From the Worldwide Faith News archives www.wfn.org


LWB-Studienprogramm zur Rolle der Religion in Konflikten


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Wed, 17 Dec 2003 14:16:11 -0600

LWB-Studienprogramm zur Rolle der Religion in Konflikten
Studienteam erstellt erste Fallstudie zur Situation in
Daenemark
 
Kopenhagen (Daenemark)/Genf, 17. Dezember 2003 (LWI) - "Welche
Rolle kommt der Religion heute in Konflikten zu? Wie kann sie zur
Ueberwindung von Konflikten und Gegensaetzen und damit zur
friedlichen Koexistenz beitragen?"
 
Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des neuen Studienprogramms
der Abteilung fuer Theologie und Studien (ATS) des Lutherischen
Weltbundes (LWB). Mit diesem Programm leistet die ATS einen
weiteren Beitrag zu den weltweiten christlich-muslimischen
Beziehungen und knuepft insbesondere an ihr von 1992 bis 2002
durchgefuehrtes Studienprogramm zum Islam an.
 
In Daenemark fand Ende Oktober ein intensiver
Erfahrungsaustausch zwischen lokalen Partnern und einem
christlich-muslimischen Studienteam des LWB statt, das sich in
einer Fallstudie mit der Situation in Daenemark auseinandersetzt.
Auf der Tagesordnung standen Begegnungen mit PolitikerInnen und
leitenden RepraesentantInnen christlicher und muslimischer
Gemeinschaften, Besuche bei lokalen christlichen und muslimischen
Projekten, dem daenischen Institut fuer Menschenrechte sowie bei
verschiedenen kirchlichen Einrichtungen. Weiterhin nahmen die
Mitglieder des Studienteams an Gottesdiensten sowie dem
Freitagsgebet in einer Moschee teil und fuehrten intensive
persoenliche Gespraeche mit VertreterInnen der muslimischen und
christlichen Gemeinschaften.
 
"Wir haben sehr wichtige Gespraeche gefuehrt und ich glaube,
dass wir hier die entscheidenden Grundlagen fuer den kuenftigen
Studienprozess gelegt haben", erklaerte Teammitglied Nelly van
Doorn-Harder, ausserordentliche Professorin an der theologischen
Fakultaet der Valparaiso University in den Vereinigten Staaten.
 
Ueber einen Zeitraum von drei Jahren wird dieses interkulturelle
LWB-Studienteam Fallstudien in verschiedenen Konfliktsituationen
durchfuehren, die LutheranerInnen und MuslimInnen betreffen. Die
Studie wird sich mit der Frage beschaeftigen, wie Angehoerige
beider Religionen mit Konfliktsituationen umgehen und welche
Versuche unternommen werden, friedensstiftend zu wirken.
 
Das neunkoepfige christlich-muslimische LWB-Studienteam wird von
Pfr. Dr. Ingo Wulfhorst, ATS-Studienreferent fuer die Kirche und
Menschen anderer Glaubensrichtungen, koordiniert. Zum Team
gehoeren weiterhin jeweils ein/e christliche/r und muslimische/r
VertreterIn aus Daenemark, Indonesien, Nigeria und den
Vereinigten Staaten.
 
ChristInnen und MuslimInnen arbeiten gleichberechtigt zusammen

"In diesem Studienprozess arbeiten wir mit einer neuen Methode",
so Wulfhorst. Die Grundidee bestehe darin, dass ChristInnen und
MuslimInnen gleichberechtigt zusammenarbeiten und aufeinander
hoeren, "um die Ursache, die Kernpunkte und die Natur des
Konflikts zu verstehen". Die theologischen Reflexionen wuerden
dann auf diesen Erfahrungen basieren. 
 
