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FEATURE: Afrika bedarf dringend der Heilung


From "Frank Imhoff" <Frank.Imhoff@elca.org>
Date Fri, 15 Apr 2005 13:20:00 -0500

FEATURE: Afrika bedarf dringend der Heilung
Mauretanische Wuerdentraeger unterstuetzen interreligioesen Dialog in
Afrika

Nouakchott (Mauretanien)/Genf, 15. April 2005 (LWI) - "Wir brauchen eine
Reformation, keinen Fanatismus, um die Probleme in Afrika zu loesen",
betont Scheich Khalil Ould Cheikhny mit ruhiger, aber fester Stimme. Der
muslimische Wuerdentraeger spricht zu rund 500 ZuhoererInnen, die in einem
riesigen Beduinenzelt Platz genommen haben, um mit dem Generalsekretaer
des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfr. Dr. Ishmael Noko, und den
Mitgliedern seiner Delegation ueber den interreligioesen Dialog zu
debattieren.

In dem spaerlich mit Leuchtstoffroehren erhellten Zelt kuenden ueberdimensionale Transparente von der Gespraechsbereitschaft der muslimischen
Dorfgemeinschaft. "Ja zu interreligioeser Zusammenarbeit fuer Frieden in
Afrika und in der Welt" lautet das Bekenntnis der knapp 3.000 EinwohnerInnen von Maata Moulana. Die Siedlung, ein spirituelles Zentrum, das Koranschueler aus ganz Westafrika und zahlreichen anderen Laendern anzieht, liegt
rund 180 Kilometer suedoestlich der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott
und ist nur mit wendigen Allradfahrzeugen erreichbar. Die naechstgelegene
asphaltierte Strasse ist ueber 50 Kilometer entfernt, eine abenteuerliche
Strecke quer durch die Wueste.

"Wir sind zur Zusammenarbeit bereit, damit wir in Afrika in Frieden leben
koennen", unterstreicht Scheich Khaithy Ould Moma, waehrend einige junge
Maenner stark gesuessten Tee ausschenken. Die Unterschiede sollten nicht
ueberbetont werden, denn der Islam sei von Jesus und Maria nicht sehr weit
entfernt. Wie zum Beweis fuer die Offenheit des Islam in Mauretanien
fuehrt er an, dass es in Nouakchott gegenueber der Moschee eine Kirche
gebe, so wie in vielen anderen Hauptstaedten der Welt. Seine Meinung wird
von vielen der anwesenden Scheichs und Imams geteilt. In ihren Redebeitraegen betonen alle ihre Dialogbereitschaft, die gemeinsamen Wurzeln und Werte
von Islam und Christentum sowie die tolerante Ausrichtung des Islam in
Mauretanien.

Afrika durchlaufe eine tiefe Krise, betont LWB-Generalsekretaer Noko.
Zehntausende Menschen verliessen auf der Suche nach einer sicheren
Zuflucht ihre Heimatlaender. Die Situation sei nicht mit Worten, sondern
nur noch mit Traenen zu beschreiben. Im Blick auf die Politik erklaert er,
sie habe es nicht vermocht, die Lage in den Griff zu bekommen. Fuer Noko
steht fest, Afrika bedarf dringend der Heilung. Es sei an der Zeit, dass
die religioesen Fuehrungspersoenlichkeiten Afrikas gemeinsam nach
Loesungen suchten. Als zentrale Themen benennt Noko die Bekaempfung der
Armut, Menschenrechtsfragen, die Rolle der Frauen, HIV/AIDS sowie
Konfliktbewaeltigung und -vermeidung.

LWB-Generalsekretaer Noko erhofft sich Unterstuetzung fuer den zweiten
Interreligioesen Friedensgipfel in Afrika, der vom 18. bis 25. April
dieses Jahres in Johannesburg (Suedafrika) stattfindet. Bereits zwei Tage
zuvor eroerterte er in Nouakchott mit rund 80 muslimischen Wuerdentraegern, VertreterInnen von Regierung, Gemeinden und Nichtregierungsorganisationen
(NGOs) sowie JournalistInnen die Notwendigkeit des interreligioesen
Dialogs in Afrika. Der Anlass seines Besuchs vom 22. bis 26. Februar
dieses Jahres in Mauretanien waren die Feierlichkeiten zum 30-jaehrigen
Bestehen des Laenderprogramms der LWB-Abteilung fuer Weltdienst (AWD) in
dem nordwestafrikanischen Land.

