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FEATURE: Wie kann die Kirche imperialistischen Machtstrukturen entgegentreten?
LWB-Veroeffentlichung entfaltet theologische Ueberlegungen zum Widerstand gegen die Maechte des âEmpireâ
San Diego (Kalifornien/USA)/Genf, 13. Dezember 2007 (LWI) - Ort und Gastgeber der Tagung waren ganz bewusst ausgewaehlt - eine Gemeinde der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA) in der Innenstadt von San Diego (USA), umgeben von Hochhaeusern, in denen Grosskonzerne ihren Sitz haben und die symbolisch fuer die Maechte des âEmpireâ* stehen. Diese Gemeinde laedt regelmaessig zu gemeinsamen Mahlzeiten ein, die von einem ehemals Obdachlosen fuer aeltere, sozial schwache und obdachlose Menschen zubereitet werden.
Die Gruppe von sieben AutorInnen, die Beitraege zu einer juengst veroeffentlichten Publikation des Lutherischen Weltbundes (LWB) verfasst haben, kam am 16. November in der First Lutheran Church in San Diego, der zweitgroessten Stadt Kaliforniens und achtgroessten Stadt der USA, zusammen. In dieser Metropole mit 1,3 Millionen EinwohnerInnen, in der Elektronik- und Ruestungskonzerne, Telekommunikationsunternehmen und Tourismusindustrie das Wirtschaftsleben bestimmen, spiegelt sich deutlich die Macht des militaerisch-industriellen Komplexes wider.
Die ELKA-Gemeinde im Zentrum von San Diego blickt auf eine 115-jaehrige Geschichte zurueck und ist bekannt fuer ihr soziales Engagement. Zu ihren diakonischen Diensten gehoeren kostenlose Mahlzeiten fuer Beduerftige und eine von Ehrenamtlichen betriebene medizinische und zahnmedizinische Ambulanz.
Nachdem die AutorInnen eine kurze Zusammenfassung der von ihnen verfassten Beitraege zur LWB-Publikation âBeing the Church in the Midst of Empire: Trinitarian Reflectionsâ (Kirche sein inmitten imperialistischer Machtstrukturen: trinitarische Reflexionen) gegeben hatten, beschrieben die PfarrerInnen der lokalen Gemeinden sowie Bischof Murray Finck von der Pazifik-Synode der ELKA, warum diese Veroeffentlichung fuer Geistliche - egal ob MilitaerseelsorgerInnen oder PfarrerInnen, die unter armen ImmigrantInnen arbeiten, - so wichtig und dringlich sei.
Gloria Espeseth, Pfarrerin der Lutherischen Gethsemane-Kirche erklaerte: âZu unseren Gemeinden gehoeren sowohl Immigranten und Immigrantinnen ohne Papiere als auch Raketenbauer. Hier (in der Naehe der Grenze zu Mexiko) loesen Diskussionen ueber Immigration oft mehr Spannungen aus als Diskussionen ueber Sexualitaet.â
Einige wiesen auch darauf hin, dass die globalisierte Unterhaltungsindustrie, die schon seit langem in Suedkalifornien angesiedelt ist, âdie gesamten Fehlentwicklungen des âEmpir eâ [widerspiegelt] und theologisch hinterfragt werden mussâ.
Relevanz der Theologie
âIch bin sehr froh, dass der Lutherische Weltbund ein theologisches Buch zu diesem Thema veroeffentlichtâ, erklaerte Pfr. George Johnson, pensionierter Pfarrer der ELKA aus San Marcos (Kalifornien/USA). âIch habe versucht, Pfarrer und Pfarrerinnen davon zu ueberzeugen, dass sie imperialistische Machtstrukturen theologisch reflektieren muessen. Die Lutheraner und Lutheranerinnen lassen sich allzu oft von der Kultur vereinnahmen, in der sie leben.â Deanna Thompson, eine der Autorinnen, fuegte hinzu: âEs gibt aber immer einen theologischen Rest, der nicht vereinnahmt wird. Und zu diesem theologischen Rest muessen wir vordringen.â
Ein weiterer Autor, John Hoffmeyer, wies darauf hin, dass âdie theologische Reflexion dazu beitraegt, die Unabhaengigkeit der Kirche von Sonderinteressen zu bewahren. Die Theologie wirft eher Fragen auf, als dass sie zwangslaeufig Antworten liefertâ. Einer der PfarrerInnen erklaerte, dass âmehr Predigten mit Fragen enden muessenâ.
Die erst vor kurzem ordinierte ELKA-Pfarrerin Karla Jacobson, die sich in der Kampagne âErlassjahr 2000â engagiert hatte, betonte, wie wichtig es sei, die ersten Schritte zu machen, um âvoller Freude und Hoffnungâ Dinge zu aendern.
Die LWB-Veroeffentlichung beschaeftigt sich mit sieben Themen: Verflechtung imperialistischer Machtstrukturen mit unserer Geschichte und unserem Glauben; was und wo ist Kirche; Kriterien und Kraft unseres Bekenntnisses in der heutigen Zeit; trinitarisch begruendeter Widerstand gegen das âEmpireâ; Theologie des Kreuzes; oeffentlicher Auftrag der Kirche sowie Fundamentalismus und Demokratie.
âEs war sehr ermutigend zu hoeren, wie diese Gruppe von Pfarrern und Pfarrerinnen sich mit vielen der Aussagen in dem Buch identifiziert hatâ, erklaerte Pfarrerin Dr. Karen Bloomquist, Herausgeberin des Buches und Direktorin der LWB-Abteilung fuer Theologie und Studien (ATS). Die Gruppe kam im Vorfeld der Jahreskonferenz der âAmerican Academy of Religion and Society of Biblical Literatureâ in San Diego zusammen, die sich wiederholt mit der Frage imperialistischer Machtstrukturen beschaeftigt hat, ohne jedoch auf deren Bedeutung fuer das Leben der Kirche einzugehen.
âBeing the Church in the Midst of Empire: Trinitarian Reflectionsâ ist die erste Publikation, die die LWB/ATS in der Reihe âTheology in the Life of the Churchâ (Theologie im Leben der Kirche) veroeffentlicht. Sie ist fuer 18 US-Dollar entweder direkt bei ATS oder bei Lutheran University Press, P.O. Box 390759 Minneapolis, MN 55439 erhaeltlich. (681 Woerter)
Fuer weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die LWB-Abteilung fuer Theologie und Studien, 150 route de Ferney, Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz, Telefon: +41/22-791 6111, Fax +41/22-791 6626.
* Mit âEmpireâ werden massive Machtkonzentrationen oder -netzwerke bezeichnet, die durch maechtige politische, wirtschaftliche und kulturelle Institutionen die von ihnen gewollte Ordnung durchsetzen und Kontrolle ausueben und dabei eine uebermaechtige, erdrueckende Wirkung entfalten.
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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund 66,7 Millionen ChristInnen in 78 Laendern weltweit angehoeren.
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