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LWB kritisiert Veroeffentlichung umstrittener Karikaturen des


From "Frank Imhoff" <Frank.Imhoff@elca.org>
Date Fri, 10 Feb 2006 11:26:39 -0600

LWB kritisiert Veroeffentlichung umstrittener Karikaturen des Propheten Mohammed LWB-Generalsekretaer Noko fordert verantwortungsbewussten Umgang mit dem Recht auf freie Meinungsaeusserung

Genf, 10. Februar 2006 (LWI) - Aus Anlass des Konflikts und der Proteste im Zusammenhang mit der Veroeffentlichung von Karikaturen des Propheten Mohammed in europaeischen Zeitungen, die in verschiedenen Weltregionen entbrannt sind, hat der Lutherische Weltbund (LWB) zu verstaerkten Bemuehungen um Gerechtigkeit und Versoehnung mit Menschen anderer Glaubensrichtungen aufgerufen. Die umstrittenen Karikaturen waren im September 2005 in der daenischen Zeitung "Jyllands-Posten" abgebildet und nun von mehreren europaeischen Zeitungen nachgedruckt worden.

LWB-Generalsekretaer Pfr. Dr. Ishmael Noko kritisierte sowohl die Veroeffentlichung der Karikaturen als auch die folgenden Ausschreitungen. In einer am Freitag, 10. Februar, veroeffentlichten Erklaerung stellte er jedoch gleichzeitig fest, die Krise solle nicht faelschlich als Konflikt zwischen saekularen Rechten und religioesen Werten dargestellt werden.

Die Karikaturen, um die der Konflikt entbrannt sei, beleidigten "die Gefuehle und religioesen Werte von MuslimInnen wirklich und zutiefst" und MuslimInnen weltweit haetten das Recht, gegen diese Provokation und Beleidigung ihrer Religion "laut und energisch zu protestieren", so Noko.

Gleichzeitig weist der LWB-Generalsekretaer darauf hin, dass die freie Meinungsaeusserung zwar ein allgemeines, gesetzlich verbrieftes Recht sei, jedoch mit Weisheit und Verantwortung und auf der Grundlage ethischer Prinzipien ausgeuebt werden muesse. Die bei einigen Demonstrationen ausgeuebte massive Gewalt koenne weder mit politischen noch religioesen Argumenten gerechtfertigt werden. So wenig alle MuslimInnen fuer solche Gewalt verantwortlich gemacht werden koennten, so wenig koenne das Handeln einiger "taktloser Einzelner" in Daenemark dem gesamten daenischen Volk oder dem Westen als Ganzem zur Last gelegt werden, betonte Noko.

Der LWB-Generalsekretaer schloss sich dem palaestinensischen lutherischen Bischof Dr. Munib A. Younan an, der eine jegliche "Veraechtlichmachung von religioesen Symbolen, ProphetInnen und Heiligen Schriften" verurteilt hat, die "nur Aergernis erregen und Mauern des Hasses bauen" koenne.

Younan, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELKJHL), verurteilte in einer Erklaerung zur Karikaturenkrise am 9. Februar alle Gewaltakte, die andere Menschen bedrohen, als "unertraeglich und unannehmbar".

Noko rief, unter Bezugnahme auf die Erklaerung der ELKJHL, dazu auf, dem Vorbild der palaestinensischen ChristInnen und MuslimInnen zu folgen, die "gelernt haben, miteinander in guter Nachbarschaft zu leben und dabei dem jeweils anderen Glauben und den entsprechenden Traditionen mit Respekt zu begegnen - nicht durch gesetzlichen Zwang, sondern aufgrund der Achtung und Wertschaetzung ihrer Mitmenschen." (376 Woerter)

Im Folgenden finden Sie die Erklaerung von LWB-Generalsekretaer Pfr. Dr. Ishmael Noko in ihrem vollen Wortlaut:

Erklaerung des Lutherischen Weltbundes zur Veroeffentlichung von Karikaturen des Propheten Mohammed

Die Krise um die Veroeffentlichung von Karikaturen des Propheten Mohammed - und die sich ausbreitende, bisweilen gewaltsame Reaktion darauf - zeugt von einem Mangel an Verantwortungsbewusstsein. Faelschlich und mitunter mutwillig wird sie jedoch als Konflikt zwischen saekularen Rechten und religioesen Werten, oder noch schlimmer, als "Kampf der Kulturen" dargestellt.

