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Neue Dynamik fuer die Reformdebatte in Mitteldeutschland


From "Frank Imhoff" <Frank.Imhoff@elca.org>
Date Tue, 11 Apr 2006 14:03:25 -0500

Neue Dynamik fuer die Reformdebatte in Mitteldeutschland Mitteldeutsche Kirchenfoederation strebt fuer 2009 eine Fusion an

Eisenach/Magdeburg (Deutschland)/Genf, 11. April 2006 (LWI) - Die Ueberraschung war gelungen: Schon wenige Wochen, nachdem die Verfassungskommission der Foederation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland (EKM) im Januar dieses Jahres ihre Arbeit begonnen hatte, kuendigte die gemeinsame Kirchenleitung Thueringens und der Kirchenprovinz Sachsen Mitte Februar den naechsten Schritt an. Ab 2009, so der Vorschlag des Gremiums, sollen beide Teilkirchen fusionieren - mit nur noch einem Bischof/einer Bischoefin und einem Kirchenamt fuer die knapp eine Million evangelischer ChristInnen zwischen Sonneberg (Thueringen/Deutschland) und Salzwedel (Kirchenprovinz Sachsen/Deutschland).

Damit hat die Diskussion um die Perspektive der im Fruehsommer 2004 gebildeten Kirchenfoederation spuerbar an Dynamik gewonnen. Denn jetzt soll konkret werden, was in den vergangenen Jahren von den beiden benachbarten Kirchen immer wieder als wichtigstes Anliegen des Zusammenschlusses genannt wurde: effizientere Arbeit durch vereinfachte Strukturen, verbesserte Dienstleistungen ohne Doppelarbeit auf der mittleren und oberen Ebene als Voraussetzung fuer mehr Qualitaet in den Kirchgemeinden vor Ort. Kirchliche Einrichtungen und Werke sollen sich als effektive Dienstleister fuer die Gemeinden profilieren.

Mit dem Zusammenschluss sollen die ueberkommenen Kirchengrenzen aus dem 19. Jahrhundert ueberwunden werden, nach denen Gebiete der Kirchenprovinz Sachsen zum heutigen Freistaat Thueringen gehoeren - darunter die Landeshauptstadt Erfurt. Vor allem aber wollen die beteiligten Kirchen ihrer sinkenden Finanzkraft angesichts ruecklaeufiger Mitgliederzahlen begegnen. Diese Tendenz ist nicht nur ein kirchliches Problem, sondern Ausdruck der anhaltenden demografischen Veraenderungen durch Abwanderung und zu niedrige Geburtenraten. Sinkende Einnahmen bei den Kirchensteuern sind die Konsequenz. "Darauf muessen wir uns als Thueringer Kirche jetzt einstellen, wenn wir das Heft des Handelns in der Hand behalten wollen, ehe uns die Entwicklungen ueberrollen", betonte denn auch der Eisenacher Landesbischof Christoph Kaehler, der auch stellvertretender Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist.

Erste Schritte sind bereits getan. Kirchenamt, Kirchenleitung und Synode arbeiten als gemeinsame Verwaltung und Gremien - allerdings an unterschiedlichen Orten. Zusammengelegt wurden die Posaunenwerke und die Frauenarbeit. Juengstes Beispiel in diesem Prozess ist das im Maerz in Erfurt eroeffnete "Zentrum fuer Kirchenmusik". Doch mit der angestrebten Fusion geht es um mehr. Die eroeffnete Diskussion um den kuenftigen Bischofssitz beruehrt auch die Frage nach der Wahrnehmung der beiden grossen evangelischen Kirchen in ihren angestammten Bundeslaendern Thueringen und Sachsen-Anhalt. Immerhin gelten beide als "Kernland der Reformation".

Auf der Synode der EKM vom 30. Maerz bis 1. April in Halle (Deutschland) wurde entschieden, dass in den kommenden Monaten die Klaerung der Standortfrage fuer das EKM-Kirchenamt vorbereitet werden soll. In einer Machbarkeitsstudie sollen neben Erfurt und Halle (beide Kirchenprovinz Sachsen) auch die bisherigen Standorte Eisenach (Thueringen) und Magdeburg (Kirchenprovinz Sachsen) als zukuenftige Einzel-Standorte fuer die gemeinsame oberste Verwaltung in den Blick genommen werden. In die Ueberpruefungen einbezogen wird auch die Beibehaltung des Konzepts eines Kirchenamts in zwei Staedten. Im November 2006 sind die abschliessenden Entscheidungen der Synoden der Kirchenprovinz Sachsen und der Thueringer Landeskirche zur Standortfrage vorgesehen. Die betroffenen Kommunen ihrerseits bekraeftigten gegenueber den Kirchen ihre jeweiligen Vorzuege als moeglicher Bischofssitz einer fusionierten evangelischen Kirche.

Der Beschluss ueber die moegliche Vereinigung beider Kirchen ist ebenfalls fuer die Herbsttagungen der beiden Landessynoden geplant. Es sei allerdings nicht ausgeschlossen, dass die Klaerung des Zusammenschlusses zu einer Kirche auf das Fruehjahr 2007 vertagt werden muesse, betonte der Vizepraesident und Rechtsdezernent des EKM-Kirchenamts, Dr. Hans-Peter Huebner. Die Beschlussfassung zu dieser zukuenftigen Leitungs-, Verwaltungs- und Finanzstruktur der Kirchenkreise in der EKM ist im Foederations-Fahrplan fuer den Maerz 2007 angesetzt.

In seinem Bericht zur Lage ging der Thueringer Landesbischof Dr. Christoph Kaehler als amtierender Vorsitzender der Foederationskirchenleitung von einer "kritischen Phase" innerhalb der Foederation aus. Neben der erfolgreichen Zusammenfuehrung von Arbeitsbereichen mache angesichts der noch anstehenden Richtungsentscheidungen die anfaengliche Begeisterung einer Ernuechterung und auch Enttaeuschung Platz. So fuehre die offene Standortfrage fuer das Kirchenamt, die anstehenden Sparmassnahmen und die Suche nach einer einheitlichen Struktur auf der mittleren Ebene zu erheblichen Verunsicherungen unter der MitarbeiterInnenschaft. Auch lasse das Tempo des Foederationsprozesses viele Aengste etwa nach dem Verlust an regionaler kirchlicher Identitaet aufkommen. Dennoch duerften die Entscheidungen ueber die Zukunft der Foederation, die Kaehler "muehsame Wege" nannte, nicht hinausgeschoben werden, da den MitarbeiterInnen bald eine Perspektive gegeben werden muesse. Schon im vergangenen Herbst hatte der Magdeburger Bischof Axel Noack eingeraeumt, dass nach der Anfangseuphorie mit den "Muehen der Ebenen" (Bertolt Brecht) im praktischen Vollzug der Foederation zunehmend Ernuechterung eingezogen sei.

Die Foederation und die jetzt zunehmend konkreter werdende Fusion sind der erste Zusammenschluss von etwa gleich grossen deutschen Landeskirchen nach drei Jahrzehnten. Ihre unterschiedlichen Praegungen innerhalb der EKD sollen dabei weiterhin unberuehrt bleiben. Thueringen bringt seinen historisch gewachsenen Charakter als lutherische Landeskirche ein, waehrend die Kirchenprovinz Sachsen an ihren Traditionen als unierte Kirche festhaelt. (760 Woerter)

(Ein Beitrag von LWI-Korrespondent Thomas Bickelhaupt, Weimar, Deutschland.)

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