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FEATURE: Gewachsen aus bescheidenen Anfaengen
Aethiopien: Lutherische Kirche ist mit knapp 4,9 Millionen Mitgliedern zweitgroesste lutherische Kirche weltweit
Addis Abeba (Aethiopien), 27. Februar 2008 (LWI) - âGott hat die Kirche Mekane Yesus die letzten 50 Jahre mit grossem Wachstum gesegnet, aber die Arbeit dieser Kirche im Auftrag Gottes beginnt gerade erstâ, betont Pfr. Iteffa Gobena, Praesident der Aethiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus (EECMY). Der Name der Kirche âMekane Yesusâ bedeutet âDer Ort, an dem Jesus wohntâ.
Als die EECMY im Januar 1959 als nationale Kirche gegruendet wurde, hatte sie gerade einmal 20.000 Mitglieder. Ende 2007 betrug ihre Mitgliederzahl 4.869.157. Damit ist sie weltweit die zweitgroesste lutherische Kirche, nach der Schwedischen Kirche mit knapp 6,9 Millionen Mitgliedern.
Waehrend der letzten fuenf Jahre stieg die Mitgliederzahl der EECMY um fast eine Million. Zu einem grossen Teil ist diese Entwicklung auf das Wachstum der Familien zurueckzufuehren. Einen wichtigen Beitrag haben jedoch auch die intensiven Missionsbemuehungen gegenueber Menschen anderer Sprachfamilien geleistet. Bibeluebersetzungen und die Ausbildung oertlicher MissionarInnen gehoeren dabei zu den Hauptstrategien der EECMY.
Die EECMY hat ihren Ursprung in der Missionsarbeit lutherischer und presbyterianischer Kirchen aus Europa und Nordamerika in Zusammenarbeit mit evangelischen Pionieren vor Ort.
Im 17. und 18. Jahrhundert war es Ziel mehrerer britischer, deutscher und Schweizer Missionsgesellschaften, die Aethiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche durch Verteilung und Studium der Heiligen Schrift wiederzubeleben. Waehrend diese Kirche, die auf das 4. Jahrhundert zurueckgeht, die alte Geâez-Sprache in ihren Gottesdiensten verwendete, uebersetzten die protestantischen Missionare die Bibel in lokale Sprachen.
Fruehe protestantische und katholische Missionsbewegungen hatten aus politischen und praktischen Gruenden keinen Erfolg, die grosse Bevoelkerung der Oromo im westlichen Aethiopien zu erreichen. Auch war die Region unberuehrt von der Aethiopisch-Orthodoxen Tewahedo-Kirche, die ihre Arbeit auf die noerdlichen und zentralen Landesteile konzentrierte.
Organisierte Mission
Bereits in die 1830er Jahre gehen erste umfangreiche Bemuehungen von Menschen aus der Region zurueck, die Bibel in regionale Dialekte zu uebersetzen. 1866 begann die Schwedische Evangelische Mission (Schwedische Kirche) mit einer organisierten Mission, die Oromo zu erreichen. Von Eritrea aus erhielten christliche Haendler aus dem Oromo-Gebiet ein Bibeltraining und kehrten als Missionare nach Wollaga ins westliche Aethiopien zurueck. Sie hatten auch fruehere SklavInnen bei sich, unter ihnen der Pionier der EECMY Onesimus Nesib, der bis 1897 die gesamte Bibel ins Oromo uebersetzte.
Die schwedische Mission wollte urspruenglich keine separate lutherische Kirche gruenden, sondern vielmehr innerhalb der Aethiopisch-Orthodoxen Tewahedo-Kirche eine bibelzentrierte Erneuerung bewirken. Aber orthodoxe Priester und andere Mitglieder, die an den Bibelstudien teilnahmen, wurden verfolgt und oft sogar exkommuniziert. So kam es zu evangelischen Treffen, die nach knapp einem Jahrhundert eine Basis fuer die EECMY schufen.
Die deutsche Hermannsburger Mission erbaute 1928 in Aira in West-Wollaga eine Missionsstation. In Abwesenheit der Missionare waehrend der italienischen Besetzung (1935-1938) wuchs die Oromo-Kirche unter oertlicher Leitung und missionierte die gesamte Gegend um Aira herum. Nach Ende der italienischen Besetzung hatte die Verwendung der Oromo-Bibel in Gottesdienst und Lehre durch aethiopische und deutsche Missionare gro ssen Einfluss auf die Gruendung der evangelischen Kirche in der ganzen Region.
Die Presbyterianische Kirche (USA) hatte viele Jahre im Sudan gearbeitet und stand durch medizinische Versorgung und Mission in Kontakt mit nilotischen Gruppen (besonders den Anuak und Nuer), die auf beiden Seiten der aethiopischen Grenze lebten, insbesondere waehrend der Grippeepidemie 1919. In den 1930er Jahren entstanden in den westlichen Regionen von Wollaga neue Bethel-Gemeinden (presbyterianisch). Durch aerztliche Versorgung und Missionsarbeit hatten sie enge Gemeinschaft mit den lutherischen Glaeubigen der Oromo. 1947 organisierten die PresbyterianerInnen die Bethel-Kirche, die 1973 Teil der EECMY wurde.
