischenhandel sowie Vetternwirtschaft bei der
Auswahl von Unternehmen zu verhindern.
Den Erdgasexport an sich wolle seine Kirche jedoch nicht in
Frage stellen, so Ramos. Boliviens Erdgasvorkommen seien fuer ein
Land mit acht Millionen EinwohnerInnen betraechtlich, geklaert
werden muesse jedoch vor allem, was mit den Einnahmen aus dem
Erdgasverkauf geschehe. "Werden diese Ressourcen fuer
Basisleistungen wie Erziehung, Gesundheit und Infrastruktur, z.
B. Strassen, eingesetzt oder werden alle Mittel dazu benutzt, die
zentrale Regierungsstruktur zu stuetzen?" Ramos forderte eine
gerechte Verteilung der Einnahmen an das bolivianische Volk, eine
Bereicherung "der paar ueblichen Privilegierten" muesse
verhindert werden.
Fuer Bischof Ramos ist es eine Verpflichtung der Kirche, dafuer
zu sorgen, dass die Bevoelkerung das nutzen koenne, was ihr
rechtmaessig zustehe. Dies gelte auch fuer die Nutzung von
Wasser. So unternehme die IELB auch grosse Anstrengungen, den
Kommunen in den Anden den Zugang zu Wasser zu ermoeglichen. Die
bolivianische Regierung habe die Verwaltung vieler Ressourcen
transnationalen Konzernen uebertragen, von denen einige
exorbitante Preise verlangten. "Die Privatisierung natuerlicher
Ressourcen, wie Wasser, ist ein Angriff auf die Bevoelkerung."
Solche Vorgehensweisen seien inakzeptabel und wuerden von der
IELB verurteilt, so Bischof Ramos.
Nach Angaben der lateinamerikanischen und karibischen
Nachrichtenagentur alc verlor Bolivien seinen Zugang zum
Pazifischen Ozean im Pazifikkrieg (1879-1883) an Chile. Als Folge
forderte die Bevoelkerung, dass die bolivianische Regierung kein
Erdgas ueber Chile exportieren solle. Doch dieser Forderung wurde
ebenso wenig nachgekommen wie dem Appell von Gewerkschaften sowie
zivilen und politischen Organisationen, kein Gas in die USA zu
exportieren.
Die 18.000 Mitglieder umfassende IELB gehoert seit 1975 zum
Lutherischen Weltbund. (606 Woerter)
* * *
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