Seit Oktober 1974 ist der LWB mit seinem Laenderprogramm in Mauretanien
aktiv, nachdem das Land Anfang der 1970er Jahre mit den gravierenden
Folgen einer lang anhaltenden Duerre konfrontiert war. Konzentrierte sich
das Laenderprogramm zunaechst auf Katastrophen- und Nothilfe, umfasst es
heute die Foerderung einer integrierten Entwicklung von Gemeinwesen,
Projekte zur Mobilisierung und Unterstuetzung lokaler NGOs, Bewusstseinsbildung im Blick auf HIV/AIDS, Umweltschutz, Anwaltschafts- und Menschenrechtsarbeit, Genderfragen sowie die Unterstuetzung armer Bevoelkerungsgruppen
in laendlichen Gebieten und ausgegrenzter Bevoelkerungsgruppen.

Ueber 99 Prozent der rund 2,8 Millionen MauretanierInnen gehoeren dem
Islam an, der in Mauretanien Staatsreligion ist. Nur eine verschwindend
kleine Minderheit ist christlich. Die jahrzehntelange enge Kooperation von
LWB und Regierung in Mauretanien seien ein bemerkenswerter Beleg dafuer,
dass abrahamitische Religionen in gegenseitigem Respekt und unter Nutzung
der gemeinsamen Werte auf zahlreichen Gebieten zusammenarbeiten koennten,
um zu bestaetigen, dass alle Menschen nach dem Bild Gottes geschaffen
seien und eine gottgegebene Wuerde in sich truegen, so Noko.

Waehrend eines Treffens mit dem Praesidenten Mauretaniens, Maaouya Ould
Sid'Ahmed Taya, habe er diesen aufgefordert, in Gespraechen mit PolitikerInnen anderer afrikanischer Laender auf die in Mauretanien praktizierte
Toleranz aufmerksam zu machen, so Noko. Taya habe ihm zugesagt, zum
Friedensgipfel in Johannesburg einen Botschafter mit einem Aufruf zu
Zusammenarbeit, Koexistenz und Dialog zu entsenden.

Fuer Scheich Saliou Mbacké, Koordinator der Interreligioesen Aktion fuer
Frieden in Afrika (IFAPA), ist eines der zentralen Ergebnisse der
Gespraeche in Mauretanien und der Initiativen des ersten Friedensgipfels,
dass die VertreterInnen verschiedener Religionen ins Gespraech gekommen
sind. Mbacké, Mitglied der Murid-Gemeinschaft in Senegal, eines
muslimischen Sufi-Ordens, der 1888 von Scheich Ahmadou Bamba Mbacké in
Toubab (Senegal) gegruendet wurde, ist sich sicher, dass viele Freundschaften entstanden sind. So wuerden in dem neu entstandenen Netzwerk Glueckwuensche bei Geburten und Hochzeiten ausgetauscht, bei Todesfaellen wuerden
sich die ReligionsvertreterInnen Anteilnahme und Trost zusprechen.

Ueberwaeltigt sei er vom grossen Interesse in Mauretanien am zweiten
Interreligioesen Friedensgipfel in Afrika. Dieser Enthusiasmus bestaetige
die Vision, dass verschiedene religioese Gemeinschaften auf zahlreichen
Gebieten erfolgreich zusammenarbeiten koennten. Dies werde auch durch das
Engagement des LWB in Mauretanien unterstrichen.

Auf dem vom LWB initiierten ersten Friedensgipfel im Oktober 2002 in
Johannesburg hatten sich mehr als 100 Delegierte von sieben Religionsgemeinschaften (Bahaismus, Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam, Judentum
sowie traditionelle afrikanische Religionen) zum Schutz des menschlichen
Lebens und der Umwelt in Afrika verpflichtet. Als Ziel wurde festgeschrieben, durch interreligioesen Dialog und Intervention in verschiedenen Teilen
Afrikas aktiv fuer Frieden einzutreten sowie gewaltsame Konflikte zu
verhindern.

Am Ende der abschliessenden Pressekonferenz am 26. Februar in Nouakchott
moechte einer der Dolmetscher noch ein persoenliches Resuemee ziehen.
Elhacen Ould Sid Ahmed, im mauretanischen Bildungsministerium fuer
Englischunterricht zustaendig, fasst seine Eindruecke der vergangenen Tage
mit folgenden Worten zusammen: "Lasst uns fuer immer Hand in Hand
zusammenkommen und mit unseren Unterschieden tolerant umgehen." (905
Woerter)

* * *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen
weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 138
Mitgliedskirchen, denen rund 66 Millionen ChristInnen in 77 Laendern
weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine
enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und
anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ
seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere
Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt
werden.

* * *

LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html

LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
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