Missionsinitiativen der nordischen Laender erfuhren von 1948 an eine bedeutende Erweiterung - mit der Ankunft der Norwegischen Lutherischen Mission, gefolgt von der Daenischen Evangelischen Mission und spaeter finnischen und islaendischen MissionarInnen. Die Arbeit im Sueden umfasste Krankenhaeuser, Kliniken, Schulen, Bibelschulen und ein Seminar.
Die Amerikanische Lutherische Mission kam 1957 nach Aethiopien und war auf den Gebieten der Medizin, Bildung und Landwirtschaft taetig. Ausserdem missionierten sie die noerdlichen Afar-Voelker und ihre benachbarten TieflandbewohnerInnen.
Gruendung der EECMY
Gemeinsame Treffen der lutherischen Missionsgesellschaften in Aethiopien wurden seit 1943 regelmaessig abgehalten. Die Gruendung eines gemeinsamen Komitees 1951 fuehrte zu gemeinsamen Initiativen fuer die Ausbildung von PfarrerInnen und die Organisation der kirchlichen Arbeit.
Von 1954 an arbeiteten die Missionsgesellschaften an der Bildung einer vereinigten lutherischen Kirche in Aethiopien. Mit Unterstuetzung des Lutherischen Weltbundes (LWB) wurde die Addis Abeba Mekane-Yesus-Gemeinde bei der Dritten LWB-Vollversammlung 1957 in Minneapolis (USA) in die LWB-Gemeinschaft aufgenommen.
Eine konstituierende Generalversammlung mit 17 aethiopischen und acht Delegierten von Missionsgesellschaften gruendete am 21. Januar 1959 offiziell die Aethiopische Evangelische Kirche Mekane Yesus. Ato (Herr) Emmanuel G. Selassie wurde als erster Praesident der neuen nationalen Kirche gewaehlt. 1963 wurde die EECMY als nationale Kirche in die LWB-Gemeinschaft aufgenommen. Bereits bis zu diesem Zeitpunkt war sie von ehemals 20.000 auf knapp 43.000 Mitglieder angewachsen.
Mission und Beziehungen
1972 veroeffentlichte die EECMY einen Hirtenbrief mit dem Titel âZur Wechselbeziehung von Verkuendigung des Evangeliums und menschlicher Entwicklungâ, in dem die Kirche ihr Verstaendnis und ihr Engagement hinsichtlich eines ganzheitlichen Auftrags unterstrich: âDem ganzen Menschen dienenâ. Der Brief war eine Herausforderung an die Geberorganisationen, die Entwicklung von Evangelisation scharf trennten.
Auf Einladung der EECMY initiierte der LWB 1973 ein Weltdienst-Laenderprogramm fuer Hilfs- und Entwicklungsarbeit in Aethiopien, das bis heute ein gemeinsames LWB-EECMY-Programm ist.
Das 1979 gegruendete Komitee zur Wahrnehmung gemeinsamer christlicher Verantwortung (Committee of Mutual Christian Responsibility, CMCR) organisiert ein jaehrliches Forum fuer die EECMY und ihre Partner, um gemeinsame Herausforderungen hinsichtlich der Mission auf nationaler und weltweiter Ebene anzusprechen.
Waehrend des marxistischen Derg-Regimes (1974-1991) kam es in Aethiopien zu einer umfassenden religioesen Verfolgung. Viele Kirchen wurden geschlossen, PfarrerInnen und KirchenleiterInnen verhaftet. Der damalige EECMY-Generalsekretaer Pfr. Gudina Tumsa wurde 1979 ermordet. Als viele Kirchen schliessen mussten, bot die EECMY einen Ort der Gemeinschaft fuer ihre Mitglieder, sie fuehrten den charismatischen Gottesdienst ein, der heute noch in vielen Gemeinden gefeiert wird.
Die EECMY ist auch Mitglied des Reformierten Weltbundes (RWB), des Oekumenischen Rates der Kirchen (OeRK), der Organisation All Africa Conference of Churches, und ist Gruendungsmitglied der Evangelischen Ki rchengemeinschaft in Aethiopien (Evangelical Churches Fellowship of Ethiopia).
Seit 1959 ist die EECMY stetig gewachsen in der Anzahl ihrer Mitglieder als auch ihrer Missions- und Partnerbeziehungen. Ende 2007 zaehlte die Kirche knapp 4,9 Millionen Mitglieder in 6.193 Gemeinden mit 2.735 Predigtstellen. Sie hat 1.814 PfarrerInnen, darunter neun Frauen, und 2.750 MissionarInnen. Heute umfasst die EECMY viele Menschen verschiedener ethnischer Gruppen und verschiedener Sprachen.
Die EECMY wird im Januar 2009 den 50. Jahrestag ihrer Gruendung feiern. (1.053 Woerter)
(Ein Beitrag von Pfr. Arthur Leichnitz, Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Kanada und zurzeit als Berater der EECMY taetig.)
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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 140 Mitgliedskirchen, denen rund 68,3 Millionen ChristInnen in 78 Laendern weltweit angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.
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