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LWB-Praesident Hanson: Wir werden zusammen- und nicht auseinander wachsen


From "Frank Imhoff" <Frank_Imhoff@elca.org>
Date Wed, 01 Sep 2004 15:11:30 -0500

LWB-Praesident Hanson: Wir werden zusammen- und nicht auseinander wachsen
Auswirkungen von HIV/AIDS und wirtschaftlicher Globalisierung drohen, die Schoepfung, die Menschheitsfamilie und die Einheit des LWB zu spalten

LWB-Ratstagung in Genf, 1. * 7. September 2004

PRESSEMITTEILUNG NR: 02

Genf, 1. September 2004 (LWI) * "Wir werden zusammen- und nicht auseinander wachsen, weil unser Glaube und nicht unsere Angst uns bestimmt", betonte der Praesident des Lutherischen Weltbundes (LWB), der Leitende Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA), Mark S. Hanson, in seiner Ansprache am Mittwoch, 1. September, vor dem Rat des LWB in Genf. Angst verhaerte und schliesse Grenzen. Der Glaube rufe die Kirchen jedoch auf, "die Welt mit den Augen Gottes zu sehen * die gute Schoepfung; die Menschen, die nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind, auf Gemeinschaft hin, zum Lob Gottes und mit Gerechtigkeit und Frieden als Zielsetzungen", so Hanson in seiner Rede. Die LWB-Ratstagung mit ueber 170 TeilnehmerInnen findet vom 1. bis 7. September in Chavannes-de-Bogis bei Genf statt.

In seiner Rede nahm LWB-Praesident Hanson Bezug auf die zahlreichen Herausforderungen, denen sich die LutheranerInnen in der eigenen kirchlichen Gemeinschaft sowie im politischen, sozialen, interreligioesen und oekologischen Bereich stellen muessten und die zum Handeln aufriefen. "Bekennen wir uns also zu unserer Einheit in Christus" forderte Hanson. Er stellte seine Ansprache unter das Thema der Ratstagung "Zusammenwachsen * auseinander wachsen". 

Im Blick auf die HIV/AIDS-Pandemie, die Familien, Gemeinwesen, Kulturen und Staaten zerstoere, betonte Hanson: "Wenn uns eine Krise dazu bringen muesste, unsere Meinungsverschiedenheiten beiseite zu lassen, Mittel aufzubringen und Loesungen zu finden, dann ist es HIV/AIDS". Haeufig seien trennende Kraefte wie Leugnung, Arroganz, wirtschaftlicher Profit, persoenliche Moralvorstellungen und Macht jedoch staerker als die eigene gemeinsame Entschlossenheit zu informieren, zu behandeln und zu troesten. "HIV/AIDS ist nicht die einzige Krankheit, die uns um der Heilung der Welt willen dazu bringen muesste, zusammenzuwachsen, aber wir muessten bei ihr anfangen", so Hanson.

Dieselbe Verpflichtung zum Handeln erkannte der LWB-Praesident auch angesichts der besorgniserregenden sozialen Auswirkungen der Globalisierung.. Der LWB muesse auch weiterhin der Frage Prioritaet einraeumen, "inwiefern uns die wirtschaftliche Globalisierung zu einer Weltgesellschaft zusammenwachsen laesst, gleichzeitig aber auch ein auseinander Wachsen verursacht, weil die Kluft zwischen den Wohlhabenden und denen, die in Armut leben, groesser wird". Dieser Skandal verlange nach kreativen Loesungsmoeglichkeiten, um aus der Realitaet der Globalisierung eine bessere Lebenssituation fuer alle Menschen und nicht nur fuer einige Wenige zu schaffen. 

Hanson forderte die Kirchen auf, sich fuer ChristInnen ebenso wie fuer Menschen anderer Religionen, die unter Verfolgung und Diskriminierung litten, einzusetzen . "In unserem Engagement fuer Frieden in Gerechtigkeit muessen wir Gewalt in allen ihren Formen verurteilen." Die bedraengende Krise im Sudan/Darfur erfordere weltweite Katastrophenhilfe und eine politische Loesung zur Beendigung des Voelkermords. 

Gemeinsam Prinzipien fuer gerechten Frieden formulieren

Mit Blick auf die von Gewalt und Krieg zerrissene Welt rief LWB-Praesident Hanson die LWB-Mitgliedskirchen dazu auf, Aengste zu ueberwinden und gemeinsam Prinzipien fuer einen gerechten Frieden zu formulieren.

