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Indisches Urteil gegen Pharmakonzern ist wichtiger Sieg fuer oeffentliche Gesundheit LWB-Fuehrung begruesst Urteil im Fall Novartis
Genf, 10. August 2007 (LWI) - Leitende Repraesentanten des Lutherischen Weltbundes (LWB) teilen die Einschaetzung verschiedener Hilfswerke und anwaltschaftlicher Organisationen, die das Urteil eines indischen Gerichts gegen den Schweizer Pharmagiganten Novartis, als wichtigen Sieg fuer die weltweite oeffentliche Gesundheit bewerten.
?Die Entscheidung wird die besondere Rolle Indiens als Hauptanbieter fuer erschwingliche Medikamente schuetzen?, so das Globale Oekumenische Aktionsbuendnis (EAA) in einer gemeinsamen Erklaerung mit CARE Internationa l und Oxfam International, die am Montag, 6. August, veroeffentlicht wurde. Das EAA ist ein in Genf beheimateter Zusammenschluss kirchlicher Gruppen und Institutionen, der sich fuer den verbesserten Zugang zu effektiver Praevention und Behandlung von HIV und AIDS einsetzt und an dem auch der Lutherische Weltbund (LWB) beteiligt ist. Die Organisationen begruessten ebenfalls eine erste Erklaerung von Novartis vom Montag, das Urteil vermutlich nicht anzufechten.
Laut EAA hatte der Schweizer Konzern beim obersten Gerichtshof in Indien gegen die Entscheidung des indischen Patentamts, das Patent auf ein Krebspraeparat von Novartis zu verweigern, Klage eingereicht mit der Begruendung, das indische Patentrecht sei nicht rechtens. Das Medikament Glivec sei abgelehnt worden, weil es lediglich ein bereits bekanntes Praeparat mit minimalen Aenderungen gewesen sei, was nach indischem Recht nicht habe patentiert werden koennen, so das EAA in einer Presseerklaerung. In der Urteilsbegruendung zur Klage von Novartis habe das indische Gericht dargelegt, dass es keinerlei Kompetenz habe, ueber die Vereinbarkei t indischen Rechts mit den Bestimmungen ueber geistiges Eigentum der Welthandelsorganisation (WTO) zu entscheiden.
Eine weltweite zivilgesellschaftliche Kampagne hatte nahezu eine halbe Millionen Menschen mobilisiert, Novartis aufzufordern, die Klage gegen die Patententscheidung zurueckzunehmen. Das EAA hatte Kirchenleitende zur Teilnahme an der Kampagne aufgerufen.
EAA-Koordinatorin Linda Hartke erklaerte: ?Dies ist ein Sieg fuer alle, die der Meinung sind, dass im Gesundheitswesen die Menschen wichtiger sind als der Profit.?
Bischof Mark S. Hanson, LWB-Praesident und Leitender Bischof der Evangelisc h-Lutherischen Kirche in Amerika, begruesste das Urteil des obersten Gerichtshofes: ?Noch wichtiger als die Entscheidung in diesem bestimmten Fall ist das Prinzip, das hier durchgesetzt wird: Patente muessen in einer Art und Weise vergeben werden, die oeffentliche Gesundheit und wirkliche Innovation miteinander vereinbart.?
LWB-Generalsekretaer Pfr. Dr. Ishmael Noko merkte an: ?Die Hauptsache fuer uns ist der Zugang zu grundlegenden Medikamenten fuer alle - besonders fuer Menschen, die in Armut leben und so fuer Krankheiten und gesundheitliche Probleme anfaelliger sind. Dieses Urteil ist ein Schritt vorwaerts bei der Bekraeftigung bestehender Einschraenkungen im Patentschut z, die viele Medikamente erschwinglich machen. Aber wir muessen noch weiter gehen und fuer wichtige Medikamente Alternativen zum gegenwaertigen System entwickeln.?
Laut der Erklaerung der Hilfswerke ist das Urteil eine klare Botschaft an Novartis und die Pharmaindustrie, das Recht der Entwicklungslaender auf die Anwendung der WTO/TRIPS-Mechanismen (Uebereinkommen ueber handelsbezoge ne Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums) zum Schutz der oeffentlichen Gesundheit und des geistigen Eigentums gleichermassen zu respektieren.
?Die Entscheidung haette sich eventuell auf die Herstellung Tausender guenstiger Nachahmerprodukte in Indien ausgewirkt?, so die EAA-Presseerkl aerung. Als ?Apotheke der Entwicklungslaender? stelle Indien den Grossteil der erschwinglichen Generika fuer Entwicklungslaender her, in denen die patentierten Medikamente fuer die meisten Menschen unerreichbar seien.
Mehr als zwei Drittel der Nachahmerprodukte aus Indien wuerden in diesen Laendern zu einem Bruchteil des Preises patentierter Markenmedikamente verkauft, so die Hilfswerke in ihrer Erklaerung. ?Die Klage von Novartis war eine enorme Gefahr fuer Millionen Menschen in Entwicklungslaendern, die an Krebs, HIV und AIDS, Diabetes oder anderen Krankheiten leiden und sich die teuren patentierten Medikamente nicht leisten koennen.?
In ihrer Erklaerung rufen CARE, Oxfam und EAA den Pharmagiganten Novartis dazu auf, weiterhin Schritte zu unternehmen, um den Zugang zu Medikamenten in Entwicklungslaendern zu foerdern, Forschung und Entwicklung fuer vernachlaessigte Krankheiten zu foerdern sowie ein angemessenes Gleichgewic ht zwischen dem Schutz der oeffentlichen Gesundheit in Entwicklungslaendern und geistigen Eigentumsrechten zu finden.
Eine Berufung gegen die Entscheidung des indischen Patentamts ist weiterhin beim indischen Berufungsgericht zum geistigen Eigentum anhaengig. (636 Woerter)
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