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Bangladesch: Auf der Strasse und doch voller Sehnsucht nach
From
"Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date
Wed, 10 Dec 2003 09:25:00 -0600
FEATURE: Bangladesch: HIV/AIDS (Auf der Strasse)
Auf der Strasse und doch voller Sehnsucht nach Wuerde
NGO startet HIV/AIDS- Aufklaerungsprojekt unter Prostituierten
Saidpur (Bangladesch)/Genf, 10. Dezember 2003 (LWI) - Rashida
verlor ihre Eltern, als sie noch sehr klein war. Mit dreizehn
fing sie an, bei einer Polizistenfamilie als Hausmaedchen zu
arbeiten. Wenn die Frau nicht zu Hause war, wurde Rashida von dem
Ehemann sexuell missbraucht, aber sie konnte ihn nicht anzeigen,
weil sie Angst hatte, ihre Stelle zu verlieren. Schliesslich
wurde der Missbrauch aufgedeckt und die NachbarInnen zwangen den
Polizisten, das Maedchen zu heiraten. Zwar war es keine
glueckliche Ehe, aber sie gab Rashida doch eine gewisse Form von
Sicherheit. Die Geburt ihrer kleinen Tochter haette dieses
Gefuehl von Sicherheit eigentlich noch verstaerken sollen, aber
eines Morgens verschwanden der Polizist und seine erste Frau ganz
einfach und ueberliessen die Mutter und das Neugeborene ihrem
Schicksal. Rashida suchte Zuflucht in einem verlassenen Zugwaggon
und fing an zu betteln. Ihr zweiter Mann, der als Kellner in
einem Restaurant arbeitete, verliess sie bereits nach einem
Monat. Um ihre Miete zu bezahlen und ihr Kind ernaehren zu
koennen, fing Rashida an, als Prostituierte zu arbeiten.
Maya, 26 Jahre alt, besucht regelmaessig das Hilfszentrum fuer
Prostituierte des Rangpur Dinajpur Rural Service (RDRS) in
Saidpur (Bangladesch). Auch sie wurde Opfer von Brutalitaet und
Vergewaltigung. Maya wuchs in einer armen Grossfamilie auf dem
Land auf und wurde mit einem sehr viel aelteren Mann verheiratet,
als sie sechzehn war. Als sie merkte, dass ihr Mann noch vier
andere Frauen hatte, floh sie und wollte zu ihren Eltern
zurueckkehren. Doch diese zeigten kein Verstaendnis und schickten
sie weg. Sie suchte Zuflucht im Bahnhofsgebaeude ihres Dorfes.
Nach zwei Tagen, an denen sie nichts gegessen hatte, bot ihr ein
fremder Mann, der vorgab, ihre traurige Geschichte habe ihn
beruehrt, nicht nur Essen an, sondern versprach ihr auch noch
Arbeit. Er brachte sie in ein verlassenes Haus, wo sie von sechs
Maennern vergewaltigt wurde, bis sie das Bewusstsein verlor. Als
sie zu sich kam, hatte sie ueberall blaue Flecken und alles tat
ihr weh, aber neben ihr lagen 60 Taka (knapp ein Euro). Sie
kaufte Schmerztabletten und etwas zu essen. Nach einer Woche
wusste sie wieder nicht, wie es weitergehen sollte. Da sie keine
Arbeit und kein Dach ueber dem Kopf hatte, schien ihr der einzige
Ausweg zu sein, ihren Koerper fuer Geld anzubieten.
Prostituierte finden Zuflucht im RDRS-Hilfszentrum
Frauen wie Maya und Rashida "gelangen nach bitteren Erfahrungen
der Brutalitaet und des Verrats in diesen Beruf. Sie stumpfen ab
und haben ihr Vertrauen in die Menschen verloren, die ihnen nahe
standen", erklaert Dr. Salima Rahman, die durch ihre Arbeit als
Koordinatorin des RDRS-Programms fuer lokale Gesundheitsarbeit
regelmaessig im Kontakt mit Prostituierten steht. Der RDRS wurde
zu Beginn der 1970er Jahre als Laenderprogramm der Abteilung fuer
Weltdienst (AWD) des Lutherischen Weltbundes (LWB) eingerichtet.
1997 wurde er unter seinem gegenwaertigen Namen, RDRS
Bangladesch, in eine nationale Nichtregierungsorganisation (NGO)
umgewandelt.
