From the Worldwide Faith News archives www.wfn.org


ChristInnen und MuslimInnen diskutieren Auswirkungen der


From "Frank Imhoff" <Frank.Imhoff@elca.org>
Date Mon, 18 Apr 2005 09:28:52 -0500

ChristInnen und MuslimInnen diskutieren Auswirkungen der Scharia in
Nordnigeria
Botschaft an LWB-Studienteam: Menschen an der Basis muessen am
Versoehnungsprozess beteiligt werden

Jos (Nigeria)/Genf, 18. April 2005 (LWI) - "MuslimInnen werden stets, wo
immer sie auch sind, die Einfuehrung der Scharia (islamisches Recht)
fordern, aber die Scharia wird nie auf ChristInnen angewandt werden."
Ein muslimischer Gelehrter aus Suednigeria brachte diese Ueberzeugung
Anfang Maerz auf einer Konferenz ueber christlich-muslimische
Beziehungen zum Ausdruck, die in Gusau, der Hauptstadt des Bundesstaates
Zamfara (Nigeria), stattfand. Zamfara hatte 1999 als erster Bundesstaat
die Scharia in Nordnigeria eingefuehrt, elf weitere folgten spaeter
seinem Beispiel und wenden seither islamische Strafgesetze an.

"Die Scharia und die christlich-muslimischen Beziehungen in Nigeria: der
Weg in die Zukunft" lautete das Thema dieser Tagung - der sechsten einer
Reihe von Begegnungen, die die Vereinigung fuer christlich-muslimische
Beziehungen in Nigeria in Zusammenarbeit mit dem Hoechsten Rat Nigerias
fuer islamische Angelegenheiten und der Regierung von Zamfara
organisiert hat. Pfr. Dr. David L. Windibiziri, emeritierter Erzbischof
der Lutherischen Kirche Christi in Nigeria (LKCN), ist Praesident der
1992 gegruendeten Vereinigung.

An der Ausrichtung der Tagung waren zum ersten Mal auch staatliche
Behoerden beteiligt, was ein wachsendes Interesse von PolitikerInnen und
ReligionsfuehrerInnen an Fragen der religioesen Koexistenz zeigt. Mehr
als 80 ChristInnen und MuslimInnen, einschliesslich Imame, BischoefInnen
und PfarrerInnen verschiedener christlicher Konfessionen, TheologInnen
verschiedener Universitaeten, VertreterInnen religioeser Organisationen
und MedienvertreterInnen aus ganz Nigeria nahmen an der Konferenz teil.
Auch die Mitglieder des christlich-muslimischen Studienteams des
Lutherischen Weltbundes (LWB) zur Rolle der Religion in Konflikten
gehoerten zu den Teilnehmenden.

TheologInnen beider Religionen hielten Vortraege. Die Mitglieder des
LWB-Studienteams "Christlich-muslimischer Dialog: Konflikt und Frieden"
fuehrten zudem Diskussionen und Interviews mit TeilnehmerInnen aus
Nordnigeria, die seit 1990 unter den Konflikten und Krisen zwischen
ChristInnen und MuslimInnen in diesen Gebieten leiden.

Nach Abschluss der Konferenz hatte das Team, das sich aus je einem/r
christlichen und muslimischen VertreterIn aus Daenemark, Indonesien,
Nigeria und den Vereinigten Staaten von Amerika zusammensetzt, bis zum
13. Maerz Gelegenheit, sich ein Bild von den Problemen zu machen, die
insbesondere in den noerdlichen Staaten Sokoto, Zamfara und Bauchi durch
die Einfuehrung der Scharia entstanden sind, sowie den daraus
erwachsenden Befuerchtungen der ChristInnen. Einige ChristInnen brachten
die Sorge zum Ausdruck, dass diese Entwicklungen auf die Ausrufung eines
islamischen Staates und die Ausschaltung des Christentums hinauslaufen
koennten.

Das LWB-Studienteam traf mit PolitikerInnen, leitenden VertreterInnen
des Christentums und des Islam und Mitgliedern von Gemeinschaften in
Abuja, Bauchi, Gusau, Jos und im Staat Adamawa zusammen, wo die
lutherische Kirche weit verbreitet ist. Diese Begegnungen vermittelten
den Teammitgliedern einen Eindruck davon, wie komplex die Situation in
diesen Gebieten ist. Die gewalttaetigen Konflikte, die in den letzten
Jahren in Nordnigeria ausbrachen, entstanden im Gegensatz zu frueheren
Konflikten nicht spontan, sondern waren - haeufig mit auslaendischer
Unterstuetzung - gut vorbereitet. Armut, Arbeitslosigkeit, Korruption
und Gefuehle der Vernachlaessigung und des Ausschlusses von Macht- und
Verantwortungspositionen scheinen die eigentlichen Ursachen zu sein,
waehrend ethnische Zugehoerigkeit und Religion benutzt wurden, um die
Konflikte anzuheizen.

Beteiligung der Basis ist von entscheidender Bedeutung fuer den
Versoehnungsprozess

Christliche und muslimische Organisationen haben sich an mehreren
Initiativen beteiligt, die Frieden und Harmonie im Land anstreben. Auch
die beiden LWB-Mitgliedskirchen in Nigeria, die LKCN und die Lutherische
Kirche Nigerias, haben in diesen Prozessen eine zentrale Rolle gespielt.
Es wurde jedoch Kritik an der Rolle geuebt, die PolitikerInnen in diesem
Prozess uebernommen haben.

"Der Prozess der Versoehnung und der Friedensstiftung ist den Menschen,
die unter den Konflikten leiden, von Politikern und Politikerinnen sowie
den Medien entrissen worden. Er muss wieder an die Basis zurueckgegeben
werden", erklaerte Pfr. Gopar Barnabas Topkida, Direktor des lokalen
Friedensprogramms des Mennonitischen Zentralkomitees. Topkida, der
besonders im Gebiet von Jos mit Basisgruppen und -organisationen daran
arbeitet, Bruecken der Verstaendigung zu bauen und Friedenserziehung zu
leisten, kritisierte insbesondere im Fernsehen ausgestrahlte
Friedenskonferenzen mit PolitikerInnen, die mit einem christlichen und
muslimischen Gebet begannen und endeten.

Die Versoehnung und Heilung tiefer Wunden in den christlich-muslimischen
Beziehungen, die Frage nach den Ursachen von Konflikten und die
Ueberwindung von Konflikten standen nicht nur in Nigeria, sondern bei
vorhergehenden Tagungen in Indonesien und Daenemark im Mittelpunkt des
christlich-muslimischen Studienprozesses des LWB und werden im weiteren
Verlauf dieses Jahres auch Gegenstand zweier Workshops in den USA sein.
Die Ergebnisse des von der LWB-Abteilung fuer Theologie und Studien
durchgefuehrten Prozesses sollen Anfang 2006 veroeffentlicht werden.
(704 Woerter)

(Ein Beitrag von Pfarrerin Dr. Lissi Rasmussen, die daenische Theologin
ist Mitglied des LWB-Studienteams.)

* * *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 138 Mitgliedskirchen, denen rund 66 Millionen ChristInnen in
77 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere
Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden.

* * *

LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html

LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
Tel.: +41-22-791-6353
Fax: +41-22-791-6630
E-Mail: dmg@lutheranworld.org


Browse month . . . Browse month (sort by Source) . . . Advanced Search & Browse . . . WFN Home