Niemand kann bezweifeln, dass die Karikaturen, um die der Konflikt entbrannt ist, die Gefuehle und religioesen Werte von MuslimInnen wirklich und zutiefst beleidigen. Ihre wiederholte Veroeffentlichung vermittelt den Eindruck, nicht arglos, sondern mit provokativer Absicht betrieben zu werden. Es muss unzweideutig bekraeftigt werden, dass die freie Meinungsaeusserung ein gesetzlich verbrieftes Recht mit allgemeiner Geltung ist. Alle solchen Rechte muessen jedoch nicht nur innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Grenzen, sondern auch mit Weisheit und Verantwortung und auf der Grundlage ethischer Prinzipien ausgeuebt werden. Im vorliegenden Fall wurde die freie Meinungsaeusserung nicht weise und verantwortlich, sondern ruecksichtslos und riskant ausgeuebt.

Verstaendlicherweise sind MuslimInnen weltweit empoert ueber diese Provokation und Beleidigung ihrer Religion. MuslimInnen, die sich durch die Karikaturen beleidigt fuehlen, haben selbstverstaendlich das Recht, laut und energisch zu protestieren. Es ist aeusserst bedauerlich, dass die daenischen Behoerden nicht rechtzeitig und angemessen auf die Beschwerden reagiert haben, die daenische MuslimInnen als erste vorbrachten. Eine Reaktion zum damaligen Zeitpunkt haette wohl wesentlich dazu beitragen koennen, die Kettenreaktion der Wut, die wir nun erleben, zu verhindern. Gleichwohl kann die massive Gewalt, die bei einigen Demonstrationen ausgeuebt wird, weder mit politischen noch religioesen Argumenten gerechtfertigt werden. Wie das Handeln einiger taktloser oder provokanter Einzelner in Daenemark jedoch weder dem gesamten daenischen Volk noch dem Westen als Ganzem zur Last gelegt werden kann, so koennen ebenfalls nicht alle MuslimInnen fuer die Gewalt eines Teils der Demonstrierenden verantwortlich gemacht werden.

Zu Recht erklaert Munib Younan, der lutherische Bischof von Jerusalem: "Wir verurteilen jegliche Veraechtlichmachung von religioesen Symbolen, ProphetInnen und Heiligen Schriften, denn sie kann nur Aergernis erregen und Mauern des Hasses bauen" und "[w]ir verurteilen auch alle Akte der Gewalt, die andere Menschen bedrohen * als unertraeglich und unannehmbar." Bischof Younan weist auf die kleinen, wesentlichen Veraenderungen hin, aus denen deutlich wird, dass palaestinensische ChristInnen und MuslimInnen gelernt haben, miteinander in guter Nachbarschaft zu leben und dabei dem jeweils anderen Glauben und den entsprechenden Traditionen mit Respekt zu begegnen - nicht durch gesetzlichen Zwang, sondern aufgrund der Achtung und Wertschaetzung ihrer Mitmenschen. Von einem solchen Vorbild koennten viele lernen.

Anlaesslich der Zehnten LWB-Vollversammlung betonten wir, dass in unserer heutigen Welt "Religion zu haeufig von politischen Kraeften missbraucht wird, um Menschen gegeneinander aufzubringen und Konflikte zu schueren" und dass es daher von entscheidender Bedeutung ist, "dass wir nach Gerechtigkeit und Versoehnung mit Menschen anderer Glaubensrichtungen streben. Die Versoehnung steht im Mittelpunkt des Evangeliums, das wir verkuendigen: In Christus hat Gott die gesamte Schoepfung versoehnt. In diesem Sinne ist ein Dialog, der solche Versoehnung foerdert, eine der wichtigen Moeglichkeiten im Blick auf die Verwirklichung der Mission Gottes." Halten wir entschlossen an dieser Vision, diesem Verstaendnis fest. Koexistenz und vom Dialog getragene Zusammenarbeit bei der Bewaeltigung der Probleme, mit denen wir, unabhaengig von unserer Religionszugehoerigkeit, konfrontiert sind, bleibt der einzig gangbare Weg zum Frieden in unserer zersplitterten und friedlosen Welt. Angesichts der aktuellen Krise sollten wir unser Engagement fuer diesen Weg verstaerken, anstatt darin nachzulassen.

Genf, 10. Februar 2006

Pfr. Dr. Ishmael Noko Generalsekretaer Lutherischer Weltbund

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund 66 Millionen ChristInnen in 78 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt werden.

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