Rahman beschreibt ihre Arbeit mit den Prostituierten in Saidpur,
einem lebhaften Geschaeftszentrum in Nordbangladesch. Vor einigen
Jahren liess die Regierung dort ein viel besuchtes Bordell
schliessen, die Prostituierten blieben jedoch. Heute bieten sie
ihre Dienste vor allem in der Bahnhofsgegend an. Ihre Kunden sind
Studenten, Karrenzieher, Geschaeftsmaenner und sogar Polizisten.
Haeufig werden sie auch von Agenturen fuer Sexparties angeheuert.
Aber tagtaeglich sind sie von Gewalt bedroht. Kunden schlagen und
misshandeln sie und rauben ihnen Geld und Schmuck.
Der RDRS leistet seit mehr als 32 Jahren Entwicklungsarbeit im
Nordwesten Bangladeschs und verfolgt das Ziel, den Lebensstandard
der armen Landbevoelkerung nachhaltig zu verbessern. Das
Hilfszentrum in Saidpur wurde im Juni 2002 eingerichtet und
betreut Prostituierte ohne festen Wohnsitz. Mehr als 150
Prostituierte haben sich im Zentrum angemeldet, wo es Duschen,
Schlafgelegenheiten, Kuechen und Freizeiteinrichtungen gibt.
Zweimal pro Woche sind eine Aerztin und eine Krankenschwester im
Zentrum, fuehren Untersuchungen durch und behandeln
Prostituierte, ihre Kinder und Kunden kostenlos.
HIV/AIDS-Aufklaerung und Planung von
Existenzgruendungsprojekten
Das RDRS-Hilfszentrum bietet weiterhin Gesundheitskurse an, in
denen die Frauen ueber Geschlechtskrankheiten und HIV/AIDS
aufgeklaert werden. Der Schwerpunkt liegt auf
Vorbeugungsmassnahmen, insbesondere der Verwendung von Kondomen.
Rund 20 Prostituierte nutzen jeden Morgen die Angebote des
Zentrums.
Der RDRS plant, zukuenftig auch Naeh- und Alphabetisierungskurse
fuer Prostituierte anzubieten. Salima Rahman erklaert
abschliessend: "Im Rahmen seiner Mittel wird der RDRS den
Prostituierten auch weiterhin helfen, damit sie ein besseres
Leben fuehren koennen. Einige von ihnen wollen etwas lernen,
damit sie ihren Lebensunterhalt mit einer normalen Arbeit
verdienen und ein von anderen respektiertes Leben fuehren
koennen."
Der RDRS gehoert zu den NGOs, die HIV/AIDS-Programme in
Bangladesch durchfuehren, um ueber die Pandemie aufzuklaeren und
sie mit wirksamen Mitteln zu bekaempfen. Nach Schaetzungen von
UNAIDS, dem AIDS-Programm der Vereinten Nationen, gibt es in
Bangladesch circa 13.000 HIV/AIDS-Infizierte. Die Infektionsrate
ist damit relativ niedrig, aber es gibt Indikatoren, nach denen
die Gefaehrdung durch HIV/AIDS in Bangladesch mit seinen rund 137
Millionen EinwohnerInnen gerade unter Prostituierten sehr hoch
ist. (800 Woerter)
(Dieses Feature basiert auf einem Bericht von Dr. Salima
Rahman.)
Dieser Beitrag gehoert zu einer Feature-Serie der Lutherischen
Welt-Information (LWI) zum Thema der Zehnten LWB-Vollversammlung
2003 "Zur Heilung der Welt". Die Serie beleuchtet die Relevanz
des Vollversammlungsthemas in den verschiedenen regionalen und
lokalen Kontexten der weltweiten lutherischen Gemeinschaft und
stellt Projekte der Versoehnung und Heilung vor angesichts
weltweiter Bedrohung. Auch nach Abschluss der Zehnten
Vollversammlung, die vom 21. bis 31. Juli 2003 in Winnipeg
(Manitoba/Kanada) stattfand, bildet das Vollversammlungsthema
einen der Schwerpunkte der Arbeit des LWB.
* * *
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft
lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden)
gegruendet, zaehlt er inzwischen 136 Mitgliedskirchen, denen rund
61,7 Millionen der weltweit rund 65,4 Millionen LutheranerInnen
in 76 Laendern angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat
der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen
Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen
in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und
interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe,
Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.
Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als
Informationsdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB)
herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht
besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB
oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden.
* * *
LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html
LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
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Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
Tel.: +41-22-791-6353
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