Das Streben danach zusammenzuwachsen, beginne mit dem Verstehen der eigenen Identitaet, so Hanson. In Anlegung an den deutschen Theologen Dietrich Bonhoeffer erinnerte er daran, dass die "Einheit der Kirche als Leib Christi" kein Ziel sei, das man erringen koenne, sondern eine Wirklichkeit, die angenommen werden muesse. Auftrag der Kirche sei es demnach nicht, die Einheit zu erlangen, sondern als die Einheit zu handeln, die sie bereits sei.

Angesichts des Ungleichgewichts der Kraefte unter den LWB-Mitgliedskirchen waere es hilfreich, die weltweite Mission zunehmend auf der Basis der gegenseitigen Begleitung zu verwirklichen, erklaerte Hanson. "Wir verstehen uns immer mehr als Partnerinnen und Partner, die um des Evangeliums willen zusammenarbeiten und Seite an Seite miteinander auf dem Weg sind." Mehr Kirchen muessten selbst die Prioritaeten fuer den kirchlichen Dienst und die Mission in ihren jeweiligen Gebieten setzen, anstatt dies Geberorganisationen zu ueberlassen.

Fuer das Zusammenwachsen sei es eine Voraussetzung, dass fuer die Arbeit des LWB die Prioritaeten so gesetzt wuerden, "dass die Botschaft der Vollversammlung und die bereits bestehenden Verpflichtungen des LWB unter ehrlicher Beruecksichtigung der verfuegbaren Ressourcen Verwirklichung finden", erklaerte Hanson. "Wir werden weiter zusammenwachsen, wenn wir gemeinsam tun, was uns getrennt weniger gut gelingt", betonte er.

Aufruf zur gemeinsam Prioritaetensetzung

Mit Blick auf die finanzielle Stabilitaet des LWB erklaerte Hanson, dies erfuelle ihn "mit wachsender Sorge". Wenn die Mitgliedskirchen drastische Kuerzungen ihrer Zuwendungen beschloessen oder wenn einfach keine Mittel zur Verfuegung stuenden, "dann werden wir unweigerlich auseinander wachsen". Hanson rief zur gemeinsam Prioritaetensetzung auf, und betonte, "wir muessen uns zu groesserer gegenseitiger Rechenschaftspflicht bei Entscheidungen ueber die finanzielle Unterstuetzung fuer den LWB verpflichtet wissen". Geschehe dies nicht, wuerden die Kirchen unter der Last unerfuellter Erwartungen und im Groll auseinander wachsen.

Hanson forderte die Mitgliedskirchen dazu auf, miteinander das Gespraech zu fuehren, bevor, Erklaerungen herausgegeben und Entscheidungen gefaellt wuerden, die die menschliche Sexualitaet betreffen. "Es waere verhaengnisvoll, wenn das, was uns allen als Menschen gemeinsam ist * denn wir alle sind sexuelle Wesen * zur Spaltung fuehren wuerde, statt Quelle eines respektvollen und zugegebenermassen schwierigen Dialogs zu sein", so der LWB-Praesident. 

Als Anlass zur Freude bezeichnete Hanson die zunehmende Zahl von Vereinbarungen ueber volle Kirchengemeinschaft, internationale und nationale bilaterale Gespraeche, die Sondierung oekumenischer Gespraechsrunden und Organisationen unter breiterer Beteiligung, den Fortbestand starker regionaler und nationaler Kirchenraete sowie wachsende gemeinschaftliche oekumenische Bemuehungen um die Bekaempfung von Armut, Unrecht und Unterdrueckung.

Hanson regte an, das 500. Jubilaeum der lutherischen Reformation im Jahr 2017 so zu planen, dass es dem Zusammenwachsen und Engagement fuer das gemeinsame Abendmahl Rechnung trage und der Relevanz von Begriffen wie "spirituelle Oekumene" fuer das Zusammenleben weiter nachgehe. Im Blick auf den fuenften Jahrestag der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklaerung zur Rechtfertigungslehre (GE) betonte Hanson, dass sich die Beziehungen zur roemisch-katholischen Kirche zunehmend mehr vertieften. "Wenn wir unsere Vorstellungen von *differenziertem Konsens' und *versoehnter Verschiedenheit' als theologischen Instrumenten zur Vertiefung des Gespraechs weiter fassen, wird uns das helfen, in der Einheit zu wachsen, ohne auf Uniformitaet zu beharren."

