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Oesterreich: Kirchen veroeffentlichen gemeinsames Sozialwort
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"Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date
Fri, 26 Dec 2003 14:52:57 -0600
Oesterreich: Kirchen veroeffentlichen gemeinsames Sozialwort
Kompass fuer soziales Denken und Handeln
Wien (Oesterreich)/Genf, 26. Dezember 2003 (LWI) - Die Kirchen
in Oesterreich haben sich fuer einen starken Sozialstaat
ausgesprochen und Bedenken geaeussert gegen Tendenzen, soziale
Absicherung zunehmend dem Einzelnen oder privaten Institutionen
zu ueberlassen. In einem Sozialwort des Oekumenischen Rates der
Kirchen in Oesterreich (OeRKOe), das am 27. November 2003 in Wien
(Oesterreich) vorgestellt wurde, heisst es, sozialstaatliche
Einrichtungen, unter ihnen die Kranken- und
Pensionsversicherungen, seien zwar immer wieder neu den
gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen, ihre
Finanzierbarkeit sei aber in hohem Masse "eine Frage des
politischen Willens und einer vernuenftigen Verteilung der
Lasten". Die 14 Kirchen treten daher unter anderem fuer die
Beibehaltung eines umlagefinanzierten Pensionssystems ein, weil
es wesentlich sicherer sei als private, vom Kapitalmarkt
abhaengige Versicherungssysteme. Dabei sei auch eine
eigenstaendige Alterssicherung fuer Frauen vorzusehen.
In dem Sozialwort des OeRKOe nehmen die oesterreichischen
Kirchen gemeinsam Stellung zu sozialen und gesellschaftlichen
Herausforderungen. Die Veroeffentlichung bringt einen
vierjaehrigen Prozess zum Abschluss. Neben Fragen von Arbeit,
Wirtschaft und sozialer Sicherheit widmet sich das gemeinsame
Sozialdokument auch den Bereichen Friedenssicherung, Bildung,
weltweite Gerechtigkeit, Verantwortung vor der Schoepfung, Ehe
und Familie, Lebensschutz, der Gestaltung staedtischer und
laendlicher Lebensraeume.
Das Sozialwort verstehe sich als "Kompass fuer soziales Denken
und Handeln", so die OeRKOe-Vorsitzende Oberin Christine
Gleixner. Im Mittelpunkt stehe der Mensch als Ebenbild Gottes in
einer Zeit der Umbrueche. Nun gelte es, das Gesagte zu vertiefen,
zu erweitern und umzusetzen.
Fuer den stellvertretenden OeRKOe-Vorsitzenden, Bischof Herwig
Sturm von der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses
in Oesterreich, ist das Sozialwort ein Signal von Weihnachten.
"Gott wurde Mitmensch, Leidensgenosse und Zeitgenosse", sagte
Sturm. Die Kirchen sehen sich herausgefordert, "Hoffnung zu geben
in einer Gesellschaft, die Orientierung sucht", sie fungierten
als "Mund und Stimme der Ausgeschiedenen". Zudem signalisiere das
Sozialwort als oekumenisches Projekt fuer das Verhaeltnis der
Kirchen in Oesterreich: "Wir koennen miteinander, und wir bringen
etwas weiter."
Sturm zeigte sich davon ueberzeugt, dass das Sozialwort positive
Effekte fuer den sozialen Zusammenhalt der oesterreichischen
Gesellschaft haben werde. Zugleich mahnte er aber auch die im
Dokument enthaltene Selbstverpflichtung der Kirchen an. Die
Aussagen des "Sozialwortes" wuerden nur in Verbindung mit der
Praxis der Kirchen glaubwuerdig sein, so der Bischof. Deshalb
haetten sich die Kirchen bei jedem Kapitel des "Sozialworts" zu
entsprechenden Initiativen verpflichtet. "Wir reden nicht nur,
sondern unser Reden ist auch durch das Engagement vieler Menschen
und Gruppen gedeckt", so Sturm.
Weiterhin plaedierte der Bischof fuer mehr "Wahrhaftigkeit" in
der politischen Diskussion. Er erlebe in der gegenwaertigen
Politik, dass sehr viel verschleiert werde. "Wenn wir aus
Bruessel hoeren muessen, dass die LKW-Zaehlungen der
Oesterreicher nicht mehr ernst genommen werden, weil so oft
geschwindelt wird, dann muss ich mich fragen, in welchen
Bereichen wir noch *eingenebelt' werden", so Sturm. Gerade die
Kirchen stuenden daher fuer "Klarheit und Offenheit". Die
oesterreichische Gesellschaft sei durchaus faehig, Probleme zu
loesen, dazu muesse man aber "reinen Wein einschenken und dann
miteinander gute Wege suchen".
Den oekumenischen Aspekt unterstrich auch der
griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos. Das Sozialwort
habe "konfessionelle Vorhaenge" zu Fall gebracht. Es sei
"einmalig, dass alle Kirchen gleichberechtigt mit einer Stimme
auftreten". Das Sozialwort habe zudem gezeigt, dass das Fremde
nichts Belastendes, sondern eine Bereicherung sei.
"Der Zugang zu sozialen Dienstleistungen und deren Qualitaet
muss fuer alle, unabhaengig von Einkommen und Herkunft, gesichert
werden", heisst es im Sozialwort. Trotz gut ausgebauter sozialer
Netze gebe es in Oesterreich fast eine Million Menschen, die am
Rande der Armut lebten oder arm seien. Man trete daher im Rahmen
des fuer EU-Staaten verbindlichen Nationalen Aktionsplans zur
Armutsbekaempfung (NAP) fuer eine Mindestsicherung fuer alle
ein.
Die Kirchen verschliessen sich nicht dem "laufenden
Reformbedarf". Im Kapitel ueber "Soziale Sicherheit" heisst es:
"Veraenderungen sind notwendig, wenn sich die Verhaeltnisse
aendern, wenn die Lebenserwartung steigt, und damit die Zahl der
aelteren Menschen im Verhaeltnis zu den aktiv Erwerbstaetigen,
wenn die Ausbildung laenger dauert, die Zahl der tatsaechlich
geleisteten Arbeitsjahre geringer wird, und damit auf ein
Beitragsjahr immer mehr Pensionsjahre entfallen." Im Bemuehen um
"solidarische Loesungen" duerften junge und aeltere Menschen mit
ihren jeweils berechtigten Anliegen aber nicht gegeneinander
ausgespielt werden.
Fuer den kirchlichen Bereich betont das Sozialwort die "Option
fuer die Armen" im Sinne einer Anwaltschaft zu Gunsten der
Benachteiligten. In ihren eigenen Sozialeinrichtungen wie Caritas
oder Diakonie wollen die Kirchen "ihre personellen und
finanziellen Moeglichkeiten" einsetzen, um Menschen in Notlagen
rasch und wirksam zu helfen. (703 Woerter)
(Nach epd Oe, Evangelischer Pressedienst fuer Oesterreich.)
* * *
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* * *
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