Diese Arbeitsmethode orientiert sich am Konzept der "Diapraxis",
das vor 15 Jahren von der daenischen Theologin Lissi Rasmussen,
die ebenfalls zum Studienteam gehoert, gepraegt wurde. Lissi
Rasmussen ist Pfarrerin der Daenischen Evangelisch-Lutherischen
Volkskirche und Direktorin des Islamisch-christlichen
Studienzentrums in Kopenhagen. Sie definiert Diapraxis als "eine
Beziehung, die im Wesentlichen in einer gemeinsamen *Praxis'
gelebt wird". Diapraxis bezeichne dabei nicht die Durchfuehrung
des Dialogs an sich, sondern impliziere "Dialog als Aktion". Sie
setze einen kontextuellen Dialogansatz voraus, bei dem Menschen
zusammenkommen und versuchen koennten, die Wirklichkeit ihres
gemeinsamen Lebensumfelds offen darzulegen und zu verwandeln. 
 
Zum Abbau von Vorurteilen und Widerstaenden muss die Arbeit
an der Basis ansetzen

"Die Rolle der Religion ist zwiespaeltig. Wie unsere Erfahrungen
in Daenemark gezeigt haben, muessen wir uns bei der Durchfuehrung
des Studienprogramms bewusst sein, dass es lutherische wie
muslimische Gruppen gibt, die am Dialog nicht sehr interessiert
sind", erklaerte Nelly van Doorn-Harder, die urspruenglich aus
den Niederlanden stammt. Die Schwierigkeiten seien vielfaeltiger
Natur - so gebe es z. B. starke Vorurteile, innere Widerstaende
und Zoegern, engere Beziehungen aufzubauen. Das mache es umso
wichtiger, dass die Arbeit an der Basis ansetzt. "Nur wenn
zwischen Menschen verschiedener Religionen Freundschaften
entstehen, koennen Schranken abgebaut werden", so van
Doorn-Harder. Angesichts dieser und anderer Schwierigkeiten sei
es wichtig, kleine Schritte zu machen, um den Dialog
voranzubringen, und dabei auf konkreten Erfahrungen vor Ort und
persoenlichen Begegnungen aufzubauen. 
 
Das auf drei Jahre angelegte ATS-Studienprogramm zielt darauf
ab, einen kontinuierlichen Prozess gegenseitigen Lernens zu
gewaehrleisten. Das Team will zu gemeinsamen
christlich-muslimischen theologischen Studien in verschiedenen
Konfliktsituationen anregen und hofft, einen Beitrag zur
Ueberwindung von Konflikten zwischen ChristInnen und MuslimInnen
leisten zu koennen. Ein weiteres Ziel besteht darin, zentrale
Fragen - wie z. B. die besonderen Aspekte konkreter sozialer und
politischer Situationen und das theologische Fundament bei
kulturuebergreifenden interreligioesen Begegnungen in
Konfliktsituationen zu klaeren. Die erste Planungssitzung der
lutherisch-muslimischen Kerngruppe fand im Maerz 2003 in Genf
statt und die eigentliche Arbeit des Teams begann im Oktober mit
der Fallstudie in Daenemark.
 
Im kommenden Jahr wird das Team Indonesien und Nigeria besuchen.
Fuer 2005 ist eine internationale christlich-muslimische
Konsultation zum Thema Konflikt und Frieden geplant. Zum
Abschluss des Studienprozesses sollen die Ergebnisse
veroeffentlicht werden, wobei sie Eingang in Materialien finden
sollen, die weltweit in der Bildungsarbeit von Gemeinden und
interessierten Einrichtungen eingesetzt werden koennen. (728
Woerter)
 
(Ein Beitrag von LWI-Korrespondentin Elizabeth Knox-Seith,
Daenemark.)
 
*	*	*
 
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft
lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden)
gegruendet, zaehlt er inzwischen 136 Mitgliedskirchen, denen rund
61,7 Millionen der weltweit rund 65,4 Millionen LutheranerInnen
in 76 Laendern angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat
der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen
Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen
in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und
interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe,
Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.
 
Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als
Informationsdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB)
herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht
besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB
oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden. 
 
*	*	*
 
LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html 

LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
Tel.: +41-22-791-6353
Fax: +41-22-791-6630	     
E-Mail: dmg@lutheranworld.org 


Browse month . . . Browse month (sort by Source) . . . Advanced Search & Browse . . . WFN Home