Interreligioeser Dialog dient besserem Verstaendnis

Der um sich greifende Fundamentalismus in verschiedenen Glaubensrichtungen bereite ihm Sorge, erklaerte LWB-Praesident Hanson. Das Engagement fuer den Dialog mit anderen Religionen und fuer ein besseres gegenseitiges Kennenlernen duerfe nicht durch militanten Fundamentalismus lahmgelegt werden. "Wir muessen uns davor hueten, eine bestimmte Religion mit den trennenden Tendenzen eines in ihr existenten Fundamentalismus gleichzusetzen." Der interreligioese Dialog diene nicht nur einem besseren Verstaendnis und echter gegenseitiger Gastfreundschaft, sondern staerke auch die gemeinsamen Anstrengungen fuer eine Welt des Friedens in Gerechtigkeit. 

"Wir muessen uns groessere Klarheit darueber verschaffen, wie sich fuer uns als Christen und Christinnen das Spannungsverhaeltnis zwischen Bekehrung und Gespraech mit Menschen anderen Glaubens darstellt", so Hanson. Der Dialog koenne, muesse aber nicht zur Bekehrung fuehren. In jedem Fall koenne er zu einer respektvolleren und friedlicheren Welt beitragen.

Angesichts der Ausweitung der interreligioesen Gespraeche mit anderen Religionen, duerfe der juedisch-christliche und muslimisch-christliche Dialog nicht vernachlaessigt werden, forderte der LWB-Praesident. "Wir duerfen uns aber auch nicht scheuen, konstruktive Kritik an der israelischen Regierung zu ueben, nur weil wir fuerchten, als antisemitisch gebrandmarkt zu werden, oder der arabischen Regierung oder ihren Institutionen Kritik vorenthalten, um nicht als antiislamisch bezeichnet zu werden, so wenig wie wir wollen, dass denjenigen, die auf juedischer oder arabischer Seite an westlichen Regierungen Kritik ueben, eine antichristliche Absicht unterstellt wird."

Im Blick auf die Vormachtstellung der Vereinigten Staaten von Amerika rief Hanson als US-amerikanischer kirchlicher Amtstraeger dazu auf, sich denjenigen Stimmen in den USA und ueberall in der Welt anzuschliessen, "die zu Busse und Umkehr aufrufen, wo die Vereinigten Staaten versagen, und wuerdigen wir auch dankbar die Bereiche, wo die USA im Dienste der Menschheit aktiv sind."

"Wir leben in einer bemerkenswert paradoxen Situation", so Hanson, "einerseits erleben wir das explosionsartige Wachstum unserer wissenschaftlichen und technischen Moeglichkeiten, andererseits stehen wir moeglicherweise am Abgrund eines Oekozids, da wir die Ressourcen der Erde in alarmierendem Tempo verbrauchen. Moege uns unsere Verpflichtung zur Naechstenliebe und zur Bewahrung unserer Erde als Haushalter alles dessen, was Gott geschaffen hat und auch heute erschafft, zusammen wachsen lassen."

An der LWB-Ratstagung in Chavannes-de-Bogis bei Genf nehmen rund 100 VertreterInnen der LWB-Mitgliedskirchen und Partnerorganisationen teil. Darueber hinaus sind ueber 70 weitere TeilnehmerInnen registriert, darunter DolmetscherInnen, Gaeste, MitarbeiterInnen des LWB, PressevertreterInnen und Stewards. Der 49-koepfige LWB-Rat fuehrt zwischen den in der Regel alle sechs Jahre stattfindenden Vollversammlungen die Geschaefte des Weltbundes. Der aktuelle Rat wurde waehrend der Zehnten LWB-Vollversammlung im Juli 2003 im kanadischen Winnipeg gewaehlt und tagt in Genf erstmals in seiner Gesamtheit. Der Rat besteht aus dem Praesidenten, dem Schatzmeister sowie Geistlichen und Laien, die ihre Regionen repraesentieren. Der LWB umfasst gegenwaertig insgesamt 136 Mitgliedskirchen in 76 Laendern und vertritt rund 62,3 Millionen der weltweit knapp 66 Millionen LutheranerInnen. (1.397 Woerter)

Waehrend der LWB-Ratstagung erreichen Sie das LWB-Buero fuer Kommunikationsdienste ueber den Mobilfunk-Anschluss: +41/(0)78-720 8021.

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 136 Mitgliedskirchen, denen rund 62,3 Millionen der weltweit knapp 66 Millionen LutheranerInnen in 76 Laendern angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt werden.

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LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
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